Frage an Rolf Mützenich von Darko M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Mützenich,
Der Neuauflage des EU-Verfassungs-Vertrages dem „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, hat die Bundesregierung bereits zugestimmt. Der Bundesrat und Sie als Mitglied des Bundestages müssen hierüber noch abstimmen.
Wir möchten Sie hiermit auf den nachfolgenden Artikel 2 „Das Recht auf Leben“, der mit das Fundament für die Grundrechte in Europa darstellen soll und über das Sie abstimmen werden, aufmerksam machen:
(Deutscher Bundestag, Drucksache 15/4900;gekürzt wegen Zeichenbeschränkung)
Artikel 2 2)
Recht auf Leben
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
E r l ä u t e r u n g
1. Absatz 1 dieses Artikels basiert auf Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention
, der wie folgt lautet:
„(1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt …“.
2. „Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet
werden.“ Auf dieser Vorschrift beruht Artikel 2 Absatz 2 der Charta.
3. So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
a) Artikel 2 Absatz 2:
„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch
eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.
b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6:
„Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten
oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden …“.
Wir möchten von Ihnen, einem Vertreter des gesamten deutschen Volkes, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, wissen, ob Sie für oder gegen das genannte Vertragswerk stimmen werden.
Für eine Antwort sei vorab gedankt.
Sehr geehrter Herr Marx,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wie Sie sicherlich wissen, gehört Deutschland bereits zu den Unterzeichnerstaaten der EMRK, deren Inhalte in den Lissabon-Vertrag übernommen werden.
Nach den Kopenhagener Kriterien für potenzielle Beitrittsländer zur EU von 1993 ist die Abschaffung der Todesstrafe eine grundsätzliche Voraussetzung für den Beitritt zur Europäischen Union.
Wenn nun die Inhalte der Europäischen Menschenrechtskonvention in die Charta des Lissabon-Vertrages Eingang finden, wird sich an der grundsätzlichen Rechtslage bezüglich der Todesstrafe im Vergleich zum bestehenden Recht nichts ändern.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Rolf Mützenich