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Rolf Mützenich
SPD
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Frage von Martin F. •

Frage an Rolf Mützenich von Martin F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Mützenich,

es hat mich sehr gefreut, Ihre Rede heute vor dem Deutschen Bundestag zum Thema Libyen zu sehen und wie Sie die passive Haltung der Bundesregierung kritisiert haben. Es ist sehr traurig, in welcher Weise sich die Bundesregierung in dieser Frage öffentlich positioniert hat. Nur den Initiativen anderer Länder ist es nun zu verdanken, daß die Unterdrückung der Bevölkerung in Libyen vielleicht in absehbarer Zeit beendet werden kann.
Was glauben Sie, wie die nächsten Schritte aussehen sollten, die Europa gemeinsam unternehmen kann, um auch auf der südlichen Seite des Mittelmeeres die Entstehung stabiler Demokratien zu fördern?
Wie könnte eine kooperative Zusammenarbeit mit diesen Ländern aussehen, um dieses Ziel zu unterstützen und eine Annäherung der Kulturen zu erreichen?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fechner,

vielen Dank für Ihren Zuspruch, über den ich mich sehr gefreut habe. Ich halte es in der Tat nach wie vor für einen Fehler, dass sich die Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat mit ihrer Enthaltung ohne Not isoliert hat. Eine Zustimmung hätte eben nicht bedeutet – wie Außenminister Westerwelle glauben machen möchte – dass sich Deutschland auch an den Bombardierungen oder gar der Entsendung von Bodentruppen hätte beteiligen müssen. Mit ihrer Haltung hat sich die Bundesregierung nicht nur international isoliert, sondern sich auch ihrer Einflussmöglichkeiten in NATO und EU beraubt. Es kommt jetzt weniger auf internationale Prestigefragen und Hahnenkämpfe an, sondern es muss vor allem darum gehen, gemäß der UN-Resolution einen Waffenstillstand und die Flugverbotszone durchzusetzen. Der Schutz von Zivilpersonen muss an erster Stelle stehen.

Wichtiger ist jedoch der zweite Teil Ihrer Frage. In der Tat sollte man über die Ereignisse in Libyen nicht die gesamte Entwicklung in der arabischen Welt aus den Augen verlieren, die durchaus Anlass zur Hoffnung gibt. Ägypten und Tunesien haben jedoch schon jetzt im ganzen Nahen Osten ein Signal gesetzt, von Algerien über Libyen bis nach Bahrein. Das tunesische Volk hat mit dem Sturz von Präsident Ben Ali und seiner Regierungspartei den Präzedenzfall für den arabischen Raum geschaffen. Es hat das Vorurteil, arabische Staaten seien nicht demokratiefähig, endgültig widerlegt.

Die Europäische Union hat Tunesien und Ägypten ihre Hilfe angeboten. Dafür muss sie neue Instrumente und Strategien entwerfen. Fast alle Staaten rund um das Mittelmeer und die 27 EU-Mitglieder haben 2008 die „Union für das Mittelmeer“ ins Leben gerufen. Dieses Forum hat die hohen Erwartungen bislang nicht erfüllt. Die politische Blockade der „Union für das Mittelmeer“ muss nun aufgelöst werden zugunsten der Förderung von konkreten Kooperationsprojekten und der Förderung eines demokratischen und sozialen Rechtsstaatsmodells in den südlichen Mittelmeeranrainern. Dringend notwendig ist eine Neuausrichtung der Europäischen Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union gegenüber Nordafrika und dem Nahen Osten. Ein Schwerpunkt muss dabei auf der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Bürgergesellschaft liegen. Und die EU muss ihren Agrarmarkt für Produkte aus Nordafrika und Nahost weiter öffnen. Europa braucht eine langfristige Politik der Demokratieförderung. Und wir müssen es den arabischen Staaten ermöglichen, die ökonomischen Bedürfnisse ihrer jungen Bevölkerungen zu befriedigen.

Auch im Bereich der kontrollierten Einwanderung sollte die EU Angebote machen, die jungen Menschen aus der Region Zugang zu Bildung und Ausbildung bieten. Die restriktive Visa-Politik der Union setzt hier ein falsches Zeichen. Zudem dürfen die Südländer nicht mit der Flüchtlingsproblematik allein gelassen werden. Wenn die Bundeskanzlerin langfristig politische Flüchtlinge in Deutschland nicht aufnehmen möchte, muss sie jetzt beim Aufbau demokratischer Gesellschaften vor Ort mitwirken, um den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive zu bieten. Das ist die beste Flüchtlingspolitik.

In der Hoffnung, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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