Frage an Rolf Schwanitz von Ulrich P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Schwanitz,
als fleißiger Leser von Abgeordnetenwatch.de fiel mir heute Ihr Beitrag auf.
Dabei waren mir Ihre Aussagen im letzten Abschnitt über die Reformbereitschaft der Regierung nicht einleuchtend. Sie schreiben: "Der Ausmaß der Reformbereitschaft einer Regierung hängt nach meiner Ansicht auch mit den Wahlergebnissen zusammen": Ist es nicht so, dass die jetzige Regierung einer Mehrheit hat, wie sie noch nie bestanden hat? Ist es nicht richtig, dass diese Regierung durch diese ungeheure Mehrheit alle Gesetzesvorhaben problemlos "durchpeitschen" kann? Oder ist es so, dass sich die beiden Regierungsparteien eliminieren,sodass eine positive Regierungsarbeit nicht möglich ist? Haben die Regierungsparteien nicht einen Koalitionsvertrag abgeschlossen, bei dem eine ganze Reihe von Reformvorhaben versprochen wurden, welche nicht einmal ansatzweise in Angriff genommen werden?
Weiter schreiben Sie: "Wahlerfolge populistischer Parteien lassen die Bereitschaft zu weitreichender Reformpolitik zusätzlich sinken". Ist dies so zu verstehen, dass Reformpolitik gegen die Interessen des Mittelstandes und der armen Bevölkerung gerichtet ist?
Im Koalitionsvertrag wurde u.a. versprochen:
a) gleiche Chancen für Bildung für alle,
b) Reform des Steuerrechts. Steuervereinfachung,
c) gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit
d) Prävention als Gesundheitsvorsorge und damit Verbesserung
der Lebensqualität.
Ist es nicht so, bei einer Lösung dieser Fragen, dass den populistischen Parteien damit weitgehend ihre Daseinsberechtigung entzogen wird? Ist es nicht so, dass gerade wegen der Untätigkeit der Regierung diese Parteien so viel Zuspruch erhalten? Weiter wurde zugesagt, durch Wettbewerb den Energiepreisanstieg zu begrenzen. Wo bleiben die Taten? Sorgen Sie dafür, dass die Regierung diese Probleme löst, und die populistische Parteien haben keine Daseinsberechtigung mehr.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Parth
Sehr geehrter Herr Parth,
für mich ist völlig klar, dass schlechte Wahlergebnisse durchaus Einfluss auf den (Reform-)Kurs einer Regierung haben können. Und Sie werden ja wohl nicht bestreiten, dass die Ergebnisse der letzten Wahlen für die Parteien der Regierungskoalition nicht gerade überzeugend waren. Natürlich erhielten bei der letzten Bundestagswahl CDU, CSU und SPD zusammen deutlich mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen, dies ist bei den großen Volksparteien zusammen jedoch regelmäßig der Fall.
Eine Reformpolitik - in meinem Verständnis eine Politik, die sich an den gesamtgesellschaftlichen Notwendigkeiten orientiert, grundlegende Änderungen verfolgt und im Gegensatz zur Klientelpolitik sich dabei nicht primär an den Interessen einer gesellschaftlichen Teilgruppe orientiert - ist stets mit größeren Widerständen verbunden. Zuweilen, die Agenda 2010 ist da das beste Beispiel, folgt die "Bestrafung" des Wählers auf dem Fuß. Da dies in einer Demokratie legitim ist, folgt die Reaktion der Parteien (leider) meist unmittelbar. Dies ist für mich ein entscheidender Grund für die geringere Reformbereitschaft der großen Koalition.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Schwanitz