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Ronja Kemmer
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Frage von Leon W. •

Sehr geehrte Frau Kemmer, kann ich davon ausgehen, dass Sie dem Verbotsantrag gegen die AfD zustimmen werden?

Die AfD ist in einigen Bundesländern gesichert Rechstextrem, hat einen Landesvorsitzenden Faschisten und spätestens ihr Auftritt in Thüringen hat gezeigt, dass diese Partei die Demokratie von Innen zerstören will. Setzen Sie sich für die Demokrarie ein und leiten ein Verbotsverfahren ein?

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Sehr geehrte Herr W.

vielen liebe Dank, dass Sie sich mit Ihrer Frage an mich wenden. 

Selbstverständlich möchte ich Ihnen hierzu gerne antworten. Die Debatte um ein Verbot der AfD ist nach der Correctiv-Enthüllung im Januar nun wieder aufgeflackert. Einzelne Abgeordnete – nicht aber gesamte Fraktionen – fordern nun im Bundestag eine Diskussion über einen AfD-Verbotsantrag, der dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden soll.

Die vergangenen Wahlen in Ostdeutschland stimmen natürlich auch mich sehr nachdenklich. Ich kann nicht behaupten, überrascht gewesen zu sein, weil die Tendenzen für einen Sieg der AfD in allen drei Bundesländern bereits einige Wochen vor der Wahl deutlich zu sehen waren. Jedoch bin und bleibe ich bestürzt und besorgt über die Entwicklung in unserem Land. Ohne Zweifel verachtet die AfD demokratische Institutionen und verstößt gegen die wichtigsten Werte, die unsere Verfassung garantiert – darunter das Demokratieprinzip, die Menschenwürde und die Gleichheit aller Bürger. Dieses Wissen haben wir nicht erst seit dem AfD-Eklat in Thüringen vergangene Woche. 

In einer lebendigen Demokratie gehört es zweifellos dazu, konträre Meinungen zu ertragen und zu akzeptieren. Dies gehört aber nicht nur dazu, sondern macht den Wesenskern unserer Demokratie aus. Die Angriffe der AFD auf unsere Verfassung und unseren Staat und jeden einzelnen Demokraten unter uns gehen aber meines Erachtens über die üblichen politischen Differenzen in einem demokratischen Spektrum weit hinaus. „Die Feinde der Demokratie sollen nicht die Möglichkeit bekommen, die Demokratie abzuschaffen.“- Das ist der Grundsatz, der hinter dem Begriff der wehrhaften Demokratie steht und es auch ermöglicht demokratiefeindliche Parteien zu verbieten. 

Ein Parteiverbotsverfahren ist langwierig und voller Hürden, deren Überwindung zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt als ungewiss zu sehen ist. Bei der Frage, ob der Bundestag den Startschuss für ein Verfahren erteilen soll, das eine der größten Oppositionsparteien Deutschlands verbieten könnte, geht es nicht darum, ob ich als Abgeordnete oder ob meine Fraktion die AfD als Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung sieht oder nicht, sondern ob dem Bundesverfassungsgericht am Ende genügend Beweise für die Verfassungswidrigkeit vorgelegt werden kann. Der Partei muss nachgewiesen werden,  dass sie aggressiv kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht. Ein Verbot der NPD ist bereits mehrmals gescheitert, weil ihr nicht zugetraut wurde, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen. Würde ein Verbotsverfahren auch nur in Teilen scheitern, würde dies der AfD in der sich selbst auferlegten "Opferrolle" gegen die "etablierten" Parteien nur nutzen und die Problematik sogar verschärfen. Zudem muss am Ende die Regierung, die die Informationen der Nachrichtendienste bekommt, diesen Antrag stellen und nicht das Parlament. Mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens, ist es sehr unwahrscheinlich das der Antrag gestellt wird.  

Derartige Verfahren haben zudem noch nie dazu geführt, ein politisches Problem zu lösen, und sind indes nur als ultima ratio zu sehen. Ich bin der Auffassung, dass die Zustimmungswerte der AfD nur durch eine inhaltliche Auseinandersetzung und durch glaubwürdige Lösungsmöglichkeiten wieder reduziert werden können. Es muss zunehmend unsere Aufgabe sein, den heutigen wie den potenziellen Wählern der AfD deutlich zu machen, was sie wählen und vor allem, wen sie wählen. Extremisten werden leider eben immer dann stark, wenn die demokratische Mitte nicht Willens oder in der Lage ist, offensichtliche Probleme zu lösen. Viele Wählerinnen und Wähler wissen vor lauter populistischer Parolen oft gar nicht, wofür die AFD neben rechtsextremen Einstellungen sonst noch eintritt. Die Partei verfolgt eine protektionistische Wirtschaftspolitik, will Sozialleistungen abbauen und besitzt keinen kongruenten roten Faden beim Thema Rentenpolitik. Sie gefährdet zudem die Existenz der Bauern, indem sie sich nicht zur gemeinsamen Agrarpolitik der EU bekennt und zudem Agrarsubventionen abbauen will. All diese Punkte und noch viele weitere sind einem großen Teil der AFD-Wähler nicht bewusst und nicht bekannt. Der politische Kurs der AFD beschränkt sich eben nur darauf, das politische Establishment anzugreifen und den Wählern einfache Lösungen für komplexe Probleme anzubieten. Unzufriedenheit lässt sich aber nicht verbieten, es braucht politische Antworten darauf. 

Mit besten Grüßen

Ronja Kemmer

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