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Rolf Mützenich
SPD
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Frage von Klaus R. •

Sehr geehrter Herr Mützenich, wieso sind Sie gegen Volksentscheide nach Schweizer Vorbild?

Die SPD betont immer, wie demokratisch sie doch ist.

In einer Demokratie geht alle Macht vom Volke aus und Volksentscheide sind dementsprechend das demokratischte Mittel, was es gibt.

Wieso lehnen Sie Volksentscheide ab?

Viele Grüße

K.R.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr R.,

unser Gesetzgebungsprozess kann durch mehr direkte Demokratie auch komplexer werden. Direktdemokratische Bürgerbeteiligung ist zeit- und ressourcenaufwändig auch für Bürger:innen. Nicht alle werden daher gleichermaßen von den Möglichkeiten direkter Demokratie Gebrauch machen. Die Trägerinnen und Träger von Volksbegehren sind meist dort zu finden, wo über Zeit und Ressourcen verfügt wird: In den Schichten, die heute schon meinungsbildend sind. Daher werden wir Sorge tragen müssen, dass direkte Demokratie nicht eine noch stärkere soziale Selektion bei Partizipationsprozessen zur Folge hat, wie dies schon jetzt bei Bundestagswahlen zu beobachten ist: Wenn nur die Besserverdienenden zum Wählen gehen, während die sozial Schwachen zu Hause bleiben, ist dies kein Fortschritt für die Demokratie.

Wir wollen daher zweitens auch die Teilhabe aller Bürger:innen an der Demokratie stärken, und das gilt besonders durch die Einführung von mehr direkter Demokratie. Es wäre kein Fortschritt, wenn wir nur die Instrumente verbessern und erweitern würden. Erst wenn alle gesellschaftlichen Schichten sich an demokratischen Prozessen beteiligen, können wir einen echten gesellschaftlichen Fortschritt reklamieren. Wir müssen zu einer stärkeren soziale Gleichheit bei der Beteiligung kommen. Wir wollen nicht, dass nur eine kleine Schicht der Elite in der Zivilgesellschaft und in Prozessen direkter Demokratie dominiert, sondern auch die kleinen Leute müssen bessere Bedingungen bekommen, sich an der Demokratie wieder zu beteiligen. Dies ist eine zentrale Aufgabe der Parteien, hier insbesondere der SPD. Nur allein auf direkte Demokratie zu setzen, wie dies manche fordern, ist daher falsch. Dies würde auf eine Eliten-Demokratie hinausführen.

Wir wenden uns mit unserer Forderung nach der Einführung direktdemokratischer Elemente gegen alle Tendenzen, die einen Keil zwischen die Bevölkerung und ihr Parlament zu treiben versuchen. Direkte Demokratie ist nicht demokratischer als die parlamentarische Demokratie. Unser klares Bekenntnis für die direktdemokratische Bürgerbeteiligung schließt ein deutliches Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie mit ein.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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