Portrait von Ronja Kemmer
Ronja Kemmer
CDU
90 %
66 / 73 Fragen beantwortet
Frage von Robert W. •

Frau Alice Weidel hat heute in ihrer Rede im Bundestag skizziert, für was für ein Deutschland sie sich im nächsten Bundestag einsetzen möchte. Was war daran aus Sicht der CDU falsch.

Sehr geehrte Frau Kemmer, es würde mich interessieren, welche ganz konkreten Ziele der AfD, die in der Rede von Frau Weidel angesprochen wurden Sie persönlich nicht mittragen können. Könnten Sie mir bie diesen Punkten dann Ihre abweichenden Vorstellungen beschreiben.

Portrait von Ronja Kemmer
Antwort von
CDU

Lieber Herr W.,

vielen lieben Dank, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an mich gewendet haben.

Es gibt in der Tat so einige Punkte, mit denen ich mit Frau Alice Weidel nicht d'accord gehe. Ihre letzte Rede im Bundestag gleicht ihren restlichen Reden: Sie setzt auf populistische Rhetorik, die Ängste schürt, anstatt konstruktive Lösungen zu bieten. Frau Weidel und die AfD verstärken die gesellschaftliche Spaltung in unserem Land und bieten mal wieder nur provokante und vereinfachte Lösungen, anstatt sachliche und konstruktive Beiträge zu leisten. Zudem überschlagen sich die teils schon in die Tiefen der Verschwörungstheorien abdrifteten Aussagen in Ihrer Rede. 

 

Alice Weidels aktuell scheinbar einziges wahlkamptaktische Mittel ist es, Friedrich Merz Wählertäuschung vorzuwerfen. Durch Aussagen, dass der von uns angetriebene Politikwechsel nicht ohne die AfD möglich sei, ist nicht nur weit hergeholt und falsch, sondern manipuliert die Bürgerinnen und Bürger auch in ihrer Wahlentscheidung. Solche absoluten Aussagen vor einer Wahl haben nichts mit demokratischem fairem Schlagabtausch zu tun. Ich bin glücklich darüber, dass wir in einem Land wählen können, in dem wir vor den eigentlichen Wahlen noch nicht mit absoluter Sicherheit sagen können, wie die Mehrheitsverhältnis aussehen werden. Erst nach dem 23.02. werden sich die demokratischen Parteien an einen Tisch setzen und im Rahmen von Koalitionsverhandlungen Kompromisse finden. Dass die Union jedoch nur Koalitionsverhandlungen mit den demokratischen Parteien eingehen wird, mit denen wir auch eine Politikwechsel durchsetzen können, haben wir zu Genüge deutlich gemacht. Umso besser das Wahlergebnis für uns ausfällt, umso bessere Chancen haben wir natürlich auch, bei den Verhandlungen die Oberhand zu haben. Daher versuche ich auch den Bürgerinnen und Bürgern bei uns in der Region zu vermitteln, dass es dieses Mal nicht nur mit der erst Stimme, sprich der Wahl zum Direktkandidatin getan ist, sondern dass wir auch die Zweitstimme brauchen. Die notwendigen Reformen werden kommen, aber definitiv ohne AfD. Zusätzlich ist es mir hier auch noch ein Anliegen zu erwähnen, dass Frau Weidels offenbar einzige Strategie schon in der Sache an sich nicht aufgeht. Mich würde nämlich Frau Weidels Antwort interessieren, wie die AfD gedenkt ihr politisches Programm durchzusetzen, wenn keiner der Parteien der politischen Mitte gewillt ist mit einer ideologisch verengt, populistischen Partei, deren extremistische und antidemokratische Tendenzen eine Gefahr für den sozialen Frieden, den politischen Konsens und die wirtschaftliche Stabilität in Deutschland darstellen, zu koalieren.

 

Ich möchte fortfahren mit Frau Weidel so hoch gepriesenem Ausstieg aus der Währungsunion. Ein Drexit würde uns 692 Milliarden Euro kosten, lieber Herr W.. Hier sind sich die führenden Forschungsinstitute einig: https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/hubertus-bardt-lennart-bolwin-berthold-busch-juergen-matthes-dexit-wuerde-690-milliarden-euro-kosten.html). Zudem würde es zu einer drastischen Abwertung der neuen nationalen Währung kommen, was wiederum die Preise für Importe erheblich verteuern und die Inflation anheizen würde. Ganz zu schweigen, von den dadurch hervorgerufenen Handelsbarrieren und dem Rückzug von Investoren. Der Euro als gemeinsame Währung schafft Vertrauen sowohl in Europa als auch weltweit. Dies lässt mich gleich zum zweiten absurden Vorschlag von Frau Weidel kommen: Eine nationale Zentralbank. Dass die EIZ die Geldpolitik für alle Mitgliedstaaten der Eurozone steuert, führt zu einer koordinierten und stabilen Strategie. Mit einer nationalen Zentralbank würde nicht nur diese geldpolitische Stabilität verloren gehen, sondern selbstverständlich würde dies auch die Wirtschaftsbeziehungen innerhalb der Eurozone destabilisieren. Die EZB ist ein wichtiger Schutzmechanismus gegen national politisch motivierte Inflation und unsolide finanzpolitische Maßnahmen. Sie ist unabdingbare für unseren Wettbewerb und unseren wirtschaftlichen Aufstieg.

Die AfD vertritt teils wirtschaftsliberale und teils sozial konservative Positionen, die nicht zu einer nachhaltigen und gerechten Gesellschaft beitragen. Ihre Forderungen nach Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmen sowie die Ablehnung von Sozialleistungen für bedürftige Menschen verschärfen soziale Ungleichheiten. Wir als Union haben ganz konkrete Vorschläge in unserem Wahlprogramm, wie wir die Wirtschaftswende erreichen können. Und diese gehen weit über allgemein gehaltene Rhetorik hinaus. Im Januar haben wir uns auf der Klausur des Bundesvorstandes ausschließlich mit dem Thema Wirtschaft und einer Agenda 2030 beschäftigt: https://www.cdu.de/app/uploads/2025/01/Agenda-2030.pdf. Wir fordern die Unternehmenssteuerbelastung auf maximal 25% zu senken, den Rest-Soli abzuschaffen und die Bürokratie maßgeblich zu verschlanken. Durch die Besteuerung der Unternehmen von maximal 25% werden wir unseren Unternehmen wieder mehr Spielräume für Investitionen zu schaffen, auch in den Klimaschutz. Denn diesem müssen wir endlich effektiv bekämpfen – und zwar mit der Wirtschaft. Durch die Ausweitung des Emissionshandels wollen wir weiter Anreize für Unternehmen schaffen, nachhaltige und klimafreundliche Anpassungen vorzunehmen. Der Emissionshandel ist deswegen auch bewusst ein marktwirtschaftliches Instrument. Frau Weidels Forderung die Atomenergie zu forcieren und günstiges Öl dort zu kaufen, wo es am günstigsten ist - nämlich in Russland -, ist aus mehreren Aspekten nicht nur fraglich sondern auch in Anbetracht der aktuellen geopolitischen und klimapolitischen Herausforderungen ein Schuss in die komplett falsche Richtung. Dass die AfD die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel oft in Frage stellt und konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise ablehnt, ist uns bekannt. Das Öl jedoch wieder aus Russland zu beziehen, geht Hand in Hand mit ihrer Kritik an der NATO und ihrer Militärpolitik. Als Putin Versteher forderte Alice Weidel des Öfteren eine stärkere Unabhängigkeit von westlichen Bündnissen und eine engere Zusammenarbeit mit Russland. Auch dieser Haltung stellen wir uns mit aller Deutlichkeit entgegen. 

Besonders wichtig ist es mir noch auf Frau Weidels Vorwurf einzugehen, die Judikative sei als dritte Gewalt nicht mehr unabhängig und arbeite nicht objektiv. Es gibt klare Schutzmechanismen, die sicherstellen, dass die Justiz unabhängig und objektiv arbeitet. Solche Behauptungen untergraben das Vertrauen in die Justiz. Dasselbe gilt für die Behauptung, dass die öffentliche Medienlandschaft in Deutschland nicht unabhängig sei. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist gesetzlich verpflichtet, objektiv und unparteiisch zu berichten. Rundfunkbeiträge werden nicht ohne guten Grund bezahlt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk spielt eine wichtige Rolle bei der Grundversorgung mit neutralen und vielfältigen Informationen, die nicht von kommerziellen Interessen oder politischen Einflüssen gesteuert werden. Einer Steuerung wie sie die AfD und Frau Weidel gerne hätten. 

Zu guter Letzt möchte ich auch noch auf Frau Weidels Vorschlag zur direkten Demokratie eingehen, um dem Bürger, dem "Souverän" mehr Rechte einzuräumen. Meins Erachtens, lieber Herr W. .hört sich dieser Vorschlag in der Theorie  gut an, stößt aber -  wie der Großteil der Vorschläge seitens der AfD- an seine praktischen Grenzen. Dass gerade Frau Weidel ein neues parlamentarisches System vorschlägt, wundert mich nicht. Direkte Demokratie verstärken nämlich populistische Tendenzen, da komplexe politische Fragen vereinfacht und emotionale Argumente in den Vordergrund treten. Volksentscheide können daher zu Instabilität führen, da wichtige politische Entscheidungen nicht immer die nötige fachliche Tiefe oder den langfristigen Weitblick haben. Ich vertraue daher auf das parlamentarische System, bei dem unsre gewählten Abgeordnete, sich intensiv mit Themen beschäftigen und im besten Interesse der Gesellschaft entscheiden. 

Mit besten Grüßen 

Ronja Kemmer

 

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Ronja Kemmer
Ronja Kemmer
CDU