roland-woeller
Roland Wöller
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Roland Wöller zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Dirk G. •

Frage an Roland Wöller von Dirk G. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrter Herr Wöller!
Sie stehen zunehmend in der Kritik, Entscheidungen der sächsischen Härtefallkommission zu missachten. Dies entwertet die Arbeit der aus Mitgliedern eines breiten gesellschaftlichen Spektrums extra zu diesem Zweck geschaffenen Kommission und ist daher mit christlichen Werten nicht vereinbar.
Meine Frage: wäre ein Rücktritt von ihrem Amt für Sie eine Option, um den Weg für menschenwürdige Lösungen zu ebnen?
Beste Grüße
D. G.

roland-woeller
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Grübel,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht, in der Sie meine Entscheidungen in Bezug auf Härtefallersuchen hinterfragen. Hierzu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Gemäß § 23a Absatz 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) darf das Staatsministerium des Innern (SMI) auf Grund eines Härtefallersuchens anordnen, dass einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Das SMI ist an das Härtefallersuchen der Härtefallkommission nicht gebunden. Es muss vielmehr im eigenen pflichtgemäßen Ermessen entscheiden.

Die Entscheidung, einem Härtefallersuchen der Sächsischen Härtefallkommission stattzugeben, ergeht nach § 23a Absatz 1 Satz 4 AufenthG ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründet keine eigenen Rechte des Ausländers. Es erfolgt stets eine sorgfältige Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalls mit dem öffentlichen Interesse am Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet. Ein Rechtsanspruch für die Betroffene oder den Betroffenen besteht nicht.

Im Hinblick auf die persönliche Lebenssituation des Ausländers kann ein öffentliches Interesse am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet aus humanitären oder persönlichen Gründen anerkannt werden, wenn keine Umstände vorliegen, die dem entgegenstehen. In die Gesamtabwägung, ob dem Ersuchen stattgegeben wird, fließt ein gesetzeskonformes Verhalten des Ausländers mit ein. Dazu gehört z. B. auch, ob er Straftaten begangen hat oder ob er seiner Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätspapieren und Passdokumenten nachkommt oder ob er nicht mitwirkt. Bedeutsam ist auch, ob er seinen Lebensunterhalt sichern kann.

Dass das Vorliegen eines Härtefalls von der obersten Landesbehörde in eigener Verantwortung zu prüfen ist und eine Bindung an die Feststellungen der Härtefallkommission bzgl. des Vorliegens eines Härtefalls nicht besteht, hat auch noch einmal der Thüringer Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 16.12.2020, Az.: VerfGH 14/18, im abstrakten Normenkontrollverfahren über die Thüringer Härtefallkommissionsverordnung bestätigt. Das Gericht hat außerdem nochmals klargestellt, dass die Entscheidungsbefugnis der obersten Landesbehörde auch nicht dergestalt eingeschränkt ist, dass sie einem von der Kommission an sie gestellten Ersuchen stattzugeben hätte. Verneint im Einzelfall das SMI im Ergebnis der Abwägung aller Sachverhalte und Aspekte des einzelnen Härtefallverfahrens ein öffentliches Interesse am weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet, stellt dies keine Missachtung des Wertes gesellschaftlicher Entscheidungen und/oder demokratischer Meinungen dar.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Roland Wöller