Frage an Roderich Kiesewetter von Erika A. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Kiesewetter,
mein Mann übernahm mit 46 Jahren eine Sanitär- und Heizungsfirma (da machte er auch schon mit15 seine Lehre). Nun sind wir in Rente. Nach 48 Berufsjahren bekommt er eine Rente von 1.089,94 €.
Er arbeitete auf den Baustellen voll mit. Er machte nie vor 20.00 Uhr Feierabend. Am Wochenende war er meistens Büro, um die Arbeiten zu erledigen, für die er werktags keine Zeit fand.
Es gab gute und auch schlechte Jahre. In den Schlechten war der Verdienst meines Mannes geringer als das unserer Mitarbeitern.
Aber eins können wir mit guten Gewissen sagen, unseren Mitarbeitern haben wir immer ordentliche, anständige Löhne gezahlt.
Wir haben 3 Kinder und 4 Enkelkinder.
In unserem reichen Land gibt es Kinder- und Altersarmut.
Es wäre endlich mal Zeit, nach den Ursachen dieser Armut zu schauen.
Der gesetzliche Mindestlohn auch nach aktuellen Erhöhung ist zu niedrig.
In vielen Branchen gehen selbst Fachkräfte oft nur mit gesetzlichen Minimum nach Hause. Die zunehmende Tarifflucht ist Hauptgrund dafür, dass seit Jahren viele Menschen in Niedriglohnsektor gefangen sind. In den Tarifverträgen sind meist deutlich höhere Löhne, auch in den unteren Lohngruppen, vereinbart.
Wer nach Tarif zahlt, der hat auch zufriedene Mitarbeiter, die sich in der Arbeit engagieren.
Niedriglöhne sind zwar eine wirksame Kosmetik für die Arbeitslosigkeit, aber der Preis ist sehr hoch!
Zu wichtigsten Zielen müssen möglichst hohe Löhne und Renten für möglichst viele Menschen gehören,
d. h. nicht unmöglich hoch, aber am oberen Rand dessen, was möglich ist.
Eine Wirtschaft muss auch ohne Wachstum funktionieren und die öffentliche Haushalte ausreichend finanzieren.
Wenn man wesentlich mehr verdient als Hartz IV, ist der Anreiz größer arbeiten zu gehen!
Arbeit muss sich lohnen, ohne arme Eltern gibt es keine arme Kinder!
Alles andere sind Reparaturarbeiten, bürokratische Monster, Milliarden mit Gießkanne verteilen.
Was meinen Sie dazu, Herr Kiesewetter?
Sehr geehrte Frau A.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ich bin zwar Außenexperte in meiner Fraktion, möchte Ihnen aber dennoch auf Ihre Aussagen antworten, woran wir hier in der Union und in der Großen Koalition derzeit konkret arbeiten, bzw. was wir in jüngster Zeit beschlossen haben.
Wir haben ein Rentenpaket geschnürt. Darin erhöhen wir die Mütterrente um einen halben Rentenpunkt für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren worden sind. Zudem schaffen wir Verbesserungen für krankheitsbedingte Frührentner und führen eine doppelte Haltelinie für Rentenniveau und Beitragssatz ein. Geringverdiener werden bei den Sozialabgaben ohne Einbußen beim Rentenanspruch entlastet.
Neben dem bestehenden Anspruch auf zeitlich unbegrenzte Teilzeitarbeit führen wir einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit (Brückenteilzeit) neu ein für Unternehmen ab 46 Mitarbeiter. Für Unternehmen mit 46 bis 200 Mitarbeitern ist die Zahl der Mitarbeiter, denen sie Brückenteilzeit gewähren müssen, begrenzt. Der neue Anspruch ist – ebenso wie im Fall der zeitlich unbegrenzten Teilzeit – nicht an das Vorliegen bestimmter Gründe wie Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen gebunden.
Außerdem schaffen wir Beitragsentlastung für die gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer und Rentner. Wir kehren zur paritätischen Beitragsfinanzierung (der Beitrag wird zu gleichen Anteilen vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen) auch des Zusatzbeitrags zurück. Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für hauptberuflich Kleinselbständige wird halbiert auf 171 Euro.
Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD ferner die Einführung einer Grundrente vereinbart. Die Grundrente soll nach dem Koalitionsvertrag Menschen helfen, die mindestens 35 Jahre an Beitragszeiten zur Rentenversicherung oder Zeiten der Kindererziehung bzw. Pflegezeiten aufweisen. Voraussetzung für den Bezug der Grundrente ist laut dem Koalitionsvertrag eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung. Zu dieser Übereinkunft im Koalitionsvertrag erarbeitet die Union derweil Vorschläge.
Ich möchte hier nicht vergessen zu betonen, daß die Unionsparteien mit der SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben, eine Rentenkommission einzurichten, mit dem Ziel, Beiträge und Rentenniveau in ein langfristiges Gleichgewicht zu bringen. Die Rentenkommission hat bereits im Sommer 2018 ihre Arbeit aufgenommen und soll bis März 2020 einen umfassenden Bericht vorlegen, auf dessen Grundlage die Politik langfristig die Weichen für eine verlässliche Rentenpolitik stellen kann.
Dies betrifft Sie nun nicht alles unmittelbar und ich stimme Ihnen zu, daß bei niedrigen Verdiensten der Anreiz zum Arbeiten sehr gering ausfällt. Gerade in der Pflege und in der Gesundheitsversorgung ist dies besonders wichtig, weshalb wir hier auch einen bisherigen Schwerpunkt gesetzt haben.
Ich sehe es zwar recht ähnlich wie Sie, möchte aber noch anmerken, daß vor allem die Bildungschancen für Kinder entscheidend sind, damit sie später nicht in Armut fallen. Hier haben wir auch noch viele Aufgaben vor uns.
Herzliche Grüße
Roderich Kiesewetter