Warum wurden bei dem Beschluss am 17.03.23 die Erst- und nicht die Zweitstimmen gestrichen? Finden Sie es sinnvoll, das der direkte Kontakt der Parlamentarier zu den Wählern quasi eliminiert wurde?
Sehr geehrter Herr Mützenich, ich hatte vor einiger Zeit eine Reduzierung der Bundestagsabgeordneten angeregt, diese wurde nun umgesetzt. Allerdings nicht im Sinne der Wähler. (zumindest derjenigen, die mit dem Wahlrecht einigermaßen vertraut sind). Ich bin seit 42 Jahren in der SPD und bei vielen Wählern gibt es einen Bezug zu Ihrem BT-Abgeordneten, diese sind meistens persönlich bekannt und man macht sich ein Bild von deren Fähigkeiten. Diesen persönlichen Bezug haben Sie durch diese Wahlrechtsreform abgewürgt. Meines Erachtens hat das zur Folge, das nun die Partei bestimmt, wer das Volk vertritt. Die Folge ist, das zum Teil nicht fähige, sondern durch die Parteien privilegierte und gepushte Politiker (Ricarda Lang) künftig die Politik bestimmen. Aus welchen Gründen wurde das so beschlossen und warum wurde die derzeitige Formation der Regierung derart zementiert? Ich bin mit der derzeitigen Politik Habeck und Konsorten nicht einverstanden, wie können wir Wähler das jetzt noch ändern?
Sehr geehrter Herr W.,
die Wahlrechtsreform in der jetzt beschlossenen Gestalt war notwendig, weil sich der Bundestag in den letzten Jahren immer weiter vergrößerte und Zukunftsprognosen ein weitergehendes Wachstum voraussagten. Der Grund ist, dass durch das bisherige Verhältnis zwischen Erst- und Zweitstimme bei jeder Wahl Überhangmandate entstehen, die das eigentliche Wahlergebnis verzerren und durch Ausgleichsmandate wieder ausgeglichen werden müssen. Die Wahlrechtsreform begrenzt die Größe des Bundestags auf zukünftig 630 Mitglieder.
Das bedeutet aber nicht, dass der persönliche Bezug zwischen Wähler:in und Kandidat:in entfällt – vielmehr wird es durch die Wahlrechtsreform weiterhin eine Erst- und eine Zweitstimme geben. Mit der Erststimme stimmen die Bürger:innen über Kreiswahlvorschläge in den 299 Wahlkreisen ab; mit der Zweitstimme werden die Landeslisten der Parteien gewählt.
Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Mützenich