Frage an Roland Wöller von Hans T. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Wöller,
der Freien Presse von heute entnehme ich, dass Sie eine Art „Bestenliste der Rechtsextremisten“ aufstellen lassen wollen (vgl. https://www.freiepresse.de/-artikel10474396). Ist das wirklich sinnvoll?
Wenn man die Top-10 der besten Faschisten in Sachsen kürt, schafft man dann nicht Anreize, zusätzliche Straftaten zu begehen? Nach dem Motto: „Komm, wir sind auf Platz 11 und 12 der Liste. Für gemeinsame Körperverletzung gibt es Extrapunkte. Also lass uns zusammen ein paar Ausländer klatschen.” Sie sagen zwar, dass die Liste nicht veröffentlicht werden soll. Können Sie das aber auch vor dem Hintergrund, dass einige Polizisten mit dem rechten Lager sympathisieren, wirklich sicherstellen? Liegt es nicht auf der Hand, dass die Liste bald geleakt werden wird?
Warum lassen Sie die „besondere Behandlung“ nur den Top-10 angedeihen? Sollte man diese nicht allen über einer bestimmten Punktzahl, einer Gefährlichkeitsgrenze o. ä., zukommen lassen?
Wollen wir in Sachsen wirklich einen Wettbewerb unter den Rechtsextremen starten, wer der beste von ihnen ist? Das erinnert mich etwas an Olaf Schuberts Hörspiel „Faschisten haben niemals Zeit“. Das sollten Sie sich einmal anhören!
H. T.
Sehr geehrter Herr Torfstecher,
mit dem Radikalisierungs-Radar-Rechtsextremismus (3 R) sollen rechtsextremistische/-terroristische Radikalisierungstendenzen unter bekannten rechtsmotivierten Straftätern im Sinne eines Frühwarnsystems besser erkannt und die Spirale der Radikalisierung durch gezielte, auf den Einzelfall zugeschnittene Maßnahmen unterbrochen werden. Letztlich geht es um die Verhinderung weiterer schwerster Straftaten. Das durch die Landeskriminalämter Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen entwickelte Konzept wird in den nächsten Monaten intensiv getestet.
Ihre Sorge, dass mit diesem Vorgehen zusätzliche Anreize für die Begehung weitere Straftaten entstehen könnten, halte ich für unbegründet. Die Datenaufbereitung und -auswertung im Sinne des 3-R-Konzeptes erfolgt im Polizeilichen Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) des Landeskriminalamtes Sachsen. Dort wird entschieden, welche Straftäter in die Intensivtäterbearbeitung genommen werden, ohne dass dabei die Anzahl von vornherein festgelegt wäre.
Eine Weitergabe der Auswertungsergebnisse im Sinne einer Liste mit personenbezogenen Daten an andere Organisationseinheiten in der sächsischen Polizei ist ausgeschlossen. Sofern das PTAZ in die Intensivtäterbearbeitung die Dezernate „Polizeilicher Staatsschutz“ der Polizeidirektionen einbezieht, werden einzelfallbezogen die Erkenntnisse zu den in jeweiligen Zuständigkeitsbereich fallenden Intensivtätern übermittelt.
Es geht bei der Umsetzung des 3-R-Konzeptes um keinen „Wettbewerb“. Es ist vielmehr ein Instrument zur besseren Erkennung und Bearbeitung von Intensivtätern.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen einen weiterführenden Einblick in das Vorhaben „3 R“ gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Roland Wöller