Frage an Ronald Pofalla von Michael B. bezüglich Verteidigung
Sehr geehrter Herr Pofalla
Ich habe folgende Fragen an Sie.
1: Sind Sie für die Einführung einer Berufsarmee?
2: Sind Sie für die gleichberechtigte Übernahme aller Aufgaben in der BW durch Frauen?
3: Sind Sie auch der Meinung, daß, wie der VM es gesagt hat, "die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch beginnt"?
4:Werden Sie BW Soldaten an militärischen Einsätzen analog zum Irakkrieg als kämpfende Truppe teilnehmen lassen?
5: Sind Sie für den Einsatz der BW im Inneren?
Sehr geehrter Herr Bay,
vielen Dank für Frage, die ich Ihnen gerne beantworte.
Die von Ihnen aufgeworfene Frage einer gesetzlichen Festlegung der Aufgaben der Bundeswehr uns ebenfalls sehr intensiv. Unserer Auffassung nach hat sich mit Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr eine gewisse Nonchalance im Regierungshandeln breit gemacht, die dazu führte, dass die frühere Balance zwischen der eigentlichen verfassungsgemäßen Kernaufgabe der Landesverteidigung und der Fähigkeit der Bundeswehr zu Einsätzen in Krisen außerhalb Deutschlands verloren gegangen ist. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die rotgrüne Bundesregierung die Aufgabe der Landesverteidigung finanziellen Zwängen geopfert hat. Hinzu kommt eine vor allem grünideologische bundeswehrfeindliche Haltung.
Zwar kann man mit Blick auf den internationalen Terrorismus mit einer gewissen Berechtigung sagen, dass unsere Sicherheit letztlich auch am Hindukusch verteidigt wird und damit in von Deutschland entfernt liegenden Regionen. Dabei darf aber die verfassungsgemäße Kernaufgabe der Bundeswehr, nämlich die Landesverteidigung mit einer Wehrpflichtarmee, nicht vernachlässigt werden. Genau diese schleichende Abänderung des Auftrages der Bundeswehr ohne hinreichende rechtliche Legitimierung ist die Gefahr, die wir auch sehen und auf die Sie mit Recht hinweisen.
Wir sind der Überzeugung, dass eine der zukünftigen Bedrohungslage angepasste Bundeswehr auch zuhause und nicht nur sonst wo einsatzfähig sein muss. Dazu bedarf es in Zeiten außerhalb von Kriegen oder Spannungsfall einer Ergänzung der verfassungsrechtlichen Grundlage. Deswegen treten wir auch in diesem Wahlkampf für eine entsprechende Regelung ein.
Ihre Fragen danach, wo der Auftrag der Bundeswehr beginnt und wo er endet sowie die nötige Abgrenzung der Bundeswehr zum Polizeieinsatz durch eine präzise gesetzliche Grundlage, sind deswegen bei uns im Blickfeld. Danach wäre dann eine aufgabenbezogene Zuständigkeit der Bundeswehr gemeinsam oder neben der Polizei gesetzlich regelbar, so wie es allerdings ohne Verfassungsänderung im Luftsicherheitsgesetz und in einem späteren Seesicherheitsgesetz und dann in einem Landsicherheitsgesetz beinhaltet sein sollte. Dann bedürfte es noch eines Nationalen Sicherheitsgesetzes, in dem dann die Aufgaben, Koordienierung und Einzelszuständigkeiten so weit wie vorhersehbar der verschiedenen Sicherheitsorgane, auch so verstanden der Budneswehr, geklärt sein müssten. Dabei muss man jedoch im Auge behalten, dass die genaue Ausformung der Einsätze der Bundeswehr nicht einfach deduktiv aus vorher aufgestellten Kriterien ableitbar ist. Der Exekutive muss hier ein breiter Beurteilungsspielraum eingeräumt werden, wenn auch an verbindlich festgelegten Kriterien. Alle gesetzlichen Regelungen müssen dies berücksichtigen. An Regeln, Gesetzen, Erlassen und Vorschriften mangelt es bekanntlich in Deutschland nicht! In der Frage des Einsatzes von Streitkräften dagegen sind neben ethischen Kriterien natürlich auch das Völkerrecht, die legitimen Interessen unseres Landes, humanitäre und andere Kriterien mit zu berücksichtigen- von innenpolitischen Vorgaben einmal ganz abgesehen.
Der Leitgedanke eines Einsatzes von Streitkräften im Äußeren wie im Inneren muss dabei immer sein, ob er die Sicherheit für unser Land und unsere Bürger erhöht oder nicht.
Bei einer Erweiterung der Befugnisse der Bundeswehr bei Einsätzen im Inneren muss auch im Auge behalten werden, dass die Bundeswehr nicht zu einer Hilfspolizei degenerieren darf und dadurch von ihren eigentlichen Aufgaben abgelenkt würde. Zusammenfassend tendieren wir in der Union dennoch dahingehend, den neuen Aufgabenkatalog von Streitkräften rechtlich und gesetzlich neu zu fassen.
Die CDU steht zum Prinzip der Allgemeinen Wehrpflicht solange sicherheitspolitische Notwendigkeiten bestehen. Während eine Freiwilligenarmee ihre Personalstärke nur unter größten Anstrengungen erhöhen kann, besteht in der Wehrpflichtarmee die Möglichkeit, durch den Rückgriff auf Reservisten den Verteidigungsumfang schnell zu erhöhen. Auch wenn Deutschland momentan keinen groß angelegten Angriff auf sein Territorium zu fürchten hat, haben die Kriege im ehemaligen Jugoslawien sowie die Terroranschläge von Madrid und London gezeigt, dass Europa nicht frei ist von Bedrohungen.
Der Schutz von Freiheit, Menschenwürde und Recht sind Angelegenheit und Pflicht aller Bürger. Der Begriff des Staatsbürgers umfasst nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Diese Staatsbürger in Uniform tragen in größerem Maße zu einer Verankerung der Streitkräfte in der Demokratie bei, als es bei einem reinen Freiwilligenheer denkbar wäre. Die Wehrpflicht ist ein Beitrag zur Integration der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft. Dies verhindert sturen Kommiss und militärisches Kastendenken.
Sehr viele Wehrpflichtige bezeichnen ihre Dienstzeit bei der Bundeswehr als eine wichtige und positive Lebenserfahrung. Viele Wehrdienstleistende entscheiden sich für die Offiziers- und Unteroffizierslaufbahn. Rund die Hälfte der Offiziers- und Unteroffiziersbewerber waren zuvor Wehrdienstleistende.
Derzeit arbeiten über 11.000 Frauen in der Bundeswehr, deren Einsatz sich bewährt hat. Daran wollen wir festhalten. Mit dem Antrag "Soldatinnen- und Soldaten Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz zügig umsetzen" hat sich die CDU/CSU-Fraktion dafür eingesetzt, die Chancengleichheit für Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr sowohl für den Betrieb im Inland als auch für die Einsätze im Ausland zu stärken. Ergänzt wird diese Initiative durch den Antrag "Frauen und Familie in der Bundeswehr stärken und fördern", der darauf abzielt, die Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften für Soldatinnen und Soldaten maßgeblich zu verbessern.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla