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Roman-Hartmut Wauer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christine R. •

Frage an Roman-Hartmut Wauer von Christine R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wauer,

UN-Behindertenrechtskonvention - für 10% der Bevölkerung die Hoffnung der Armut zu entfliehen und am öffentlichen Leben teilzunehmen. Trotzdem die Bundesregierung die Konvention ratifiziert hat, ist dies für die meisten nur ein Traum geblieben. Was tun Sie und Ihre Partei dafür, daß dieses Thema endlich mal ganz oben auf die TOP kommt ? Leider stehen die Menschen mit Behinderung und Ihre Angehörigen noch immer ganz alleine da.
Wie sieht Ihre Unterstützung aus.

Mit freundlichen Grüßen / Christine Reyle

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Reyle,

vielen Dank für Ihre Frage zur UN-Behindertenrechtskonvention und Ihrer berechtigten Frage, was ich und meine Partei dafür tun werde, daß das Thema, wie Behinderte Menschen selbstbestimmt leben und der Armut entfliehen können, endlich mal ganz oben auf die TOP kommt.

Wir brauchen keine Alibiveranstaltungen wie bei der derzeitigen Regierung, sondern gleichberechtige Beteiligung, und die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes und finanziell gesichertes Leben. Die im Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention enthaltenden Maßnahmen greifen lediglich Detailfragen auf. Maßnahmen, die notwendig sind, um spu?rbare Verbesserungen der Situation fu?r Menschen mit Behinderung zu erreichen, wurden bewusst weggelassen, obwohl sie seit Jahren auf dem Tisch liegen. Schwarz-Gelb setzt auf Mittel, die bereits in den letzten Jahrzehnten keine oder nur eine sehr begrenzte Wirkung gezeigt haben. Allem voran: Unsere Kommunen müssen sich zu inklusiven Gemeinwesen weiter entwickeln. Das beginnt im Kindergarten und setzt sich bei der Chance auf gute Bildung fort. Wir alle haben Ansprüche auf Selbstbestimmtheit und gesellschaftliche Teilhabe - ob mit oder ohne Behinderung. Behinderung kann vielfalltig sein und dem betroffenen Menschen trotzdem die Chance auf ein hoch qualifizierte Arbeit und Selbstverwirklichung bieten. Dazu ist es notwendig, dass wir auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen für ein Leben miteinander und unabhängig der individuellen Lebenssituation einsetzen. Viele der Notwendigkeiten um Menschen mit Behinderung ein inklusives Leben zu ermöglichen, liegen auf kommunaler Ebene. Für mich sind Menschen mit einer Behinderung Menschen mit einer zusätzlichen Herausforderung mitten unter uns, die wir gemeinsam vielleicht nicht in allen Fällen kompensieren, aber doch zumindest abfedern können. Dazu gehört Barrierefreiheit und dort, wo notwendig, eine rechtliche Begleitung anstelle Stellvertretung und Endmündigung. Es gilt die individuellen Fähigkeiten zu fördern. Dazu brauchen wir die inklusive Gestaltung der Bildungseinrichtungen von der Schule, über die Berufsausbildung (Lehre) bis zum Studium. Neben der Geldleistung an Land und Kommunen, kann der Bund durch Änderungen an der Gesetzgebung, beispielsweise am Sozialgesetzbuch die Position behinderter Menschen stärken. Anstelle minimale Schritte nur nach Zwang der Gerichte zu gehen, wie die derzeitige Regierung (z.B. bei den Kosten der Internatsunterbringung behinderter Schülerinnen und Schüler auf Zusatzleistungen der Ausbildungsförderung) müssen wir mit den Verbänden, der Lebenshilfe und den Betroffenen nach Lösungen suchen. Wir brauchen eine Ausweitung des Diskreminierungsschutzes durch Annahme der 5. EU Antidiskriminierungsrichtlinie. Zur Durchsetzung der umfassenden Barrierefreiheit wollen wir einerseits die bereits bestehenden Vorgaben verbindlicher gestalten und auf alle Bereiche der von Menschen gestalteten Umwelt ausweiten, zum anderen die Mo?glichkeiten der Fo?rderung verbessern. Da Baurecht u?berwiegend in der Kompetenz der La?nder liegt, werde ich mich für eine gemeinsame Strategie mit den Ländern einsetzen. Argu-Hilfe_Politik_für_Menschen_mit_Behinderung_20130705 Ich werde mich mit meiner Partei fu?r eine grundlegende Reform des Rechts der Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe einsetzen, denn die Leistungen mu?ssen aus einer Hand und an den Bedu?rfnissen des Einzelnen orientiert erbracht werden. Da diese Leistungen durch eine Behinderung entstandene Nachteile ausgleichen, muss auf jeglichen Einsatz von Einkommen und Vermo?gen verzichtet werden. Da bedeutet auch, dass die häusliche Pflege der stationären Pflege gleichgestellt werden sollte. Wir sollten jedoch so ehrlich sein und anerkennen, dass nicht jede individuelle Leistung, die im Einzelfall sinnvoll und möglich wäre, durch die Gesellschaft finanziert werden kann. Hier könnte ich mir Modelle vorstellen, wie wir das Prinzip "benutzen statt besitzen" der nachhaltigen Mobilität auf den Bereich einer inklusiven Gesellschaft übertragen können. Wir werden uns dafür einsetzen, den Zugang von Menschen mit Behinderung zum ersten Arbeitsmarkt, also regula?re Bescha?ftigungen, zu verbessern. Wir mo?chten die Leistungen, die bisher nur in Werksta?tten erbracht werden du?rfen, so umgestalten, dass damit einerseits dauerhafte Lohnzuschu?sse und anderseits individuelle Unterstu?tzung im ersten Arbeitsmarkt gewa?hrt werden kann. Trotz Allem dürfen wir nicht vergessen, dass die Politik fu?r Menschen mit Behinderung sich im Rahmen der verfassungsma?ßigen Zusta?ndigkeiten von Bund, La?ndern und Kommunen bewegen muss. Der Bund kann in einzelnen Feldern durch gezielte Programme unterstu?tzen, er darf La?ndern und Kommunen jedoch nicht aus deren Verantwortung fu?r die Verwirklichung eines inklusiven und barrierefreien Gemeinwesens entlassen.

Weitere Informationen zu unserer Behindertenpolitik finden Sie hier: http://www.gruene.de/themen/soziale-gerechtigkeit/behindertenpolitik.html und in Baden-Württemberg in unserer Landesarbeitsgemeinschaft
Behindertenpolitik:
http://www.gruene-bw.de/partei/landesarbeitsgemeinschaften/behindertenpolitik.html

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hartmut Wauer