Frage an Rudolf Henke von Norbert Kox, Dr. m. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Herr Henke,
wir kennen uns aus MB-Zeiten, so wähle ich diese Anrede. Im DÄ vom 22.07.2013, Heft-Nr. 29-30 las ich Ihren Kommentar zur Sprachprüfung ausländ. Ärzte. Ich finde es lobenswert, dass seit längerem unsere ärztl. Standesvertreter (BÄK, MB) sich intensiv mit dem Problem der optimalen Integration ausländ. Ärzte in Deutschland beschäftigen. Ich möchte nun gerne von Ihnen, als MdB und 1. Vors. des MB wissen, welche Bemühungen von Seiten der politischen und standespolitischen Gremien existieren mit dem Ziel, unseren 1000enden Kindern in Deutschland, die hoch motiviert sind hier - und nicht im Ausland - ein Medizinstudium zu absolvieren. Ich bin als Vater von 3 Töchtern direkt betroffen: Tochter 1 (Abitur 2,0) hat schon bald ob der Wartezeiten "das Handtuch geworfen" und schloss 2 Krankenschwesternausbildung in Kinder- und Erwachsenenpflege ab, Tochter 2 (1 Jahr übersprungen und Abitur 1,8) bekam nach 5 Jahren einen Medizin-Studienplatz, nachdem sie in Maastricht mit höchster Auszeichnung einen Master in "Public-Health-Economy" erlangt hatte und dann nicht mehr genug "Traute" hatte, noch einmal ganz von vorne anzufangen. Bei Frauen tickt die biologische Uhr anders als bei uns Männern. "Tochter 3" (Abiturnote 1,8, Biologie-Leistungskurs mit 1+ (höchste Punktzahl), hat aktuell eine Wartezeit von 12 Semestern!! Sie hat nach 1 Jahr Au-Pair in USA in einer Familie mit 4 Kindern nun eine Ausbildung in Krankenpflege angefangen und hofft, dass sie irgendwie doch noch vor Ablauf der 12 Semester hier einen Medizinstudienplatz bekommt. Ich bin nicht in der Lage, im Ausland jährlich eine 5-stellige Zahl in Euro an Studiengebühren zu zahlen und wenn ich es könnte, finde ich es einen Skandal, dass in Deutschland ca 125.000 ausländische Studenten praktisch studiengebührfrei (aktuell nur in Niedersachsen Studiengebühren) studieren können und unsere Kinder zu 1000en noch nicht einmal einen Studienplatz in vertretbarer Wartezeit bekommen.
Mit herzlichen Grüßen Norbert Kox
Lieber Herr Kollege Dr. Kox,
herzlichen Dank für Ihre Frage zu Zugangskriterien zum Medizinstudium.
Wie die Regelungen für die Überprüfung der Sprachkenntnisse ausländischer Ärzte, liegen auch die Zugangskriterien zum Medizinstudium nicht im Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers.
Sie weisen in ihrer Frage auf den Anteil ausländischer Studierender hin. Dazu möchte ich anmerken, dass mit dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 und den daraufhin geänderten Landesvergabeordnungen festgelegt wurde, die Quote für die Zulassung von ausländischen Staatsangehörigen und Staatenlosen mit einem anerkannten ausländischen Vorbildungsnachweis, die nicht Deutschen Staatsbürgern gleichgestellt sind, von 8 auf 5 Prozent zu senken.
Die Probleme, die Sie beschreiben sehe ich allerdings auch. Bei der Vergabe von Medizinstudienplätzen sollte den Merkmalen soziale Kompetenz und Engagement im medizinischen Bereich ein höherer Stellenwert gegeben werden als bisher.
Deshalb habe ich daran mitgewirkt, dass der 116. Deutsche Ärztetag im Mai dieses Jahres die Kultusministerkonferenz aufgefordert hat, die Kriterien für die Vergabe von Studienplätzen auf den Prüfstand zu stellen.
„Gerade in einer Zeit des drohenden und im ländlichen Bereich auch schon existierenden Ärztemangels führt die Vergabe von Studienplätzen nur über die Abiturnote dazu, dass viele für den Arztberuf interessierte junge Menschen keinen Studienplatz bekommen“, so die Entschließung. Deshalb müsse der Stellenwert der Kriterien für die Auswahlverfahren der Universitäten neu formuliert werden.
Die Notwendigkeit neuer Zugangskriterien zum Medizinstudium schlägt sich auch im Regierungsprogramm von CDU und CSU für die Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres nieder.
Dort heißt es: „Bei der Vergabe von Plätzen für ein Medizinstudium soll neben dem Notendurchschnitt die persönliche Eignung der Bewerber für den Arztberuf sowie das Engagement in Einrichtungen berücksichtigt werden, die einen Dienst am Menschen leisten, wie beispielsweise im Rettungsdienst. Eine verstärkte Berücksichtigung sollen auch Bewerber finden, die sich verpflichten, nach ihrem Medizinstudium in einer Region tätig zu werden, in der es einen Mangel an Ärzten gibt.“
Die Bundesländer stehen in der Pflicht, bessere Instrumente zur Auswahl der Medizinstudenten zu entwickeln, damit künftig mehr geeignete und für den Arztberuf interessierte junge Menschen Zugang zum Medizinstudium erhalten, die kein absolutes Spitzenabitur abgelegt haben. Ich kenn viele hervorragend qualifizierte Kolleginnen und Kollegen, die bei den heutigen Anforderungen ebenfalls niemals eine Zulassung zum Studium erhalten hätten.
Im übrigen halte ich es auch für gut, wenn die Länder die Zahl der Medizinstudienplätze erhöhen statt sie abzubauen. In Nordrhein-Westfalen habe ich im Wissenschaftsausschuss als einer der ersten überhaupt den Abbau der Medizinstudienplätze zu Zeiten der SPD-Wissenschaftsministerinnen Brunn und Behler kritisiert. Leider erleben wir auch momentan wieder, dass Medizin-Studienplätze zur Diskussion gestellt werden, wie dies in Magdeburg der Fall ist. Mit einer Steigerung der Zahl der Medizinstudienplätze in Deutschland um rund 1000 könnte ich mich sehr gut anfreunden.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB