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Rolf Mützenich
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Frage von Günther H. •

Frage an Rolf Mützenich von Günther H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Mützenich,

hier meine Frage:

Sollen Eurobonds eingeführt werden?

Deutschland als Gesamtschuldner bereitet mir als erhebliche Bauchschmerzen, Ihre Befindlichkeit hierzu interessiert mich.

Mit freundlichen Grüßen
Günther Herrmann
Oberamtsrat a.D.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Herrmann,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich kann Ihre Sorgen und Bauchschmerzen nicht nur gut verstehen, sondern teile sie auch. Wie Sie wissen, hat die SPD ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Unterstützung der Euro-Rettungspläne der Regierung erklärt, aber weitere Aufklärung über Details verlangt. Im Mittelpunkt steht die Frage der Parlamentsbeteiligung und die Einbindung des Finanzsektors.

Was die Frage der Einführung von Eurobonds anbelangt sehe ich auch die Gefahr, dass deutsche Steuerzahler für Schulden derjenigen mit haften, die zuvor über ihre Verhältnisse gelebt haben. Andererseits könnte die Einführung von Eurobonds ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der Märkte sein. Parallel dazu müsste man dann jedoch m.E. auch ein Anreizsystem für verschuldete Euroländer geschaffen werden, das strikte Haushaltsdisziplin belohnt.

Die Haltung der SPD haben Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier in einem gemeinsamen Brief an die Bundeskanzlerin deutlich gemacht. Dort werden u.a. folgende Punkte benannt:

1. Die Gläubiger von Griechenland werden auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen. Im Falle Griechenlands ist eine Umschuldung unausweichlich geworden. Über die Möglichkeit, Anleihen mit einem Abschlag vom Nennwert zurückzukaufen, kann das Land eine erhebliche Entlastung von untragbaren Zinskosten realisieren. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass sich die davon betroffenen Banken und Versicherungen refinanzieren können.

2. Wir brauchen eine limitierte Gemeinschaftshaftung der gesamten Euro-Zone für die Anleihen ihrer Mitglieder. Sie ist erforderlich, um auf Dauer eine Beruhigung der Finanzmärkte zu bewirken. Über intelligente Modelle kann ein Teil der Schuld gemeinschaftlich besichert werden, während exzessive Verschuldung weiter im nationalen Risiko verbleibt.

3. Wir müssen den betroffenen Staaten eine Perspektive für das Wiedererstarken ihrer Wirtschaft geben. Wir brauchen ein Europäisches Modernisierungs- und Wachstumsprogramm. Ohne Unterstützung durch die Europäische Union wird Griechenland nicht auf die Beine kommen.

4. Wir brauchen die Finanztransaktionssteuer. Sie dämmt auch spekulative Finanzgeschäfte ein. Vor allem aber leistet damit der Finanzsektor einen Beitrag zur Bewältigung der Krise, an der viele Marktteilnehmer lange gut verdient haben. Und wir müssen endlich die Regulierung der Finanzmärkte beherzt angehen.

5. Wir brauchen mehr statt weniger Europa. Auf Dauer kann eine Währungsunion nicht ohne eine enge Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen funktionieren.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns deshalb vom Beginn der Euro-Krise an dafür eingesetzt, die notwendigen Sparmaßnahmen in den betroffenen Mitgliedsländern der Eurozone zu verbinden einer strikteren Regulierung der Finanzmärkte, wirksamen Entschuldungsprogrammen und Wachstumsimpulsen. Finanziert nicht durch immer höhere Beiträge der EU-Mitgliedsstaaten, sondern durch eine „Umsatzsteuer“ an den Finanzmärkten (Finanztransaktionssteuer). Wir wollen damit zugleich den Geburtsfehler des Euro beheben: das Fehlen einer koordinierten Finanz- und Wirtschaftspolitik in der gemeinsamen Währungszone. Dieses starke Signal hätte die Spekulationen der Finanzmärkte eingedämmt und nicht nur die betroffenen Mitgliedsländer stabilisiert, sondern Europa insgesamt.

In der Hoffnung, Ihre Frage damit beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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