Frage an Rudolf Henke von Birte W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Henke,
möchten Sie an der Wehrpflicht festhalten oder sie reformieren? Wenn ja, wie stellen Sie sich die Reform vor? Oder möchten sie die Wehrpflicht gar ganz abschaffen?
Vielen Dank für ihre Zeit!
Sehr verehrte Frau Winkel,
Vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Position zur Wehrpflicht.
Historisch hat es immer wieder Streitkräfte gegeben, die mit Hilfe einer allgemeinen Aushebung aller wehrfähigen Männer aufgestellt wurden. Das galt zum Beispiel für das Heer der römischen Republik oder für Bürgergarden in Städten.
Von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war das klassische Heer jedoch ein Söldnerheer. In Europa war das Frankreich der Französischen Revolution der erste Staat, der seine Armee mit der Levée en masse 1793 fast ausschließlich aufgrund einer allgemeinen Wehrpflicht organisierte.
Aufgrund von Bestimmungen des Versailler Vertrags wurde die allgemeine Wehrpflicht in der Weimarer Republik 1919 abgeschafft. Die damalige Reichswehr war eine auf 100.000 Mann begrenzte Berufsarmee. Im Zuge dieser Begrenzung entzog sich die Armee nach und nach dem Einfluss der Regierung. Sie wandelte sich zum "Staat im Staate"
Das Leitbild des "Bürgers in Uniform" muss auch deshalb Markenzeichen der Bundeswehr als Armee in der Demokratie bleiben. Die Wehrpflicht ist weiterhin notwendig und sinnvoll. Sie ist ein wichtiges Instrument der Sicherheitsvorsorge.
In meinen Augen ist die Wehrpflichtarmee die "intelligentere Armee", sie ist qualifizierter, weil sie den Zugang zum Ausbildungs- und Berufswissen aller Bürger besser erschließen kann. Mit der Wehrpflichtarmee ist die Verteidigung von Recht und Freiheit eine Sache aller Bürger.
Die Wehrpflicht verbindet Bundeswehr und Gesellschaft. Ich halte es gesellschaftspolitisch für eine falsche Tendenz, Streitkräfte als "Dienstleistungsagentur für Verteidigung" zu verstehen. Es stimmt aber, dass die Wehrpflicht neuen Herausforderungen der Sicherheitspolitik angepasst und entsprechend weiterentwickelt werden muss.
Wer viel mit jungen Menschen und ihren Eltern spricht, weiß, dass es Kritik an einer unzureichenden Wehrgerechtigkeit gibt. Vor wenigen Tagen war ich bei einem Besuch von Bundesverteidigungsminister Jung bei der Technischen Schule Landsysteme und Fachschule des Heeres in Aachen und Eschweiler dabei. In den Gesprächen dort spielte auch die Kritik Wehrpflichtiger an der Gestaltung der Wehrpflicht nach der sehr zügig voranschreitenden und als konzentriert empfundenen Grundausbildung eine große Rolle.
Nach meinem Eindruck besteht also Handlungsbedarf sowohl bei der Wehrgerechtigkeit als auch bei der Attraktivität der Wehrpflicht. Als Landtagsabgeordneter habe ich mich bisher mit diesen Aspekten jedoch nicht in den Einzelheiten befasst. Falls ich in den Bundestag gewählt werde, will ich dazu regelmäßig das Gespräch mit Wehrpflichtigen führen.
Den Zivildienst wollen wir übrigens als Ersatzdienst erhalten. Er hat nicht zuletzt eine große sozial- und jugendpolitische Bedeutung.
Abschließend noch einmal vielen Dank für Ihr Interesse.
Es grüßt Sie herzlich
Rudolf Henke MdL