Frage an Rolf Pannicke von Nicole W. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Pannicke,
Ich bin seit kurzem Mitglied der LInkspartei und habe hier, in meiner Heimat noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen.
Wenn ich in einem Gespräch erwähne dass ich der Linken angehöre und mich für sie einsetze werde ich meist noch etwas schief angeschaut.
Können sie mir vielleicht ein paar Tips geben, wie ich meinen Mitbürgern und Freunden kurz schildern kann was wir vorhaben?
Für lange Reden sind sie nicht sehr zugänglich, also bräuchte ich ein paar relativ kurze (Stickpunktartige) vorschläge.
Ich wünsche ihnen viel Glück bei den Wahlen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Nicole Witt
Liebe Nicole
Danke für Deine Frage und entschuldige bitte, dass ich Dich so lange hab warten lassen, aber Du kannst Dir sicher vorstellen, dass ich neben meinem Job zur Zeit sehr viel um die Ohren habe.
Was wollen wir? in Kurzform.
Wir wollen dieses Land nicht von den Füssen auf den Kopf stellen. Aber wir sehen, dass dieses Land immer weiter auseinander driftet. Dass wenige immer mehr besitzen, nicht nur materiell, sondern auch die damit verbundene Macht. Andere dürfen alle Jahre ihr Kreuz machen und sind danach weitestgehend Zuschauer der Politik. Wir wollen nicht die Demokratie beseitigen.
Wir streiten für mehr unmittelbare Demokratie und ein Recht auf politischen Streik. Menschen werden in Jobs gepresst die ihnen keine soziale Sicherheit bieten und von deren Einkommen sie sich und ihre Familie nicht ernähren können. Die Gewerkschaften sind mittlerweile so weit geschwächt, dass sie nicht mehr in der Lage sind für alle Menschen ein ausreichendes Einkommen zu erstreiten, obwohl die Profite in den letzten Jahren explodierten um dann im internationalen Finanzmarktkasino verzockt zu werden. Die unmittelbaren Folgen sind der deutsche Exportboom bei gleichzeitig schwacher Inlandsnachfrage. Dies führt uns durch die nachlassende Weltkonjunktur in eine schwere wirtschaftliche und soziale Krise. Der Staat beteiligt sich zunehmend an den Lohnkosten der Unternehmen zu Lasten der Steuerzahler, kürzt aber auf der anderen Seite eine Sozialleistung nach der anderen, weil sie angeblich nicht mehr zu bezahlen ist. Hier brauchen wir Regelungen, die einen Missbrauch verhindern und arbeitenden Menschen in die Lage versetzen von ihrem Verdienst anständig leben zu können. Also flächendeckende gsetzliche Mindestlöhne. Harz IV Bezieher werden in den Medien und von machen Politikern pauschal als Sozialbetrüger verdächtigt, während man wenig unternimmt um zu verhindern, dass Millionäre und Milliardäre Ihre Vermögen in Steueroasen verstecken und den Staat um Millionen betrügen. Und das obwohl die Steuerlast für hohe Einkommen und Vermögen sowie Unternehmensgewinne in den letzten Jahren sowieso schon immer weiter gesenkt wurden.
Also einen Harz IV Satz, der sich an den Erfordernissen einer gesellschaftlichen Teilhabe orientiert und nicht an den Vorurteilen gegenüber Harz IV Beziehern. Er beteiligt sich also an der Umverteilung von unten nach oben. Das muss sich umkehren.
Wir wollen wieder eine höhere Steuerlast für breite Schultern. Vermögenssteuer wieder einführen, höhere
Erbschaftssteuer für grosse Vermögen, hohere Spitzensteuersätze bei der Einkommenssteuer.
Wir wollen den privaten Besitz von Produktionsmitteln nicht abschaffen, aber die Bereiche der Daseinsvorsorge müssen sich am Gemeinwohl der Menschen im Land orientieren und nicht am Shareholder Value (Profiterwartungen) der Aktienbesitzer. Also keine weiteren Privatisierungen in diesen Bereichen (Gesundheit, Bildung, Wasserver- und Entsorgung). Rückverstaatlichung der Energieversorgung und der Bahn. Im Wahren und Dienstleistungen produzierenden Bereich müssen Konkurrenzverhältnisse dafür sorgen, dass es keine monopolartigen Strukturen gibt, die von den Firmen ausgenutzt werden können. Gleichzeitig brauchen wir Regelungen, die verhindern, dass die Konkurrenz unter den Firmen auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden oder zu Lasten der Umwelt. Dazu bedarf es klarer gesetzlicher Regeln, die auch vom Staat kontolliert und umgesetzt werden müssen. Notwendige strukturelle Anpassungen müssen sozialveträglich ausgestaltet werden. Es kann nicht sein, dass man Leute entlässt nur um den Profit für die Aktionäre zu steigern.
Also wirksame Kartellgesetze, Gesetzte zum Schutz der Beschäftigten vor Entlassung oder Zwang zur Entschädigung bei notwendigen Entlassungen, Umweltschutzgesetze.
Diese extremen Ungerechtigkeiten, die natürlich auch mit Chancenungleichheit der Menschen in der Gesellschaft einhergehen, müssen beseitigt werden.
Wir wollen ein Bildungssystem, welches die Potenziale der Kinder optimal fördert und ihren Lebensweg nicht vom Geldbeutel der Eltern vorbestimmt ist. Daher brauchen wir eine kostenlose Bildung vom Kindergarten bis zu Uni. Und zwar wirklich kostenlos.
Es braucht wieder mehr Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen sozialen Schichten. Aufstieg muss auf Grund von persönlicher Leistung möglich sein und nicht wegen der Herkunft aus "gutem" Hause.
Wir sind der Überzeugung, dass sich Konflikte in der Welt nicht mit militärischer Gewalt lösen lassen. Daher lehnen wir den Krieg in Afghanistan und im Irak ab, die nach unserer Auffassung auch noch völkerrechtswidrig sind.
Innere Sicherheit erreicht man nicht durch Überwachung und Bespitzelung der Bevölkerung, bei denen außerdem die Gefahr des Missbrauchs zu anderen, als in den Gesetzen vorgesehenen Zwecken, sehr groß ist.
Wir wollen, um es noch einmal kurz zusammen zu fassen, eine freie, demokratische und sozial gerechte Gesellschaft, in der nicht die Herkunft oder der Markt, sondern die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Einzelnen für ihre Zukunft entscheidend sind.
Ich hoffe Deine Frage zufriedentstellend beantworten zu haben. Zu einzelnen Fragen kannst Du hier auf der Seite auch die Zusammenfassung des Wahlprogramms des Linken ansehen.
m.f.G.
Rolf Pannicke