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Rolf Schwanitz
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Frage von Peter F. •

Frage an Rolf Schwanitz von Peter F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schwanitz,

vor einigen Wochen haben Sie einen Brief an alle SPD-Abgeordneten zum Papstbesuch geschrieben.

http://www.rp-online.de/region-duesseldorf/duesseldorf/nachrichten/spd-politiker-wollen-papst-rede-boykottieren-1.1314736

Dieser Brief, den Sie nie veröffentlicht haben, ist im anhängenden Bericht zitiert. Da dieser Brief in Ihrer Funktion als Abgeordneter geschrieben worden ist, ist es angemessen, wenn ein Wähler um Erklärungen zu den Inhalten dieses Briefes bittet, die etwas schwer zu verstehen sind. Bezüglich der folgenden bekanntgewordenen Zitate bitte ich daher höflich um Erklärungen:

Sie haben geschrieben, der Papst halte die Mehrheit der Deutschen für verdammungswürdig. Worauf stützen Sie diese Behauptung?

Sie sagen, zwei Drittel der Deutschen, die nicht katholisch seien, würden "stigmatisiert". Wie begründen Sie diese Ansicht, insbesondere im Lichte der Tatsache, dass der Papst bei seiner Reise sowohl Vertreter der evangelischen Kirche, des Zentralrates der Juden und islamische Vertreter trifft?

Sie behaupten, der Papst sei ein "absolutistischer Monarch". Wie begründen Sie das? Der Papst ist offensichtlich weder ein Monarch noch sehe ich die Parallelen zur Macht von Ludwig XIV. Der Papst verfügt auch weder über eine Armee noch über ein nennenswertes Staatsgebiet.

Schliesslich behaupten Sie, der Papst trage die Mitschuld an "der Unterdrückung, Ausbeutung und Stigmatisierung von Millionen Menschen". Wen konkret unterdrückt der Papst oder wen konkret beutet er aus?

Zuletzt möchte ich fragen, warum Sie den Brief nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Noch eine Zusatzfrage:

Malte Lehming, ein Redakteur des linksliberalen Tagesspiegels, hat geschrieben, dass Linke über den Katholizismus kaum anders hetzen als Rechtspopulisten über den Islam.

http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-moral-der-papst-gegner/4591176.html

Teilen Sie diese Ansicht von Herrn Lehming?

Mit freundlichen Grüssen

Peter Friedrich

Portrait von Rolf Schwanitz
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Friedrich,

meine Erklärung habe ich veröffentlicht. Sie finden Sie unter http://hpd.de/node/11943

Ich gehe davon aus, dass der Papst an die für unfehlbar gehaltenen Glaubenssätze der katholischen Kirche glaubt. Sie finden diese im so genannten Neuner-Roos (Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung von Josef Neuner, Heinrich Roos, Karl Rahner und Karl-Heinz Weger), einem Standardwerk, welches u.a. in der Theologenausbildung Verwendung findet. Danach werden all jene Menschen, die sich wissentlich nicht für den katholischen Glauben entscheiden, für verdammungswürdig gehalten. Als Beleg ließen sich viele Lehrsätze zitieren.

Es soll hier mit zwei Quellen sein Bewenden haben. So heißt es im Lehrsatz Nr. 85: "Wer nicht die ganze kirchliche Überlieferung annimmt, die geschriebene wie die ungeschriebene, der sei ausgeschlossen." Das Wort "ausgeschlossen" ist eine verharmlosende Übersetzung der griechisch-lateinischen Formel "anathema sit" (wörtlich übersetzt: "der sei verflucht"). Im ebenfalls als unfehlbare Entscheidung ausgewiesenen Lehrsatz Nr. 381 heißt es: "Die Kirche glaubt fest, bekennt und verkündet, dass niemand außerhalb der katholischen Kirche, weder Heide, noch Jude noch Ungläubiger oder ein von der Einheit Getrennter, des ewigen Lebens teilhaftig wird, vielmehr dem ewigen Feuer verfällt, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist, wenn er sich nicht vor dem Tod ihr (der Kirche) anschließt." Dass diese Glaubenssätze stigmatisieren, liegt auf der Hand. Im Übrigen verwiese ich auf einen Artikel bei Telepolis, der sich mit der von Ihnen angesprochenen Frage beschäftigt: http://www.heise.de/tp/artikel/35/35120/1.html

In meiner Erklärung finden sich auch Ausführungen zur Rolle des Papstes als Staatsoberhaupt. Dass er zu Recht als Monarch bezeichnet werden kann, ergibt sich aus Art. 1, Abs. 1 des Grundgesetzes des Vatikanstaates. Dieser lautet: "Der Papst besitzt als Oberhaupt des Vatikanstaates die Fülle der gesetzgebenden, ausführenden und richterlichen Gewalt."

Die Verantwortung und Mitschuld an Unterdrückung, Ausbeutung und Stigmatisierung von Millionen Menschen ergibt sich aus den vom Papst und der katholischen Kirche verbreiteten Auffassungen bspw. zu Fragen der Frauenrechte oder der sexuellen Orientierung von Menschen.

Abgesehen davon, dass der Tagesspiegel wohl kaum als linksliberales Blatt bezeichnet werden kann, teile ich die Meinung von Herrn Lehming nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Schwanitz