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Rolf Pannicke
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Frage von Carsten L. •

Frage an Rolf Pannicke von Carsten L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Pannicke !

Die LINKE verspricht sehr viel und erklärt dem Bürger nicht, wie sie das alles bezahlen möchte.

Machen Sie das nur, da Sie wissen, dass eine politische Mitarbeit nicht kommen wird?

Wollen Sie nur Anheizer sein um die SPD zu verunsichern?

Mich würde dies mal interessieren und hierzu wäre eine Aufstellung der finanzpolitischen Aussagen sehr dringend.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lengemann!

Ich bin überrascht und erfreut, dass Bürger sofort nach bekannt werden dieser Fragemöglichkeit sie nutzen und sich direkt an Kandidaten wenden, dies zeigt, dass die Menschen durchaus an Politik interessiert sind und sich auch gern ungefiltert informieren möchten.

Ich werde versuchen Ihre Frage so gut wie möglich zu beantworten, auch wenn ich kein Steuerexperte oder Haushaltspolitiker bin.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass der Wohlstand in Deutschland (im sog. BIP gemessen) mit jedem Jahr weiter wächst. Dennoch war in den letzten Jahren in zunehmenden Masse festzustellen, dass dieser Wohlstand bei immer weniger Menschen ankommt, während andere im Überfluss leben.

Viele der Kürzungen im sozialen Bereich wurden mit der Knappheit der Mittel begründet. Der deutschen Staatsverschuldung von 1,5 Bio. € stehen aber private Vermögen von 4.5 Bio. € gegenüber. Sie sehen auch Geld und Vermögen ist in Deutschland vorhanden.

Die Statistik beweist uns dass jeder Haushalt 80.000 € Vermögen besitzt. Ich habe das nicht und ich kenne viele Menschen die noch sehr viel weniger haben. Im Gegenteil immer mehr Menschen überschulden sich.

Es kommt also letztendlich auf die Frage an wie sich das Geld/Vermögen im Land verteilt. Und auch da macht die Statistik eindeutige Aussagen. Während die Bezieher großer Einkommen in den letzten Jahren mit ca. 35% Einkommenszuwachs sehr gut am Aufschwung partizipiert haben ist bei denen die diesen Wohlstand erarbeiten nichts angekommen. Die Einkommen aus abhängiger Beschäftigung sind in den letzten Jahren real gesunken. Die steigenden Energiepreise haben ihr übriges dazu beigetragen.

Nun zur Finanzierung unserer Vorhaben. Natürlich haben wir keinen Goldesel im Keller stehen. Man kann in einer Gesellschaft immer nur durch Umverteilung der Mittel politisch Einfluss nehmen. Das sind die Haushalts- und Steuerpolitik. In den letzten Jahren ist dies durch Entlastung der Firmen und vor allem der Konzerne geschehen. Sie wurden massiv von Steuer und Personalkosten entlastet. Dies war eine sehr einseitige sog. Angebotsorientierte Politik. Sie hat zu steigenden Gewinnen und Kapitaleinkünften gesorgt, andererseits haben die Arbeitnehmer aber untern der Verschlechterung ihrer Rechte und Einkommen zu leiden gehabt. Auch die Staatsverschuldung hat Herr Eichel damit nicht in den Griff bekommen. Um die Verschuldung nicht noch weiter anwachsen zu lassen, hat man die unteren und mittleren Einkommen vor allem durch die Anhebung indirekter Steuern massiv belastet. Das hat zwar zu einem fast ausgeglichenen Haushalt geführt, wird aber mit einem massiv einbrechenden Binnenmark (sinkende Kaufkraft) bezahlt. Alle Bereiche der Wirtschaft, die in den letzten Jahren vom Exportboom profitieren konnten ging es sehr gut umgekehrt leiden alle Bereiche der Wirtschaft, die ihr Geld auf dem Binnenmark verdienen müssen. Daher geht es Bundesländern wie Bayern und BW auch z. Zt. besonders gut, da sie einen großen Teil ihrer Wirtschaftsleistung durch den Export verdienen, während die Ostländer nur rund 30% durch den Export erlösen.

Was brauchen ist also zuerst eine Umkehr in der Steuer und Abgabenpolitik.

Denn richtig ist, dass wir nur das ausgeben sollten, was wir haben. Das heißt für mich aber nicht, dass wir nichts mehr ausgeben dürfen, sondern dass wir die Reichen und Superreichen, die sich in den letzten Jahren mehr und mehr ihren Verpflichtungen entziehen konnten, wieder stärker zu Kasse bitten. Übrigens auch in ihrem eigenen Interesse.

Wir wollen die Vermögenssteuer wieder einführen. Der Spitzensteuersatz muss wieder angehoben werden, während untere und mittlere Einkommen entlastet werden müssen. Der Erlös aus der Erbschaftssteuer muss erhöht werden, wobei es natürlich angemessenen Freigrenzen für kleine und mittlere Vermögen geben muss. Aber grundsätzlich kann es nicht sein, dass in einem Land das Einkommen aus Arbeit höher besteuert wird als das Einkommen aus Erbschaft, zu dem bekanntlich meist nicht so viel beigetragen wurde.

Dann brauchen wir eine Börsenspekulationssteuer (auch Tobinsteuer genannt) die von attac schon seit Jahren gefordert wird und auch bei anderen europäischen Regierungen auf Zustimmung stößt.

Wir müssen Steuerflucht effektiver bekämpfen.

Wenn wir bei Streueraufkommen nur europäisches Mittelmass erreichen haben wir weit mehr als 100 Mrd. € an Steuermehreinnahmen/Jahr.

Wir sind leider im europäischen Raum führend beim Steuerdumping. Denn nicht die nominalen Steuersätze sondern die tatsächlich gezahlte Steuerquote ist wichtig und da liegt Dt. ganz weit hinten im Vergleich der alten 15 EU - Mitgliedsländer.

Sie sehen also man kann sehr viel machen, ohne dass die Welt untergeht oder alle „Leistungsträger“ flüchten. Diese Ammenmärchen dienen doch nur zur Rechtfertigung einer unsozialen Politik deren Protagonisten es an der Einsicht und am Willen fehlt wirklich etwas für die Menschen im Land zu tun.

Folgende Links zur Thematik möchte ich Ihnen noch ans Herz legen.

http://www.attac-netzwerk.de/ag-finanzmarkt-steuern/themen/steuern/links-zu-steuerthemen/

http://www.bewegungswerkstatt.org/giegold/artikel.php

http://www.gevth.de/tagungen/bamberg2005/jahrbuch-gerechtigkeit.pdf

m.f.G.Rolf Pannicke