Frage an Rolf Mützenich von Britta N. bezüglich Soziale Sicherung
Mit den aktuellen Plänen einer „Rechtsvereinfachung“ sollen die Hartz-IV-Leistungen zum 60. Mal verändert und verschärft werden. Die vom Verfassungsgericht angemahnten Nachbesserungen (Energiekosten, Elektrogeräte, Regelbedarfe, Brillen) blieben außen vor, auch die angekündigte Entschärfung der Sanktionen scheiterte. Stattdessen erfolgen richtungslose Schlechter- und Besserstellungen mit wenig durchdachten Änderungen wie z.B.
• Statt der Entschärfung bedrohender Sanktionen soll nun auch bestraft werden, wenn Hilfebedürftigkeit nicht verringert wird - eine weitere Sonderstrafe, die es in anderen Sozialleistungen nicht gibt. Fiktive „Was-wäre-wenn-Verläufe" führen in neue Rechtsunsicherheit.
• Wohnkosten sind schon jetzt der strittigste Bereich. Nun sind weitere Hürden mit einer tückischen Obergrenze für die Heizkosten vorgesehen, die zu einer „Rechtsverkomplizierung“ führen.
• Der Ausschluss von Azubis, Schülern und Studenten wurde großteils zurückgenommen - prima. Doch Studierende an Hochschulen in eigener Wohnung bleiben auf dem Weg „ganz nach oben“ ausgeschlossen. Zusätzlich wird für sie die Hilfe bei Mietschulden beseitigt.
• Hilfe in den vielen Notlagen wird für die Nothelfer unnötig erschwert. Überbrückungsdarlehen können nicht mehr abgetreten werden, weil mit der Pfändbarkeit auch die Abtretbarkeit von Alg-II-Leistungen beseitigt wurde.
Eine weitergehende kritische Gesamtkommentierung gibt es in der Bundestagsausschussdrucksache 18(11)484.
Hartz-IV-Bezieher wurden in der Vergangenheit vielfach abgestraft. Dieses Vorhaben verschärft den Rechtsruck von Menschen, die befürchten, mit der Flüchtlingswelle weiter an den Rand gedrückt zu werden. Gefragt ist eine hohe soziale Sensibilität der Politik.
In wie weit teilen Sie diese Bedenken? Was können Sie ggf. tun, um neue Schlechterstellungen oder Verschärfungen für die Betroffenen zu verhindern?
Sehr geehrte Frau Neufeldt,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie beziehen sich in Ihrer Kritik und Ihren Bedenken auf einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, welcher noch nicht dem Bundestag für eine Lesung vorliegt, sondern zunächst in den betreffenden Ausschüssen und Gremien beraten wird. Ich bin überzeugt davon, dass die zuständigen Arbeits- und Sozialpolitiker unserer Bundestagsfraktion dieses Gesetz sehr kritisch betrachten und darauf achten werden, dass es zu keinen Verschärfungen bei den Regeln und Anforderungen für Hartz IV-Bezieherinnen und -bezieher kommen wird.
Wir haben im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart, dass die Regularien im SGB II vereinfacht werden, hierzu bietet die Vorlage einige gute Ansätze. Dennoch müssen wir aufpassen, dass nicht auf einmal Einzelfälle schlechter gestellt oder von Förderungen ausgeschlossen werden, wie Sie befürchten. Auch dürfen wir nicht zulassen, dass die unterschiedlichen Schichten unserer Gesellschaft gegeneinander ausgespielt werden. Daher halten wir als SPD-Bundestagsfraktion am Mindestlohn für ALLE fest und erteilen anderslauteren Forderungen der Union hier eine klare Absage.
Unsere Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat dafür gesorgt, dass in den letzten zwei Jahren sich wieder der Förderung von Langzeitarbeitslosen angenommen wird. Hierzu wurden unter anderem erforderliche Mittel von 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Auch dies dient dazu, die Lage von Menschen mit Hartz IV zu verbessern.
Die SPD-Bundestagsfraktion will Hartz IV-Bezieher besser stellen, nicht schlechter. Dazu gehört neben der Schaffung von mehr Arbeit, die bessere Förderung von Langzeitarbeitslosen, die Schaffung von mehr sozialem Wohnraum und auch die durch das Gesetz angestrebte Vereinfachung des Bürokratieaufwandes für beide Seiten. Den hilfsbedürftigen Menschen muss schneller und ohne große Hürden geholfen werden. Eine Verschlechterung ihrer sozialen Situation darf es nicht geben, da stimme ich mit Ihnen völlig überein.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Mützenich