Frage an Rudolf Henke von Karsten S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Henke,
das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach, zuletzt 1992, festgestellt, dass der Verfassungsartikel, der jedem Menschen ein Recht auf Leben zugesteht, sich auch auf das Leben vor der Geburt bezieht: „Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben zu schützen. Zum Menschlichen Leben gehört auch das ungeborene. Auch ihm gebührt der Schutz des Staates. Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen Leben zu, nicht erst dem menschlichen Leben nach der Geburt oder bei ausgebildeter Persönlichkeit“ (BVerfGE 88, 203).
Die Abtreibungspille Mifegyne/RU486 wurde auf Betreiben der rot-grünen Bundesregierung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen. Von November 1999 bis zum Jahresende 2000 wurde sie in Deutschland über die Firma Femagen Arzneimittel GmbH vertrieben. Anfang des Jahres 2001 hat die Firma Contragest in Mörfelden-Walldorf den Vertrieb übernommen.
Mifegyne/RU 486 ist kein Medikament (Heilmittel). Es wurde zum Töten von ungeborenen Kindern entwickelt und ist das erste Menschentötungsmittel der Pharmaforschung. Da jeder Schwangerschaftsabbruch nach § 218 StGB eine rechtswidrige Handlung darstellt, ist die Anwendung der Abtreibungspille Mifegyne zweifelsfrei ebenso rechtswidrig. Eine Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hätte aufgrund diesem Sachverhalt nicht erfolgen dürfen. Zudem verbietet §219b StGB, Abtreibungsmittel in den Verkehr zu bringen.
Als Arzt können Sie mir sicherlich beantworten, mit welcher Begründung Mifegyne die Zulassung bekam? Sehen Sie Möglichkeiten, Mifegyne die Zulasung zu entziehen?
Sehr geehrter Herr Strohkirch,
herzlichen Dank für Ihre Fragen zur Rechtmäßigkeit der Zulassung der Abtreibungspille Mifegyne.
Ihre Bedenken gegenüber dem Einsatz einer Abtreibungspille sind nicht neu und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass das Verständnis schwierig ist. Der Staat muss seiner Verpflichtung zum Schutz des ungeborenen Lebens in der bestwirksamen Weise nachkommen. Im Jahr 2009 wurden in Deutschland rund 15.500 Schwangerschaftsabbrüche mittels Mifegyne vorgenommen. Dieser häufige Einsatz lässt erkennen, dass Mifegyne eine Alternative zu ausschließlich chirurgischen Eingriffen bei Schwangerschaftsabbruch darstellt, der in vielen Fällen im konkreten Vergleich der Vorzug gegeben wird.
Das Mittel Mifegyne 200 mg Tablette (Zul.-Nr. 46038.00.00) erhielt Ende August 1999 eine arzneimittelrechtliche Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Voraussetzung dafür war das Neunte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) vom 26.7. 1999 (BGBl I, 1666), mit dem die damalige rot-grüne Bundesregierung den Weg für die Zulassung des Präparats in Deutschland frei machte. Mit der in der Gesetzesnovelle geschaffenen Regelung des § 47a AMG (Sondervertriebsweg, Nachweispflichten) wurde ein besonderer Vertriebsweg des Mittels – außerhalb der Apotheken – in Deutschland vorgesehen. Mifegyne wurde damit vom Gesetzgeber ausdrücklich als zulassungsfähiges Arzneimittel zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen anerkannt. Als Mittel, das die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen oder seelische Zustände des Körpers beeinflusst, ist Mifegyne auch eindeutig unter den weiten Arzneimittelbegriff des Arzneimittelgesetzes (§ 2 AMG) zu subsumieren.
Nach dem AMG kann die beantragte Zulassung eines Arzneimittels nur dann versagt werden, wenn ein in § 25 Abs. 2 genannter Versagungsgrund vorliegt. Dies ist u. a. der Fall, wenn das Arzneimittel beispielsweise nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist (§ 25 Abs. 2, Nr. 3) oder dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist (§ 25 Abs. 2, Nr. 4).
Mifegyne erfüllt jedoch keine dieser in § 25 Abs. 2, Nr. 1-7 aufgeführten Voraussetzungen, weshalb für das BfArM keine Rechtsgrundlage besteht und bestand, die Zulassung des Arzneimittels abzulehnen.
Zusammenfassend ist es so, dass die Verwendung des Arzneimittels nicht gegen gesetzliche bzw. öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, da sich die zugelassenen Anwendungsgebiete von Mifegyne nur auf Fälle des § 218a Abs. 1-3 StGB (Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs) beziehen. Für die von Ihnen erwähnten rechtswidrigen Schwangerschaftsabbrüche nach § 218 StGB ist der Einsatz von Mifegyne dagegen nicht zulässig.
Ein Verstoß gegen § 219b StGB (Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft) scheidet damit ebenfalls aus, da dieser Paragraf sich in seinem Wortlaut auf rechtswidrige Taten nach § 218 StGB bezieht.
Ich hoffe, Ihre Frage damit hinreichend beantwortet zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB