Halten Sie es angesichts der schlechten Erfahrungen in England (und der guten in der Schweiz) für eine zielführende Idee, bei unserer maroden Bahn jetzt Netz und Betrieb auseinanderzureißen?

Sehr geehrter Herr B.,
wir setzen uns schon seit längerem für die Trennung von Netz und Betrieb bei der Deutschen Bahn ein. Wir sind davon überzeugt, dass dies zu mehr Wettbewerb und einer besseren Qualität im Schienenverkehr führen wird. Eine unabhängige Verwaltung des Schienennetzes würde den Zugang für private Anbieter erleichtern und so mehr Wettbewerbsdruck auf die Deutsche Bahn ausüben. Dies würde wiederum zu besseren Angeboten für die Fahrgäste und mehr Innovation führen.
Klar ist aber: Wir wollen, dass die Infrastruktur wieder direkt in die Verantwortung des Bundes kommt. So kann die Infrastruktur deutlich besser gesteuert werden – aktuell ist das durch die Struktur der DB AG nicht möglich. Mehr können Sie dazu auch in unserem Positionspapier zur Bahn lesen. Durch diese Trennung erhoffen wir uns außerdem eine gezielte Förderung der Infrastruktur, da sich der Fokus stärker auf den Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes legen würde.
Negativbeispiele wie in Großbritannien sind hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass private Betreiber sich auf lukrative Strecken konzentrierten, während weniger rentable ländliche Verbindungen oft nicht bedient wurden. Selbstverständlich müssen Fahrpläne und Ressourcen miteinander abgestimmt werden, wenn unterschiedliche Unternehmen das gleiche Netz nutzen. Diese Herausforderung ist jedoch eine allgegenwärtige Komponente einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Zudem waren in Großbritannien die privaten Unternehmen nicht ausreichend konkurrenzfähig. Und noch ein entscheidender Unterschied: In Großbritannien wurde in den 90er Jahren das Netz privatisiert. Das war und wird in Deutschland nicht der Fall sein. In Großbritannien ist die Lage im Übrigen gar nicht so schlecht: https://www.rnd.de/wirtschaft/deutsche-bahn-grossbritanniens-kaputte-zuege-sind-puenktlicher-UNO2YI45DJGYRAPXIQ6KJYH2PQ.html.
Mit diesen und weitere Herausforderungen haben wir uns selbstverständlich zur Genüge auseinandergesetzt. In Deutschland werden wir bei einer Trennung von Netz und Betrieb jedoch nicht im selben Ausmaß auf die genannten Probleme stoßen. Wir sind überzeugt, dass diese dringende Reform langfristig zu einem besseren und effizienteren Schienenverkehr führen wird.
Mit besten Grüßen
Ronja Kemmer