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Rolf Mützenich
SPD
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Frage von Asiye E. •

Frage an Rolf Mützenich von Asiye E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Mützenich,

heute habe ich eine Mail erhalten mit dem Aufruf zum Protest wg. der sog. Abschaffung des Optionszwangs. Ich finde die dort aufgeführten Argumente gut und nachvollziehbar.
Nicht nachvollziehbar ist die Position der SPD, die damit eine scheinbare Lösung herbeiführt, tatsächlich aber den doppelten Maßstab beibehält. Ich kann mich an andere Töne vor der Wahl erinnern, was letztlich auch dazu geführt hat, dass Sie (auch mit meiner Stimme) gewählt wurden.
Deshalb möchte ich Sie um Ihre persönliche Haltung dazu fragen.
- Ist dies eine für Sie akzeptable Lösung?
- Wird dies auch innerhalb der SPD weiter thematisiert?
- Wird damit nicht eine Gleichheit Aller weiter ausgehöhlt?
- Ist für Sie eine weitere Überarbeitung denkbar?
- ich habe diese Anfrage bewusst nicht unter dem Thema INTEGRATION benannt, weil es mir damit zu sehr marginalisiert und tendenziell behandelt wird. Geht es hierbei nicht auch um grundsätzliche Fragen?

Mit freundlichen Grüßen

Asiye Eroglu

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Eroglu,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Abschaffung der Optionspflicht. Wir als SPD setzen uns seit Jahren für die doppelte Staatsbürgerschaft ein und wollen die Optionspflicht, an der Union und FDP lange festgehalten haben, nach wie vor abschaffen. In den Koalitionsverhandlungen mit der Union haben wir bis zuletzt in harten Runden verhandelt und konnten quasi in letzter Minute einen Kompromiss erarbeiten. Dieser Kompromiss sieht laut Koalitionsvertrag vor, dass „für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern in Zukunft der Optionszwang (entfällt) und die Mehrstaatigkeit akzeptiert (wird)“. Zu diesem Kompromiss stehen wir und wollen diesen so bald wie möglich umsetzen. Die gesetzliche Umsetzung liegt hierbei in den Händen des zuständigen Bundesinnenministers de Maiziere von der CDU.

Unserer Auffassung nach ist die Abschaffung der Optionspflicht nur gerecht und beseitigt ein großes Integrationshemmnis für viele junge Menschen. So hat die Integrationsministerkonferenz im März 2013 festgestellt, „dass die bestehende Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz und die daraus folgenden komplizierten Regelungen (…) aus integrationspolitischer Sicht kontraproduktiv sind.“ Weiter hat eine Einbürgerungsstudie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von 2011 ermittelt, dass sich 88 Prozent der Optionspflichtigen, die sich seit 2008 bereits entschieden haben, für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden haben. Dieselbe Studie sagt aber auch aus, dass zwei Drittel der betroffenen jungen Menschen gerne beide Staatsbürgerschaften behalten hätten. Dies verdeutlicht, in welche Loyalitätskonflikte das alte Optionsmodell die jungen Menschen stürzt. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern die Zahl der betroffenen „Optionskinder" der Jahrgänge 1990 bis 2010 summiert sich auf fast eine halbe Million junger Menschen zwischen 18 und 23 Jahren.

Ungeachtet dieser Diskussion erlaubt jede zweite Einbürgerung schon heute einen doppelten Pass, nämlich bei den Menschen, welche einen Schweizer oder einen EU-Pass besitzen. Durch diese Tatsache verkommt das alte Einbürgerungsrecht mit der Optionspflicht zu einem Zwei-Klassen-Einbürgerungsrecht. Diesen Umstand empfinden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten als ungerecht- Deshalb wollen wir die Optionspflicht perspektivisch nach wie vor abschaffen und damit für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft sorgen.

Wir müssen aber auch akzeptieren, dass wir in der Großen Koalition nicht alle unsere Ziele erreicht haben, auch in diesem Punkt konnten wir uns nicht zu 100 Prozent durchsetzen. Auch wenn uns mit diesem Kompromiss ein erster Erfolg und ein großer Schritt in die richtige Richtung gelungen ist, werden wir weiter für die doppelte Staatsbürgerschaft kämpfen.

In der Hoffnung, Ihre Frage damit beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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