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Frage von Klaus-Dieter N. •

Frage an Roland Claus von Klaus-Dieter N. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Claus,

in Magdeburg gibt es eine neue Besetzung des "Sozial- und Wohnungsamtes" mit Herrn Brüning.

Mir geht es um das Thema: "Integrative Begegnungsstätte für Jung und Alt".

Die demographische Entwicklung macht überall in Europa Sorgen; die Fakten sind eindeutig !

Bis 2025 wird Sachsen-Anhalt weiter an Bevölkerung verlieren.

Zugleich wird dann jeder zweite Mensch in Sachsen-Anhalt älter als 50 Jahre sein.
Auch der Anteil der über 65-jährigen wird sich sprunghaft erhöhen !

Hierzu hätte ich gern im Vorfeld der anstehenden Wahlen gehört, wie ist Ihre grundsätzliche Meinung zu diesem Thema, welche Vorschläge können Sie dazu unterbreiten und sähen Sie für konkrete Projekte im Rahmen von Haushaltsmitteln oder "Fördertöpfen" Finanzierungsmöglichkeiten.

Sehr gespannt erwarte ich Ihre Rückäußerung und verbleibe bis dahin

mit freundlichen Grüßen

Klaus-D. Neumann

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Neumann,

für Ihre Frage danke ich Ihnen. Ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung: Wir müssen die Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung sehr ernst nehmen. Sie beschreiben die Dinge ja sehr deutlich: Aus Ihrem Heimatland Sachsen-Anhalt, das auch das meinige ist, wandern – wie das insgesamt für Ostdeutschland auch zwanzig Jahre nach der Vereinigung immer noch der Fall ist – viele junge Leute aus, und so wird bald die Hälfte der Bevölkerung älter als 50 sein und auch der Anteil der Über-65-Jährigen immer weiter zunehmen.

Die Bundesregierung reagiert auf diese Entwicklung mit einigen interessanten Projekten, zu denen auch die Förderung der von Ihnen angesprochenen Integrativen Begegnungsstätten für Jung und Alt gehört. Ich habe in meinem Wahlkreis, dem Burgenlandkreis, die Schaffung einer solchen Begegnungsstätte – des Mehr-Generationen-Hauses in Karsdorf – unmittelbar unterstützt, und ich meine, dass solche Begegnungsstätten von wachsender Bedeutung sind. Sie ermöglichen alltägliche Geselligkeit, Generationen übergreifende Kontakte, Beratung aller Art, die Organisierung von Kulturveranstaltungen – kurz, sie sind für das gesellschaftliche Leben unverzichtbar. Sie müssen, damit sie ihrer Bestimmung gerecht werden können, auf kurzen Wegen erreichbar und selbstverständlich barrierefrei sein – also auch für Menschen mit Behinderung zugänglich.

So weit, so gut. Wie aber sieht es mit den für solche und ähnliche Projekte zur Verfügung stehenden Geldmitteln aus? In der Tagespolitik empfehle ich meinen Kolleginnen und Kollegen in der Kommunalpolitik, sich – wenn das noch nicht geschehen ist – auf die konsequente Ausschöpfung der vorhandenen Fördertöpfe zu konzentrieren. Aber damit ist es langfristig natürlich nicht getan. Wir brauchen, wenn wir des Problems wirklich Herr werden wollen, ein grundsätzliches Umdenken und – in dessen Resultat – eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten.

Soziale Projekte – Projekte also, die unmittelbar der Lebensqualität der Menschen dienen – kosten selbstverständlich Geld, und darum hören wir von den Regierenden immer wieder, dieses Geld sei leider nicht vorhanden. Ich meine: Das stimmt nicht. Es ist Sache der Politik, dafür zu sorgen, dass genug Geld für diese unabdingbaren gesellschaftlichen Aufgaben zur Verfügung steht. Ein Weg dahin wäre die Zurücknahme all der Steuergeschenke, die im vergangenen Jahrzehnt den großen Unternehmen und Spitzenverdienern gemacht worden sind. Hätten wir heute noch das Steuern- und Abgabenniveau des Jahres 2000, stünden der öffentlichen Hand jährlich 70 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Schon ein Bruchteil davon würde reichen, die Zahl und Qualität der Integrativen Begegnungsstätten beträchtlich zu erhöhen.

Das Privateigentum – so steht es im Grundgesetz, und so fordert es meine Partei DIE LINKE nachdrücklich – muss seiner Sozialpflicht gerecht werden, anders ist der Sozialstaat nicht zu gestalten. So steht die scheinbar „kleine“ Frage der Begegnungsstätten mitten drin in der grundsätzlichen Auseinandersetzung darüber, wie der gesellschaftliche Reichtum verteilt werden soll. In den vergangenen beiden Jahrzehnten sind Billionenwerte in den nun geplatzten Spekulationsblasen der Finanzmärkte „verschwunden“. Es ist allerhöchste Zeit zu einer Umkehr. Das Geld muss dorthin, wo die Menschen leben, es muss ganz unmittelbar der Sicherung würdiger Lebensbedingungen dienen. Die Sicherung der Menschenwürde selbstverständlich auch im Alter – und dazu gehört die Verhinderung von Altersarmut ebenso wie die Verhinderung von altersbedingtem Isoliertsein – sollte zu den vornehmsten Aufgaben der Gesellschaft gehören. Wo der Profit das Maß aller Dinge ist, kann diese Aufgabe allerdings, wie wir sehen, nicht gelöst werden. Also braucht es ein Umsteuern.

Womit wir dieses Umsteuern im Einzelnen untersetzen wollen, will ich hier nicht ausführen, weil ich die Antwort auf Ihre Frage nicht über Gebühr verlängern will. Selbstverständlich aber stehe ich Ihnen auch dazu, wenn Sie es wünschen, gern Rede und Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Claus