Frage an Rolf Mützenich von Thomas S. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Guten Tag Herr Mützenich,
Herr Haskamp hat mit seiner Fragestellung 8 Einzelfragen betreffs Asylpolitik an Ihre Adresse gerichtet:
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/rolf-muetzenich/fragen-antworten/557176
Sie schreiben in Ihrer Antwort unter anderem:
"Die SPD verschließt auch nicht die Augen vor der Herausforderungen unserer Flüchtlingspolitik, auch werden wir nicht die Sorgen und Ängste der Menschen negieren. Aber die SPD wird nicht den Populisten hinterher laufen, die glauben, in einfachen Antworten auf Ihre Fragen die Lösung zu sehen."
1. Sie unterstellen hier den Populisten, dass diese in einfachen Antworten Lösungen erkennen würden. Ich kann aber nicht erkennen, dass Sie auch nur auf eine der benannten 8 Einzelfragen des Fragestellers ansatzweise eingehen würden.
Machen Sie es sich da nicht genauso einfach wie die von Ihnen kritisch betrachteten Populisten?
Warum gehen Sie nicht auf die von Herrn Haskamp gestellten 8 Einzelfragen konkret ein?
2. In Ihrer Antwort stellen Sie die Überlegung an, dass wenn eine europäische Lösung in der Fluchthilfepolitik wegen der egoistischen und nationalistischen Haltung einzelner EU-Staaten nicht möglich sein sollte, Deutschland hier vorangehen und eine Vorbildfunktion einnehmen sollte.
Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang unter der Begrifflichkeit "einzelner EU-Staaten"?
Was wäre/ist von der politischen Handlungsfähigkeit der EU zu halten, wenn "einzelne" EU-Staaten eine europäische Lösung bezogen auf Fluchthilfe vereiteln können?
Sehen Sie Möglichkeiten gegen die egoistischen und nationalistischen Haltungen benannter EU-Staaten vorzugehen?
Wenn ja, welche Möglichkeiten erkennen Sie?
Deutschland hat in 2015 über 1 Million Flüchtlinge aufgenommen.
Könnte man hier nicht auch von einer Vorbildfunktion sprechen, die Deutschland eingenommen hat?
Wenn ja, hat diese Vorbildfunktion eine ähnlich gelagerte Mitwirkung anderer europäischer Staaten stimulieren können?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.
Nein, ich mache es mir bei der Betrachtung der Flüchtlingspolitik nicht einfach. Im Folgenden werde ich nun doch auf die für mich populistisch gestellten Fragen eingehen. Zum Ende auch auf Ihre Fragen. Doch Kern sozialdemokratischer Politik war es immer und wird auch immer bleiben, den Menschen zu helfen, die in Not sind und vor Krieg, Terror und Gewalt fliehen. Dieser Anspruch wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Staat für Flüchtlinge Geld ausgeben muss, um sie unterzubringen und zu integrieren. Unser Anspruch zu helfen wird ebenso durch begangene Straftaten von Flüchtlingen nicht geringer, auch wenn klar sein muss: Wer sein Gastrecht missbraucht muss mit Abschiebung rechnen.
Eine Statistik über die Straftaten bringt aber keine große Erkenntnis, da Flüchtlinge Straftaten begehen können, die Bundesbürger*innen nicht begehen können wie zum Aufenthaltsgesetz. Unabhängig davon zeigen die Statistiken, wenn man sie sich anschaut, ganz andere Zahlen als oftmals behauptet und vermutet.
Auch erhalten Flüchtlinge nicht leichter oder mehr Geld als andere Ausländer*innen oder Hartz-IV-Empfänger*innen. Ebenso haben Sie kein automatisches Bleiberecht. Die Frage der Abschiebungen ist nicht einfach zu beantworten, da spielen viele Faktoren eine Rolle wie Duldungen bei Flüchtlingen, die in der Ausbildung sind, medizinische Faktoren, aber auch Schwierigkeiten mit den Herkunftsländern. Bei Letzterem ist die Bundesregierung durchaus bemüht, Lösungen zu finden und hat bei einigen Staaten auch Ergebnisse erzielen können.
Auch wenn das von Herrn Haskamp genannte Saudi-Arabien wenige Flüchtlinge aufnimmt, so darf nicht übersehen werden, dass in Europa weniger als 10% der Flüchtlinge leben, die meisten in den armen Nachbarstaaten in den betroffenen Krisenregionen. Die internationale Staatengemeinschaft ist aufgerufen, hier mehr finanzielle Hilfe zu leisten, um den Menschen in den Lagern ein menschenwürdigeres Leben zu ermöglichen.
Vielleicht machen Sie sich die Mühe und schauen mal auf die Seite der UN-Flüchtlingshilfe: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/faktencheck/
Hier finden Sie auch zu den anderen gestellten Fragen weitere Informationen und Hinweise.
Sie fragen nach der "Begrifflichkeit einzelnen EU-Staaten", die sich einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik verwehren sowie den Konsequenzen.
Ich meine damit Staaten wie Polen und Ungarn aber auch Österreich und freue mich, wenn Länder wie Spanien und Frankreich hier unserem Beispiel folgen. Ungarn und Polen muss klar sein, wenn sie sich der gemeinsamen Verantwortung, die die EU hat, weiter verweigern, müssen sie mit Konsequenzen rechnen, die auch finanzieller Natur sein können. Ebenso muss über die Zukunft der EU nachgedacht werden, wenn wir an dieser humanen Frage scheitern. Ich weigere mich, tatenlos zuzusehen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken oder zum Beispiel im Lager auf Moria elendig untergebracht sind. Dieser Zustand ist eine Schande für unsere EU. Hier ist die EU als starkes Staatenbündnis gefordert, zu handeln.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Mützenich