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Frage von Heribert K. •

Frage an Rudolf Henke von Heribert K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Henke,

ich habe hier mehrere Fragenkomplexe und würde mich freuen, wenn Sie mir hier weiterhelfen könnten:

A) Es bestehen Rücklagen in den GKVen + Gesundheitsfonds von 19,5 Mrd €. Bei einem Beitragsaufkommen von 169 Mrd € + Zuschüssen des Bundes von rd. 15 Mrd € = 184 Mrd € entspricht die Rücklage 11% der Beitragseinnahmen. Rechnerisch hätten also 71 Mio Beitragszahler (=85 % der Bevölkerung) - JEDER- ca. 300 € überzahlt, was 25 € im Monat entspricht. Wie soll künftig eine Deckelung der Rücklagen erfolgen? Ist es nicht höchste Zeit, die mit hohen Verwaltungskosten behaftete Praxisgebühr fallen zu lassen?

B) Der § 305b SGB V wird geändert. Warum soll die Bilanzierung nach SGB und nicht nach HGB erfolgen? Warum? Was soll versteckt werden? Werden die Pensionsrückstellungen analog dem BilMoG bbehandelt? Wer testiert die Jahresabschlüsse? Wird mit der Änderung des § 305 b SGB auch die "doppelte Buchführung" bei den GKVen eingeführt?

C) Wie kann ich mich bis zu geplanten Änderung des 305 b SGB V informieren, ob es meiner Kasse "gut" geht (wegen 3-jähriger Bindefrist bei Wahltarif u. Gefahr v. Beitragszuzahlungen) und welches Eigenkapital sie hat?

D) In welchem Umfang fallen Verwaltungskosten für nicht ärztliche Leistungen (außerhalb der GKVen) an, z.B. um Rückfragen GKVen für Verordnungen zu beantworten oder um Leistungen zu dokumentieren? Gibt es hier Erhebungen?

E ) Nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen der GKVen vom BMG für 2011 beliefen sich die Beiträge der ALG II-Empfänger auf rund 4,4 Mrd Euro. Von wem wurden diese Beiträge geleistet? Wie partizipieren die nicht ges. Versicherten (z.B. Beamte) an den Zahlungen? Wird der Bund sich künftig (weiter?) an den Beitragszahlungen für ALG II-Bezieher beteiligen und in welchem Umfang?

F) Ließe sich die Solidarität der Organspender nicht durch Zuschuss für Beerdigungskosten oder durch Beitragssenkungen belohnen?

Ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen.

Heribert Karsch

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Karsch,

herzlichen Dank für Ihre umfangreiche Fragensammlung vom 25.04.2012, auf die ich wie folgt antworten möchte:

A) Zurzeit haben wir nahezu 20 Milliarden Euro plus im Gesundheitsfonds oder auf den Konten der Krankenkassen. Angesichts dieser Beiträge sammeln sich Vorschläge aller Art, wie man diese Mittel möglichst schnell wieder abbauen kann. Dazu gehört auch die von Ihnen geforderte Abschaffung der Kassengebühr.

Betrachtet man die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung über 180 Mrd. € pro Jahr, dann sind diese 20 Milliarden, zumal ein großer Teil davon ja schon gesetzlich gebunden ist, nur das Wasser unterm Kiel, das das Schiff schwimmen lässt. Ich für meinen Teil finde es nicht übermäßig gut finanziert, wenn Instanzen wie die Krankenkassen vielleicht eine Rücklage von einem Monatsbetrag an Ausgaben haben. Mir wäre offen gestanden lieber, sie hätten für ein Vierteljahr oder ein halbes Jahr im Voraus Geld.
Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, dass es sich bei der derzeit guten Finanzsituation der Krankenkassen um eine Momentaufnahme zu einem ökonomisch äußerst günstigen Zeitpunkt handelt. Wir haben derzeit ein Konjunkturhoch, aber wir haben doch häufig genug erlebt, dass auf ein Hoch folgend auch ein Tief kommen kann, und dauerhaft saniert ist die gesetzliche Krankenkasse mit den rund 20 Milliarden ganz sicher nicht.

Deswegen halte ich auch die Diskussion über Beitragssatzsenkungen und die Abschaffung der Kassengebühr für falsch. Ich lehne Beitragssatzsenkungen zum jetzigen Zeitpunkt ab, weil sie nur dazu führen, die Leistungskraft des Solidarsystems zu schwächen.

B) Der mit dem Versorgungsstrukturgesetz eingeführte neue § 305b SGB V regelt den Rahmen für die verpflichtende Veröffentlichung der Jahresrechnung der Krankenkassen. Da die Jahresrechnung der Krankenkassen rund 1200 Kontenpositionen aufweist und eine Beurteilung einer Krankenkasse für den Leser auf Basis von 1200 absoluten Zahlen kaum möglich ist, ist gleichzeitig geregelt worden, dass das Nähere zu den zu veröffentlichenden Angaben in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung festgelegt werden soll.

Darüber hinaus sind die Krankenkassen mit der Erstellung der Jahresrechnung verpflichtet, nach HGB zu bilanzieren, allerdings gibt es wenige GKV-spezifische Besonderheiten, bei denen die Anwendung von HGB-Regeln nicht umsetzbar sind und deshalb davon abgewichen wird. Diese sind jedoch klar in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung in Verbindung mit dem Kontenrahmen der GKV geregelt.

Die Pensionsrückstellungen erfolgen entsprechend der Regelungen im § 171e SGB V „Deckungskapital für Altersversorgungsverpflichtungen“.
Die Jahresabschlüsse werden seit der Jahresrechnung 2011 von Wirtschaftsprüfern testiert.

Die doppelte Buchführung ist seit mehreren Jahrzehnten für die GKV eingeführt.

C) Bereits heute sind die Krankenkassen verpflichtet, in ihren Mitgliederzeitschriften in hervorgehobener Weise und gebotener Ausführlichkeit jährlich über die Verwendung ihrer Mittel im Vorjahr Rechenschaft abzulegen und dort zugleich ihre Verwaltungsausgaben gesondert auch als Beitragssatzanteil auszuweisen, woraus sich für den Versicherten ein Bild der Finanzsituation ergibt.
Ein weiterer Indikator für die wirtschaftliche Situation einer Krankenkasse ist daneben die Erhebung eines Zusatzbeitrags bzw. die Ausschüttung einer Prämie, wovon gleichwohl nur ein geringer Anteil der Kassen Gebrauch macht.

D) Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie nach den Kosten für die Dokumentation, Qualitätssicherung und Abrechnung von Leistungen im Rahmen des GKV-Leistungskatalogs fragen. Diese Aufwendungen werden in der Vergütung, die die Gesundheitsberufe und stationären Einrichtungen durch die GKV erhalten, berücksichtigt.

E) Die Zahlung der Beiträge für ALG-II-Leistungsberechtigte erfolgt durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Beiträge werden pauschal je Haushaltsvorstand gezahlt. Die GKV erhält hier jeweils rd. 131 Euro/Monat und die PKV rd. 288 Euro/Monat. Die durchschnittlichen Aufwendungen der GKV betragen jedoch rd. 287 Euro/Monat, der Differenzbetrag wird solidarisch aus den Beiträgen der anderen GKV-Versicherten mitfinanziert.

F) Derzeit warten rund 12 000 Menschen in Deutschland auf eine Organspende. Viele von ihnen sterben, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten.

Die Vorgänge um die umstrittenen Transplantationen an den Klinken in Göttingen und Regensburg sind auch deshalb schlimm für alle auf einer Warteliste stehenden Patienten, weil wir die Befürchtung haben müssen, dass dadurch die Spendenbereitschaft vorübergehend sinken wird.

Letztlich hängt die Bereitschaft zur Organspende in hohem Maße von Vertrauen ab. Dieses Vertrauen hat durch die bekannt gewordenen Vorgänge sehr gelitten. Hoffnungsfroh stimmen mich die gemeinsamen Signale, die von dem Treffen der Prüfungskommission und der Überwachungskommission der Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Krankenkassen am 9. August ausgegangen sind.
In diesem Zusammenhang halte ich es für einen unhaltbaren Zustand, wenn Chefärzten in Kliniken in Ihren Arbeitsverträgen Boni für das Erreichen ökonomischer Ziele, wie einer bestimmten Zahl an Organtransplantationen, eingeräumt werden. Falsche Anreize müssen hier dringend behoben werden, eine Dominanz der Ökonomie gegenüber der Medizin muss verhindert und wo bereits eingetreten unterbunden werden.

Um das Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen und zu einer größeren Zahl an Spenderorganen zu kommen, wird es aber letztlich einer gesellschaftlichen Diskussion bedürfen, und in dieser gesellschaftlichen Diskussion muss der Stellenwert der Nächstenliebe zum kranken Nachbarn ein höheres Gewicht bekommen. Gesetzliche Regelungen allein oder gar Anreize in Form von Beitragsrabatten oder Ähnlichem halte ich dabei nicht für zielführend.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Henke MdB