Rolf Geffken
DIE LINKE
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Frage von Renate G. •

Frage an Rolf Geffken von Renate G. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Dr. Geffken,

immer wieder bekomme ich im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit mit, dass dem Bürger die Ausübung eines Rechtes zum Nachteil ausgelegt wird. Das geschieht nicht selten dann, wenn der mit dem Vorgang befasste Amtsträger nicht "wie gewohnt" vorankommt.

Ein Beispiel: Erst kürzlich las ich in einem behördlichen Gutachten folgende Passage über einen Patienten, der von seinem Recht, weiterhin auf die Schweigepflicht seiner behandelnden Ärzte Wert zu legen, Gebrauch machte und dem deswegen unterstellt wurde, dass er eingereichte Befunde dadurch gleichsam zensiert habe:

"Schweigepflichtsentbindungen für die behandelnden Ärzte zu einer direkten Kontaktaufnahme des Gutachters mit diesen, wurden von ihm nicht ausgestellt. Insofern sind alle berücksichtigten Fremdbefunde seiner persönlichen kritischen ’Zensur’ unterworfen gewesen, wenn sie dem Gutachter durch Herrn (...) zugeleitet worden sind."

Nach meinem Verständnis muss das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient geschützt bleiben vor staatlichem Zugriff. Keinem darf ein Nachteil daraus erwachsen, wenn er dieses Recht für sich gewahrt wissen möchte und er darf auch nicht Opfer von unbelegten behördlichen Behauptungen werden.

Wie stehen sie als LINKER Jurist dazu? Welchen Schutz hat ein Bürger vor einer derart agierenden Exekutive?

Antwort von
DIE LINKE

Liebe Renate Gerstel,

die zitierte behördliche Antwort ist natürlich Unsinn. Von "persönlicher Zensur" wegen der Inanspruchnahme des Rechts auf Nichtweiterleitung von der Schweigepflicht unterliegenden Erklärungen kann natürlich keine Rede sein. Ein Beamter, der so argumentiert ist mE befangen. Das sollte in jedem Falle im Wege der Dienstaufsicht geltend gemacht werden. Ansonsten muss der Betroffene aber auch aufpassen, ob er durch das Bestehen auf der Schweigepflicht sich nicht ggf. "im Kreise" dreht. Trifft in einem Verfahren i h n die Beweislast (zB bei einer Rentenklage oder Klage auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand) so könnte die Verweigerung einer Schweigepflichtsentbindungserklärung jedenfalls dazu führen, dass diese Stellungnahmen nicht verwertet werden, weil sie ja nicht verwertet werden d ü r f e n . Durchbrochen werden könnte dieser Grundsatz nur dann, wenn die Behörde als Prozessgegner s e l b s t Ermittlungen anstellen müsste. Dazu ist sie im Verwaltungsverfahren eigentlich verpflichtet. Beinhaltet diese Verpflichtung aber eine Begutachtung so muss der Betroffene wieder seine Einwilligung erteilen. Insofern sollte man Schweigepflichtsentbindungserklärungen nicht grundsätzlich ablehnen, sie aber auf einen bestimmten Sachverhalt beschränken und keineswegs generell erteilen. Als "kritischer Jurist" (nicht bloss als "Linker") sehe ich das Hauptproblem - wie Sie - in einer zumeist unwilligen Verwaltung, die "effizient", d.h. nicht wirklich bürgernah arbeiten will und dabei im Alltag die elementaren Rechte der Menschen oft missachtet. Hier würde schon die Anwendung eines bestehenden Rechtsprinzips Änderung verschaffen: Die Pflicht der Verwaltung zur Belehrung und Beratung der Betroffenen (in dem oben beschriebenen Sinn).

Ihr
Dr. Rolf Geffken