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Ronja Kemmer
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Frage von Frederick G. •

Frage an Ronja Kemmer von Frederick G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Die Bundesregierung überlegt das Waffenexport-Embargo für Saudi-Arabien aufzuheben. Die CDU-Chefin forderte die SPD jüngst auf, Farbe für die deutsche Rüstungsindustrie zu bekennen. Inwieweit sehen Sie den Verkauf von deutschen Kriegswaffen an Unrechtsstaaten, mit denen Nachweislich Menschrechte gebrochen werden, mit den Werten einer christlichen Demokratie vereinbar? Profit über Menschenrechte, Öl und Dollar für Tod und Verderben ?

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Sehr geehrter Herr G.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 1. März.

Die deutschen Richtlinien für Rüstungsexporte gehören zu den strengsten der Welt. Die Ausfuhr von Rüstungsgütern wird in Deutschland einer intensiven Prüfung unterzogen, wobei eine Vielzahl von Prüfkriterien zur Anwendung kommt. Auch im europäischen Vergleich ist die deutsche Exportpraxis sehr restriktiv gestaltet.

Sie erwähnen den Export-Stopp für Saudi-Arabien. Nach der Ermordung des regimekritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul hatte die Bundesregierung sehr klar Stellung bezogen und als Zeichen des Protests den Exportstopp im Herbst 2018 verhängt. Diese Maßnahme gegen einen wichtigen sicherheitspolitischen Partner zu verhängen, war ein weitreichender Schritt. Aber der Schritt war richtig, weil offenkundig geworden war, dass Teile der saudischen Führung in die Planung des Mords involviert waren. Das hat eine harte Reaktion verlangt. Der Exportstopp war zunächst auf zwei Monate befristet worden und wurde im Dezember dann nochmal bis zum 9. März verlängert, auch weil man die Politik Saudi-Arabiens im Jemen immer kritischer betrachtet. Die Bundesregierung hat im Fall Saudi-Arabien seit letztem Herbst gegenüber wichtigen Bündnispartnern in der EU wie Frankreich und Großbritannien - trotz deutlicher Kritik aus diesen Staaten - eine restriktive Haltung eingenommen und in diesem Sinne auf die Partner eingewirkt. Innerhalb der Bundesregierung wird das Thema Saudi-Arabien weiterhin sehr ernst genommen und es wird darum voraussichtlich weitere Beratungen geben. So wird auch eine Befassung des Bundessicherheitsrats wichtig sein, dem mehrere Ressorts angehören.

Bei dem Thema bedarf es aber einer differenzierten Betrachtung weil es letztendlich keine rein nationale Angelegenheit ist, sondern auch laufende Kooperationen und Absprachen mit Partnern innerhalb der EU mit berücksichtigt werden müssen. Bei der Frage der Ausfuhren geht es auch um Projekte, bei denen Rüstungsgüter von verschiedenen EU-Staaten gemeinsam in Arbeitsteilung hergestellt werden. Wenn einer der beteiligten Partner eine Entscheidung bezüglich der Ausfuhrgenehmigung trifft, dann kann das für die anderen Partner gravierende Auswirkungen haben. Wenn Deutschland die Ausfuhr bestimmter Teile untersagt, die man zu Gemeinschaftsprojekten zuliefert, dann kann das am Ende zu einem Stopp des gesamten Projektes führen.

Auch müssen immer zugleich außen- und sicherheitspolitische Gesamterwägungen mit einbezogen werden. Deutschland ist Mitglied der NATO und der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Mit der Mitgliedschaft in Bündnissen gehen gemeinsame Verpflichtungen einher. Um eine angemessene Verteidigungsfähigkeit in Europa gewährleisten zu können, wurde innerhalb der EU in den letzten Jahren mehrfach das Ziel beschlossen, dass es ein stärkeres Zusammengehen im Bereich der Entwicklung, Herstellung und Beschaffung von Rüstungsgütern braucht. Nur so können die Herausforderungen an eine angemessene Ausrüstung auch unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel erfüllt werden. Eine Zusammenarbeit setzt aber Verlässlichkeit aller Seiten voraus, so auch die Verlässlichkeit der deutschen Seite. Mit Blick auf die restriktive Rüstungsexportpolitik wurde die Verlässlichkeit der deutschen Seite in den letzten Jahren von europäischen Partnern immer wieder in Frage gestellt. Bei Planungen zu europäischen Rüstungskooperationen ist immer häufiger der Begriff "German free" aufgetaucht, was bedeutet, dass es einfacher wäre, Deutschland aus dem Gemeinschaftsprojekt rauszuhalten, weil man sich Sorgen macht, dass die Kooperation am Schluss wegen der deutschen Beteiligung scheitern könnte. Meiner Meinung nach ist dies eine gefährliche Entwicklung, die nicht ignoriert werden darf. Wenn wir innerhalb der EU über abgestimmte Lösungen im Bereich Verteidigung sowie weltweiter Konfliktlösung und Friedenssicherung sprechen, können wir auf der anderen Seite keine nationalen Alleingänge machen und europäische Gemeinschaftsprojekte verhindern.

Als CDU-Politikerin vertrete ich ganz klar die Auffassung, dass wir für die Menschen in unserem Land einen angemessenen Schutz vor äußeren Bedrohungen gewährleisten müssen. Sicherheit ist Kernaufgabe des Staates. Die Bundeswehr ist zudem gemeinsam mit EU-Partnern weltweit in verschiedenen Einsätzen in Konfliktgebieten, wo es darum geht, für die Menschen vor Ort Stabilität herzustellen, Frieden zu sichern und Menschenrechte durchzusetzen. Auch dies geht nur, wenn die notwendigen militärischen Fähigkeiten existieren.

Wir wollen eine Entwicklung vermeiden, wo wir industriell in Deutschland und Europa eine Lage geraten, dass wehrtechnische Fähigkeiten von uns in andere Länder abwandern. Es ist zu verhindern, dass wir in Deutschland mittel- und langfristig in Abhängigkeit davon geraten, unsere Rüstungstechnologie bei außereuropäischen Herstellern kaufen zu müssen und uns damit verwundbar machen.

Wenn wir in Europa eine tragfähige Rüstungsindustrie und damit eine verteidigungspolitische Unabhängigkeit erhalten wollen, dann kann dies nur über den Weg der europäischen Kooperation funktionieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ronja Kemmer

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