Frage an Rose-Felicitas Pauly von Ronald S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Pauly,
in der jüngsten Vergangenheit ist Hamburg mit der Volksgesetzgebung und dem neuen Wahlrecht sehr weit in Richtung mehr direkter Demokratie voran gegangen. Leider müssen die Bürgerinnen und Bürger nun erleben, wie schnell solche Fortschritte wieder schrittweise abgebaut werden können.
1. Sind Sie der meinung, dass durch Volkes Wille herbeigeführte Gesetze einfach durch den Senat / die Bürgerschaft wieder rückgängig gemacht werden dürfen?
2. Befürworten Sie die Volksgesetzgebung dem Grunde nach, und halten Sie eine ähnlich gelagerte Volksgesetzgebung auf Bundesebene für sinnvoll?
3. Würden Sie eine Änderung des Bundeswahlrechts analog dem neuen Hamburger Wahlrecht befürworten?
Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im Vorwege.
Mit freundlichen Grüßen
gez. - Ronald Saß -
Sehr geehrter Herr Saß
Ich gebe Ihnen Recht, wir brauchen mehr Bürgernähe mit mehr direkten Entscheidungsmöglichkeiten des Bürgers selbst.
zu Frage 1
Im Grundsatz stimme ich Ihnen zu, gebe aber zu bedenken, dass die Ergebnisse von Volksentscheiden auch bezahlbar und praktikabel sein müssen. Zwar dürfen nach Hamburger Recht keine Volksentscheide zu haushaltsrelevanten Fragen getroffen werden, letztlich kosten die Ergebnisse aber immer Geld und berühren damit das Budgetrecht des Parlaments. Quoren sollten einerseits nicht so niedrig sein, dass Minderheiten über die Politik bestimmen können, andererseits die Volksbeteiligung nicht durch hohe Hürden ausschließen. Zugegeben ist das ein nicht ganz einfacher Balanceakt.
zu Frage 2:
Die Schweiz hat mit der Volksgesetzgebung gute Erfahrungen gemacht. In wieweit sich das auf ein bevölkerungsreiches Land wie die Bundesrepublik übertragen lässt, wird man ausprobieren müssen. Jedenfalls wollen wir von der FDP die Bürger in Form von Bürgerentscheiden, Bürgerbegehren und Bürgerbefragungen auch auf Bundesebene an der Politik beteiligen und finden beispielsweise, dass über eine so grundlegende Frage wie die europäische Verfassung die Bürger hätten entscheiden müssen.
zu Frage 3:
Die Parteien sollen an der politischen Willensbildung der Gesellschaft mitwirken, sie aber nicht ersetzen. Vielfach haben die Parteien den Staat in Besitz genommen, deshalb müssen die Parlamente wieder repräsentativer werden. Das erreichen wir durch die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens, wie das Hamburger Wahlrecht es künftig vorschreibt. So erreichen die Bürger ein Höchstmaß ein Einfluss auf die Zusammensetzung der Parlamente und können Parteilisten gehörig durcheinander bringen. Ich finde das sehr gut, das Verfahren bewährt sich seit vielen Jahren in Bayern und die FDP fordert es in ihrem Wahlprogramm für alle Wahlen auf Bundes- und Landesebene.
Sollten Sie weitere Fragen haben, schicken Sie mir auch gern eine E-Mail.
Viele Grüße
Rose Pauly