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Rolf Mützenich
SPD
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Frage von Jay S. •

Frage an Rolf Mützenich von Jay S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Mützenich,

auch Sie möchte ich gerne zur Situation in Syrien und im Irak folgende Fragen stellen.

1.Wie kann der Westen eine neue irakische Regierung unterstützen, um eine Zusammenarbeit der Kurden, Sumniten und Schiiten wiederherzustellen?
2.Würden Sie humanitäre Hilfe für den Irak und auch Hilfe bei der Infrastruktur begrüßen? Wäre die Bundeswehr oder die Eu-Staaten in der Lage eine "Luftbrücke" zur Hilfe der Zivilisten einzurichten?
3. Sind Sie auch dafür, dass die Regierung z.B. die Türkei, Saudi-Arabien und Katar dazu drängt keine Waffen mehr an die ISIS zu liefern bzw. zu verhindern das die ISIS an Waffen gerät?
4. Welche Vorschläge hat Minister Müller zur Unterstützung der Menschen in Syrien und Irak?
5. In wie weit könnte der Iran bei der Bekämpfung der Isis genutzt werden? Logischerweise hat der Iran Interessen und Einflüsse in Syrien und Irak?
6. Was halten Sie von einem UN-Mandat und eine Einbindung aller UN-Vetomächte?

Waffenlieferungen alleine und ohne eine Vorstellungen wie es in der Konfliktsituation weitergeht und welche Auswirkungen diese haben können, halte ich für falsch. Dieses Thema ist auf jeden Fall zu ernst und zu wichtig, um es den PR-Aktionen und den geschmacklosen Scherzen von Frau von der Leyen zu überlassen.

Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen

Scharff

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Sehr geehrter Herr Scharff,

ich habe den Waffenlieferungen an die Kurden im Irak zugestimmt. Anbei übersende ich Ihnen die Erklärung, die ich hierzu mit einigen Kollegen nach § 31 abgegeben habe.

"Erklärung nach §31 GO

Wir sehen mit großer Sorge die Verschärfung der sicherheitspolitischen und der humanitären Lage insbesondere im Norden des Iraks. Nach neuesten Zahlen der Vereinten Nationen sind mittlerweile über 1,7 Millionen Menschen auf der Flucht, davon ca. 1 Million im Gebiet der kurdischen Regionalregierung.

Wir begrüßen ausdrücklich, die umfängliche humanitäre Nothilfe der Bundesregierung für die Flüchtlinge, die unter schwierigsten Bedingungen ihre Heimat verlassen mussten und zum Teil nur ihr Leben retten konnten. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung mit ca. 50 Millionen Euro diese Menschen unterstützt und eine weitere substantielle Aufstockung dieser Mittel in Aussicht gestellt hat. Wir unterstreichen die bereits im Entschließungsantrag angesprochene Notwendigkeit, dass Deutschland und seine europäischen Partner großzügig bei der Aufnahme von Flüchtlingen sein sollen.

Die Bundesregierung hat nach einem verantwortungsvollen Abwägungsprozess über die humanitäre Hilfe hinaus beschlossen, auch Waffen zur Verteidigung gegen die militärisch überlegenen Truppen der ISIS in Absprache mit der Zentralregierung in Bagdad und in Abstimmung mit Deutschlands Partnern an die kurdische Regionalregierung zu liefern. Wir betrachten die Lieferung von Waffen mit großer Skepsis, da sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt in einem innerirakischen Konflikt zwischen den drei großen Volksgruppen zum Einsatz gebracht werden könnten oder an andere Gruppen missbräuchlich gelangen könnten. Allerdings anerkennen wir auch, dass die Bundesregierung die Augen vor diesen potentiellen Gefahren nicht verschließt, sondern bei ihren Entscheidungen einbezogen hat und entsprechende Maßnahmen (u.a. Endverbleibsregelung mit der kurdischen Regionalregierung) getroffen hat.

Die Bundesregierung hat aufgrund einer außergewöhnlichen außen- und sicherheitspolitischen Lage eine Einzelentscheidung getroffen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Paradigmenwechsel. Die Grundsätze der deutschen Rüstungsexportpolitik, keine Waffen in Spannungsgebiete zu liefern, bleiben der Eckpfeiler deutscher Exportpolitik.

Trotz unserer großen Skepsis gegenüber diesen Waffenlieferungen anerkennen wir, dass der Schwerpunkt deutscher und internationaler Politik auf der politischen Regelung des Konfliktes im Irak liegt. Es ist unserer Ansicht nach wesentlich, dass der designierte irakische Ministerpräsident eine Regierung bilden will, in denen alle großen Volksgruppen des Iraks repräsentiert sind. Dies würde auch die Chance erheblich vergrößern, dass die sunnitischen Stämme, die sich aufgrund der politischen Diskriminierung durch die Vorgängerregierung Maliki der ISIS angeschlossen haben, sich wieder von ISIS abwenden und ihr die Unterstützung entziehen. Die Bundesregierung muss diesen politischen Prozess gemeinsam mit ihren Partnern aktiv unterstützen.

Wichtig ist darüber hinaus, dass auch wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen – wie in der Resolution des UN-Sicherheitsrates vom 15.8.2014 aufgeführt - gegen ISIS und ihre Unterstützer umgesetzt werden.

Darüber hinaus ist wesentlich, dass eine politische Strategie für die Region des Nahen und Mittleren Ostens gemeinsam mit den Regierungen vor Ort aufgesetzt wird. Deutschland will hierzu auch im Rahmen seines G7-Vorsitzes weitere Initiativen starten, was wir ausdrücklich unterstützen.

Nach Abwägung all dieser Umstände stimmen wir dem vorgelegten Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zu, wenngleich wir weiterhin sehr skeptisch gegenüber den beschlossenen Waffenlieferungen bleiben."

Zu ihren übrigen Punkten: Ja, es muss alles getan werden, die Türkei, Katar und Saudi-Arabien dazu zu bringen, ihre Unterstützung einzustellen. Der Iran ist ein wichtiger Partner, der dringend eingebunden werden muss. Dies wird derzeit auch versucht. Ein UN-Mandat wäre grundsätzlich zu begrüßen, scheitert aber derzeit an den Vetomächten Russland und China.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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