Frage an Rudi Steiner von Gisela H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Steiner,
ich hab mich sehr intensiv mit Ihren Forderungen und denen Ihrer Partei auseinander gesetzt.. Prinzipiell finde ich Sie sehr gut und richtig. Aber ist es überhaupt möglich das alles zu finanzieren oder ist es eher nur ein Wunschkonzert?
Der große Unterschied zwischen "Reden" und "Tun" hat mich schon bei vielen Politikern und auch Parteien enttäuscht. Stehen Sie denn wirklich hinter dem, was Sie sagen?
Hallo Frau Halbig,
es freut mich sehr, dass Sie sich für unsere Politik interessieren und unsere Standpunkte gutheißen. Jetzt aber zu Ihren Bedenken, ob sie denn auch zu finanzieren seien:
Die richtigen Stellschrauben müssen hier in der Bundespolitik gedreht werden. Zum Beispiel bei der Steuer- und Abgabenquote in Deutschland, die zur Zeit weit unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Wenn wir uns da bewegen würden, könnten wir Einnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe erzielen. Dazu gehört eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, genauso wie eine stärkere Besteuerung von hohen Erbschaften und die Einführung einer Vermögenssteuer. Ein weiterer bundespolitischer Ansatz wäre die Lohnquote (also das Verhältnis von unselbstständiger Arbeit und Volkseinkommen), die in den letzten Jahren um acht Prozent gesunken ist. Abgesehen davon, dass dies die Schieflage in der Wohlstandsverteilung deutlich macht, gehen uns dadurch wiederum Steuer- und Sozialkasseneinnahmen in beträchtlicher Milliardenhöhe verloren.
Aber auch in der Landespolitik gibt es entscheidende Möglichkeiten.
Die Steuerverwaltung obliegt den Ländern. Wenn man bedenkt, dass gerade bei vielen Wohlhabenden Steuerbetrug zum Volkssport geworden ist, schreit es förmlich nach mehr Steuerfahnder. Die Prüfungsquote bei Einkommensmillionären liegt in Bayern bei nur zwölf Prozent, auf der anderen Seite sind die Planstellen für Steuerfahnder nur zu 70 Prozent besetzt. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Selbst der Landesrechnungshof ist zu der Auffassung gelangt, dass die Steuerfahnder ihrer Arbeit nicht mehr richtig nachkommen können.
Ebenso werden enorme Gelder in Prestigeobjekte gesteckt oder für Vorhaben verwendet, die im Widerspruch zum Mehrheitswillen stehen und die oft auch kein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis als Grundlage haben. Inwieweit dies mit den Verstrickungen zwischen Politik und Wirtschaft hier in Bayern zu tun hat, kann ich zwar nicht nachweisen, aber es liegt durchaus auf der Hand. An dieser Stelle eine Gedenkminute an den Transrapid und möge es der dritten Start- und Landebahn im Erdinger Moos genauso ergehen. Wir werden alles dafür tun! Subventionen für Projekte und Wirtschaft erfordern eine weitaus sorgfältigere Handhabung!
Politiker müssen ihre Kontrollfunktion bei staatlichen und halbstaatlichen Unternehmen auch verantwortungsvoller nachkommen, als es bisher in der Praxis geschieht. Ich meine an dieser Stelle u.a. die Bayerische Landesbank, die am Geschäft mit zweitklassigen Krediten in der USA beteiligt war und so Steuermilliarden in den Sand gesetzt hat. Hier bedarf es zusätzlich noch erheblich mehr an Transparenz.
Jetzt zu ihrer zweiten Frage:
Ich kann es niemanden verdenken, wenn er aufgrund seiner Erfahrungen erst mal grundsätzlich Politikern und Parteien gegenüber misstrauisch ist. Mir geht es ja genauso. Gebrochene Wahlversprechen und Vertrauensmissbrauch sind da nur die Spitze des Eisbergs. Ich möchte in diesen Zusammenhang etwas ausholen:
Die Partei DIE LINKE. ist noch eine sehr junge Partei, die aus dem Zusammenschluss der ehemaligen Linkspartei und der im Westen entstandenen WASG (Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit), hervorging. Ich bin damals der WASG kurz nach deren Gründung beigetreten.
Die Gründe für diese Entscheidung gehen noch auf die Regierung Schröder zurück. Während dieser Zeit saß ich oft fassungslos vor den Tageszeitungen oder vor dem Fernsehgerät und konnte es nicht glauben, was der Koalition aus SPD und den Grünen schon wieder neues eingefallen ist. Dem Normalbürger wurde häppchenweise und zuckersüß eine unverschämte Kürzung nach der anderen serviert. Nach und nach wurden die Weichen für die Aushöhlung unseres Sozialstaates gestellt, sei es im Gesundheitswesen oder im Rentensystem, bei der Arbeitsmarktpolitik, durch den Umgang mit den Gewerkschaften, der Privatisierung wichtiger Versorgungsunternehmen usw. Die Rechtfertigung, die hierfür genannt wurde lautete im Tenor in etwa, dass wir uns es nicht mehr leisten können, so weiter zu machen wie bisher.
Eine gruselige Täuschung, da es nahezu zeitgleich noch ganz andere „Kürzungen“ gab: Die Herabsetzung des Spitzensteuersatzes, Steuersenkungen für Kapitalgesellschaften und Großunternehmen, planlose Forderungen nach Lohnverzicht und Arbeitszeitverlängerung usw.
Eines der reichsten Länder der Erde und Exportweltmeister hatte es also nicht mit Mittelknappheit zu tun, sondern inszenierte ganz profan eine schrittweise Umverteilung von unten nach oben. Während die Unternehmensgewinne in die Höhe schossen, die Wohlhabenden noch reicher wurden, predigte man den Normalbürgern Wasser und Brot. Reformen lautete damals – übrigens wie heute noch - das fadenscheinige Zauberwort.
Daher meine Antwort: Natürlich stehe ich zu dem was ich sage, weil genau in dieser maßlosen Willkür die Ursache meiner politischen Aktivität liegt.
Mit besten Grüßen
Rudi Steiner