Frage an Rolf Mützenich von Erich H. bezüglich Finanzen
Werter Herr Dr. Mützenich,
ein Finanzwissenschaftler nahm gerade zur Rettung der Hypo Real Estate Stellung. Er sagte die Regierung beschreitet den falschen Weg. Niemand würde diese Bank vermissen. Die Parteien sollten lieber mit den zur Verfügung gestellten Geldern die erlittenen Verluste der Steuerzahler entschädigen.
Warum lassen sich die Parteien nicht von Fachleuten beraten?
Warum wurden die Verträge mit den Banken so laienhaft abgeschlossen, dass unter dem Vorstand befindlichen Mitarbeiter weiter mit übertrieben hohen Bonuszahlungen bedacht werden?
Warum hat die SPD/GRÜNE - Regierung in den Jahren 2003/2004 den Handel mit diesen wertlosen Papieren erlaubt unter Finanzminister Eichel (SPD)?
Mit freundlichen Grüßen
E. Humplik
Sehr geehrter Herr Humplik,
vielen Dank für Ihre Frage zur Hypo Real Estate (HRE). Ich weiß nicht, auf welchen Finanzwissenschaftler sie sich beziehen, ich kann Ihnen aber versichern, dass die meisten Finanzexperten dafür plädieren, die HRE auf keinen Fall pleite gehen zu lassen, da dies weitere Bankenzusammenbrüche nach sich ziehen könnte. Der Staat muss sich schon deshalb um die HRE kümmern, da international verabredet wurde, dass keiner mehr eine Bank, die andere mitreißen könnte, insolvent gehen lassen dürfe. Die HRE ist durch ihre Finanzgeschäfte stark mit vielen anderen Banken in Deutschland und Europa verbunden. Ginge sie Pleite und würde ihre Kredite nicht mehr tilgen, wird eine Kettenreaktion im gesamten übrigen Finanzsystem befürchtet. Zum anderen könnte durch eine Pleite des Baufinanzierers der Pfandbrief als Anlageform beschädigt werden, da die HRE mit einem Marktanteil von zehn Prozent als einer der größten Anbieter von Pfandbriefen gilt. Das abschreckende Beispiel der US-amerikanischen Bank Lehman-Brothers sollte uns hier Warnung sein.
Ich kann Ihnen zudem bestätigen, dass sich sowohl die Finanzexperten der SPD wie auch Finanzminister Peer Steinbrück durchaus des Sachverstandes und der Expertise von Experten bedienen. Ich kann mir hier allerdings den Hinweis nicht verkneifen, dass kaum einer der Finanz- und Wirtschaftsexperten, die gegenwärtig durch die Talkshows tingeln und der Politik gute Tipps gegen, die Krise und das Ausmaß der Krise vorausgesagt haben. Sie sollten im Übrigen die Einflussmöglichkeiten des Staates auch nicht überschätzen. Für ein rückwirkendes Eingreifen in die Vergütungssysteme von Banken hat der Staat keine Handhabe. Ansprüche auf Sonderzahlungen bei Banken unterliegen rechtlichen Regelungen. Nur wenn der Staat sich mit Kapital bei einem Geldinstitut beteiligt, kann er Einfluss auf eine Überarbeitung des Vergütungssystems nehmen. In Deutschland ist der Staat bislang nur bei der Commerzbank direkt beteiligt. Deren Vorstandsgehälter wurden, wie im Finanzmarktstabilisierungsgesetz geregelt, auf 500.000 Euro pro Jahr begrenzt.
Zu den Bonuszahlungen für Bankvorstände kann ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Empörung teile: Unternehmerisches Fehlverhalten darf nicht dazu führen, dass Steuergelder der Bürger für die Mitfinanzierung von Traumgagen verwendet werden. Deshalb wird auch darüber nachgedacht, ob die Bundesregierung nicht eine Kontrollmehrheit an der HRE übernehmen soll. Wenn der Steuerzahler der HRE mit über 100 Milliarden Euro unter die Arme greift, muss der Staat dafür auch Einfluss erhalten. Nachgedacht wird deshalb über eine Teilverstaatlichung, eine spätere Gewinnabführung an den Staat, Mitbestimmung in der Geschäftspolitik sowie die Begrenzung der Managergehälter und Dividenden. Diese Pläne stoßen derzeit aber auf Widerstand unseres Koalitionspartners, und hier vor allem der CSU.
Nochmals: Die Menschen, die zum Teil mit sittenwidrigen Niedriglöhnen auskommen müssen, sind zu Recht über das Verhalten der Manager empört, die sich aus Steuertöpfen die Taschen vollstopfen wollen. Deshalb wollen wir - wie Franz Müntefering heute angekündigt hat - auch die rechtlichen Möglichkeiten prüfen, Bonus-Zahlungen unter bestimmten Umständen zu verbieten.
In der Hoffnung, Ihre Frage damit beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Rolf Mützenich