Frage an Rolf Mützenich von Ulrich S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Mützenich,
wir Sport- und Privatflieger appellieren an die Vernunft und das Demokratieverständnis unserer Politiker, denn wir ersticken aktuell in völlig groteskem Bürokratenwahn.
Wir Sportflieger sind doch nur so etwas wie "harmlose Radfahrer der Luft".
Natürlich kann theoretisch jederzeit auch ein betrunkener Radfahrer mitten in der Nacht durch einen plötzlich erlittenen Schlaganfall eine schreckliche Massenkarambolage verursachen.
Wer käme aber auf die völlig absurde Idee, deshalb prinzipiell bei allen Radfahrern einen regelmäßigen, bis über 1000,- Euro teuren und totalen Gesundheits-check anzuordnen nur um zu verhindern, dass vielleicht einer von Ihnen infolge einer Kolik, plötzlicher Kopfschmerzen oder ähnlicher gesundheitlicher Unvorhersehbarkeiten die Allgemeinheit schädigt und mit dieser wirklich verrückten Begründung das "überaus gefährliche Radfahren" zunächst einmal prinzipiell zu verbieten?
Genau diese, uns nur gängelnde Behördenwillkür, aber wird genauso an uns - erwiesen harmlosen – Segelfliegern, Sport- und Privatfliegern derzeit regelmäßig und in ganz großem Stil vollzogen.
Der Irrsinn nennt sich "JAR-FCL 3 deutsch"
und wurde uns vom BMVBW - nach Falschübersetzung aus dem Englischen - rücksichtslos einfach verordnet.
Viele Piloten wurden trotzt langjähriger und großer Flugerfahrung, ohne je irgendwelche Gesundheitlichen Probleme gehabt zu haben, nach Einführung dieser neuen Regeln mit einem Mal für Fluguntauglich erklärt, ohne dass sich an ihrem Gesundheitszustand irgend etwas geändert hätte.
Selbst eine Grippeimpfung oder simple Schwangerschaft führt nach wortwörtlicher Auslegung dieses irrealen Schwachsinns zu sofortigem Ruhen der Pilotenlizenz!
Die staatlichen Forderungen an die Gesundheit eines z.B. über 60-jährigen Segelfliegers sind in Deutschland - weltweit einmalig ! - durchaus vergleichbar mit jenen, die an einen jungen und gesunden Jumbo-Kapitän oder an einen Kampfjetpiloten gestellt werden, so eine Art "Marsflugtauglichkeit", die kaum einer in diesem Alter mehr erbringen kann. Die alten, erfahrenen Funktionsträger in unseren Vereinen drohen daher auszusterben und für die Jüngeren wird es einfach zu teuer ( bis 1200.- Euro für eine Erstuntersuchung! ), weil sie neuerdings eine perfekte - und damit völlig übertriebene - Gesundheit nachweisen müssen.
Wir empfinden dies als eine kulturlose, zutiefst misstrauische, ja überaus groteske Rücksichtslosigkeit gegenüber Minderheiten, welche zudem in ihrer Maßlosigkeit gegen bestehende Gesetze (BGG und OBG) verstößt, aber dennoch gegen alle Vernunft und Sachlichkeit von deutschen Behörden eisern verteidigt wird, obwohl dieser pure Unfug - durch wissenschaftliche Untersuchungen klar bewiesen - keinerlei ( NULL ! ) Sicherheitsgewinn bringt!
Aus diesen Gründen gibt es so etwas in den USA überhaupt nicht!
Auch müssen alle Sport- und Privatpilotenpiloten sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG durch eigenen Antrag unterziehen.
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern,
die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben?
Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem ein Terroranschlag ausging.
Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar,
kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernen Bürger gemacht?
Das Flugverbot über dem Zentrum von Berlin ist noch so ein typischer, völlig populistischer und sinnloser Akt, zumal bereits vor dem Selbstmord neben dem Reichstag, in den Luftraum über Berlin nur mit Freigabe der Flugsicherung eingeflogen werden durfte.
Es impliziert die merkwürdige Vorstellung, dass ein Terrorist sich durch ein unsichtbares Verbotsschild abschrecken lässt.
Sind unsere führenden Regierungsvertreter inzwischen mehr beeinflusst von
psychisch Kranken (Motorseglerpilot über Frankfurt) und Selbstmördern (Absturz neben dem Reichstag),
als von normalen Bürgern (Sportpiloten), die nicht mehr gehört werden?.
Was ist eine freiheitliche Demokratie noch wert,
wenn sie so mit ihren Minderheiten umgeht?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend abschafft?
Was werde Sie, als unser künftiger Abgeordneter, dagegen tun?
Welche Antwort von Ihnen darf ich zu diesem Thema
an meine Vereinskameraden weitergeben?
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Sons
Sehr geehrter Herr Sons,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Da mir der von Ihnen beschriebene Sachverhalt unbekannt ist, habe ich mich an einen zuständigen Fachkollegen gewendet, der mir folgende Stellungnahme des LGA hierzu übermittelt hat:
"Neben dem ICAO Abkommen sind in der jüngeren Vergangenheit weitere internationale Abkommen vereinbart worden, so auch die Regelungen der JAR-FCL. Diese weisen jedoch die Besonderheit auf, dass sie in das jeweils bestehende Rechtsgefüge der einzelnen am Abkommen beteiligten Staaten eingearbeitet werden müssen. Dieses "Einarbeiten" bedingt die Berücksichtigung anderer schon bestehender nationaler Rechtsvorschriften, die mit den einzuarbeitenden möglicher Weise in eine schädliche Konkurrenz treten könnten. Zur Verdeutlichung sei angemerkt, dass die Regelungen der JAR-FCL auf denen der ICAO basieren und daher nicht im Widerspruch zu diesen stehen.
Schon seit Bestehen des ICAO-Abkommens im Jahre 1944 wird dort im Bereich der Regelungen zur Feststellung der Tauglichkeit von Luftfahrtpersonal die Übermittlung sämtlicher Ergebnisse und Details der flugmedizinischen Untersuchung eines jeden Bewerbers um ein Tauglichkeitszeugnis an die für die Lizenz verantwortliche Behörde festgeschrieben. Eine solche Übermittlung detaillierter flugmedizinischer Informationen findet zum Beispiel bei der FAA in Amerika oder CASA in Australien ausnahmslos statt. Das Ziel dieser Übertragungen medizinischer Daten ist auch nicht ein "totaler medizinischer Überwachungsstaat", sondern resultiert aus der juristischen Verantwortung der Behörde für die Rechtmäßigkeit sowie Rechtskonformität der erteilten Lizenzen. Sie ist auch Grundlage der Berechtigung eines Luftfahrers, der im Besitz einer ICAO-Lizenz ist, die nationalen Hoheitsgrenzen in einem Luftfahrtzeug zu überwinden, ohne zuvor dafür mit jedem Staat dessen Luftraum durchflogen wird einzeln um Erlaubnis zu bitten. Die Rechtsgrundlagen zur Beurteilung der Tauglichkeit von Luftfahrtpersonal umfassten vor der Einführung von JAR-FCL in der Bundesrepublik Deutschland mit Datum vom 01.05.2003 unter anderem die folgenden Rechtsvorschriften:
- § 24 a der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung mit den entsprechend zugehörigen Tauglichkeitsrichtlinien Luftverkehrsordnung § 1 Absatz 3 "Wer in Folge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschenden Mittel oder in Folge geistiger oder körperlicher Mängel in der Wahrnehmung der Aufgaben als Führer eines Luftfahrzeuges oder sonst als Mitglied der Besatzung behindert ist, darf kein Luftfahrzeug führen und nicht als anderes Besatzungsmitglied tätig sein."
Diese Vorschriften bedingten die Durchführung von flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen in regelmäßigen zeitlich festgelegten Intervallen, durchgeführt nach den medizinischen Kriterien, die in den Tauglichkeitsrichtlinien festgeschrieben waren. Die Tauglichkeitsuntersuchungen dienen der Feststellung der Zuverlässigkeit und Tauglichkeit eines Luftfahrers zum Zeitpunkt der Untersuchung und darüber hinaus prognostisch für das sich anschließende Tauglichkeitsintervall. Die letztere Beurteilung kann selbstverständlich nur eine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung bezüglich des Auftretens von Erkrankungen bei einem Luftfahrer sein, die die Flugsicherheit beeinträchtigen. Damit auch im Tauglichkeitsintervall gewährleistet wird, dass ein erkrankter Luftfahrer nicht am Luftverkehr teilnimmt, existierte und existiert weiterhin die Regelung des § 1 Absatz 3 der Luftverkehrsordnung. Die dort gewählte Formulierung ist so allgemein gefasst, dass auch ein Luftfahrer mit einer "banalen" Erkältung nicht am Luftverkehr teilnehmen kann. Bedauerlicher Weise ist die Existenz dieser Rechtsgrundlage in Fliegerkreisen bisher weitgehend unbekannt gewesen und führte zu der irrigen Annahme, jeder Luftfahrer könnte weiterhin die Rechte seiner Lizenz ausüben, obgleich innerhalb der Gültigkeitsdauer seines Tauglichkeitszeugnisses eine schwerwiegende Erkrankung, wie zum Beispiel ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall, eine Tumorerkrankung, etc. aufgetreten waren. Stellt man einen Vergleich der ehemaligen Tauglichkeitsrichtlinien mit den neuen Tauglichkeitsanforderungen der JAR-FCL 3 deutsch an, stellt man rasch fest, dass die Inhalte dieser Anforderungen an den Gesundheitsstatus eines Luftfahrers sich nur unwesentlich verändert haben, oftmals sogar Erleichterungen eingeführt wurden, insbesondere was den Umfang von Tauglichkeitsuntersuchungen, deren Untersuchungstiefe oder die Frequenz von besonderen zusätzlichen Untersuchungen, wie zum Beispiel die augenärztliche Untersuchung, anbelangt.
Zweifelsfrei sind die Tauglichkeitsanforderungen in den JAR-FCL 3 deutsch deutlich präziser formuliert worden, als dies in den alten Tauglichkeitsrichtlinien der Fall war, was nicht zur Folge hat, dass die Tauglichkeitsanforderungen verschärft oder der Ermessensspielraum des untersuchenden Fliegerarztes geschmälert wurden. Wie ist sonst zu deuten, dass auch schon unter den Tauglichkeitsrichtlinien zum Beispiel ein Asthma, ein Bluthochdruck, eine Operation im Bereich des Bauches, eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Lunge durch akute oder chronische Erkrankungen etc. mit der Untauglichkeit verbunden war? Der in Fliegerkreisen so häufig genannte "banale" grippale Infekt mit Kopf und Gliederschmerzen, Rhinitis, Sinusitis und damit verbundener Belüftungsstörung der Nasennebenhöhlen, Husten oder Magen-Darm-Beschwerden mit Übelkeit oder Durchfall bewegt die überwiegende Anzahl der betroffenen Menschen dazu einen Hausarzt aufzusuchen und um Rat und Hilfe zu fragen. Dieser wird oftmals aufgrund der erheblichen Allgemeinsymptomatik eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für einen gewissen Zeitraum ausstellen. Ist der, der ärztlich gesehen nicht zur Arbeit gehen kann, trotzdem weiterhin fliegertauglich für die von ihm zu leistende anspruchsvolle Betätigung mit der damit verbundenen Verantwortung? Macht es nicht Sinn in solchen Fällen zu fordern, dass auch der betreuende Fliegerarzt um Rat gefragt wird und mit diesem zusammen eine Entscheidung getroffen wird, ob ein Tauglichkeitszeugnis uneingeschränkt Gültigkeit besitzt? Macht es nicht Sinn, dass auch die Fliegertauglichkeit ruht, solange der Infekt akut ist und die Symptome bestehen?
"(...) Ist ein Luftfahrzeugführer, der Übelkeit möglicherweise mit Brechreiz aufweist in der Lage verantwortlich ein Luftfahrzeug zu steuern? Sollte eine schwangere Frau im fortgeschrittenen Schwangerschaftsverlauf unter einer üblicherweise auftretenden Anämie ohne weiteres auch noch die Sauerstoffversorgung des Körpers durch Höhenaufstieg verschlechtern? Macht es nicht Sinn, die Schwangeren in Verbindung mit dem behandelnden Frauenarzt und dem Fliegerarzt zu betreuen und je nach Schwangerschaftsverlauf eine fliegerische Betätigung gewähren, sofern dies ärztlich vertretbar erscheint? (...) Ist es im Zusammenhang mit den genannten Erkrankungen oder Besonderheiten wirklich sinnvoll eine Unterscheidung zwischen Berufs- und Privatpiloten zu machen? Erleben Privatpiloten Erkrankungen anders als Berufspiloten? Sind diese dort weniger stark ausgeprägt? Und wie passt das mit der Tatsache zusammen, dass Privatpiloten in der Regel keinen Co-Piloten mitführen, Verkehrspiloten aber üblicherweise zu zweit fliegen. Müssten aus dieser rein fachlichen Betrachtung bei gleichem medizinischen Risiko die Anforderungen an Luftfahrer, die *Single Pilot" fliegen, nicht höher sein, als die für eine Mehrmannbesatzung? Betrachtet man die Rechtsgrundlagen, die bis zu der Einführung von JAR-FCL in der Bundesrepublik Deutschland Gültigkeit hatten, insbesondere die Regelungen des § 1 der Luftverkehrs-Ordnung, so war tatsächlich bei jeder noch so kleinen Erkrankung eine aktive fliegerische Betätigung de facto ausgeschlossen. Nach Einführung von JAR-FCL ist der verantwortliche Umgang mit Erkrankungen, die während eines Gültigkeitsintervalls eines bestehenden Tauglichkeitszeugnisses auftreten auf die Luftfahrer delegiert worden. Diese Delegierung entbindet den Luftfahrer, der in der Regel als medizinischer Laie betrachtet werden muss, natürlich nicht von seiner Verpflichtung, die Bedeutung der aufgetretenen Erkrankung bezüglich der Flugtauglichkeit mindestens mit dem betreuenden Fliegerarzt zu klären. Darüber hinaus wurde für Erkrankungen, bei denen man eine erhebliche Beeinflussung der Flugsicherheit unterstellen muss, eine Meldeverpflichtung etabliert. Grundsätzlich muss jedoch festgehalten werden, dass es bei objektiver Betrachtungsweise nicht zu einer Verschärfung der Anforderungen an Luftfahrzeugführer nach Einführung von JAR-FCL gekommen ist. Sicherlich sind mit den neuen Regelungen viele Dinge präzisiert worden, so dass sie leichter und eindeutiger zu verstehen sind. (...) Bedauerlicherweise ist die Unterstellung, dass JAR-FCL zur vollständigen medizinischen Überwachung von Luftfahrzeugführern führt eine in Fliegerkreisen weit verbreitete Fehlinformation. Abweichend zu den Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland mit dem Beitritt zum ICAO Abkommen und auch mit der Zusage zur Umsetzung von JAR-FCL eingegangen ist, werden in der Bundesrepublik Deutschland lediglich die in § 24 b der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung eindeutig definierten medizinischen Daten und Einzelbefunde in e iner zentralen Luftfahrerdatei aufgenommen. Diese umfassen in jedem Fall die Informationen, die auf dem Tauglichkeitszeugnis vermerkt sind. Sollte der untersuchende Fliegerarzt eine Auflage in Form einer Sehhilfe oder eine Auflage in Form einer Verkürzung der Gültigkeitsdauer eines Tauglichkeitszeugnisses unter die vorgesehene Gültigkeitsdauer vornehmen, so ist er verpflichtet, mit medizinischen Befunden, diese von ihm eingetragenen Auflagen zu begründen. Dies bedeutet, dass medizinische Daten nur dann übertragen werden, wenn der Fliegerarzt eine Brille verpflichtend auferlegt bzw.das Tauglichkeitszeugnis in seiner normalen Laufdauer verkürzt. Eine darüber hinaus gehende Übertragung medizinischer Daten findet nicht statt. Somit werden in der zentralen Luftfahrerdatei zum Beispiel nicht gespeichert: Haarfarbe, Augenfarbe, Rauchgewohnheiten, Medikamente, Blutdruck, EKG, Untersuchungsbefunde des Herzens, des Bauches, der Wirbelsäule, der Haut, etc. . Diese Informationen verbleiben ausschließlich bei dem die Untersuchung durchführenden Fliegerarzt.
Wir hoffen Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben und verbleiben Mit freundlichen Grüßen -im Auftrag Dr. med. A. Kirklies"-
In der Hoffnung, Ihnen damit geholfen zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Rolf Mützenich