Frage an Roland Gewalt von Peter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gewalt,
wir alle wissen, wie sehr Lobby-Arbeit von Interessensgruppen Politik beeinflussen kann.
Häufig wird solche Arbeit "im Verborgenen" getan. Während der einfache Bürger Zugang zur Information über den Hintergrund eines Abgeordneten hat, ist über die Vektoren der Lobbyisten oder die Einflüsse, denen die Abgeordneten ausgesetzt sind, in den wenigsten Fällen etwas bekannt.
Der genannte einfache Bürger kann also deshalb sich weder ein Bild machen, welchen Einflüssen ein Abgeordneter ausgesetzt ist, noch hat er eine Möglichkeit - aus genau diesem Grund - sich dazu zu äußern.
Ist es nicht wichtig aber auch nötig, ein Instrument zu schaffen, durch das z.B. offengelegt wird, welcher Abgeordnete von welchen Interessensgruppen oder vertretern der Wirtschaft wie häufig aufgesucht wird? Der Gedanke mag naiv sein, ich könnte mir jedoch vorstellen, daß es deutlich zum Mitmachen "an" der Politik anregt, wenn man wirklich weiß, mit wem man es zu tun hat.
Vielleicht ändert Klarheit und Wahrheit an dieser Stelle - analog zum Aufdecken der Abgeordneten-Nebenbeschäftigungen - ja auch die Richtung, in der Politik für jeden gemacht wird. Vielleicht können wir historisch gewachsene Entwicklungen wie z.B. in den USA (...die Waffenlobby verhinderte eine Verschärfung des Gesetzes...) auf diese Weise eindämmen oder verhindern?
Bitte, wie stehen Sie persönlich zur Lobbyarbeit von Interessensgruppen aller Farben?
Vielen Dank für Ihre Zeit,
mit freundlichem Gruß
Peter Krumholz
Nachsatz: Ich erlaube mir, die gleiche Mail an alle Berliner EU Abgeordneten zu schicken und um Antwort zu bitten. K
Sehr geehrter Herr Krumholz,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 03. Oktober 2007.
Selbstverständlich muss auch bei der Tätigkeit von Verbänden und sonstigen Interessenvertretern ein hohes Maß an Offenheit und Transparenz herrschen.
Dieser Notwendigkeit werden die Europäischen Institutionen künftig noch mehr als bisher Rechnung tragen. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission am 21. März 2007 beschlossen, ein öffentliches Register für alle Interessenvertreter einzurichten, die Einfluss auf Entscheidungen der EU-Organe nehmen wollen.
Trotz dieser notwendigen und richtigen Entscheidung muss indes auch bei Abgeordneten der in Deutschland verfassungsrechtlich verbriefte Quellenschutz gewährleistet werden. Für deutsche Bundes- oder Landtagsabgeordnete ist das Zeugnisverweigerungsrecht in § 53 I Nr.4 StPO geregelt. Die Möglichkeit einzelner Bürger oder Amtsträger, sich vertrauensvoll an einen Abgeordneten zu wenden, muss auch auf europäischer Ebene Geltung beanspruchen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Abgeordneten ähnlich Journalisten wichtige Informationen zugänglich gemacht werden und sie somit ihren parlamentarischen Auftrag vollumfänglich ausüben können.
Ich danke für Ihr Interesse und stehe Ihnen bei künftigen Fragen gerne wieder zur Verfügung.