Frage an Roderich Kiesewetter von Ottmar M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Herr Kiesewetter,
im ND vom 10.02.18 war von der Präsenz von US-Truppen in Syrien die Rede, der Spiegel berichtete davon schon am 07.12.17 oder der DLF nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien. Israel, so war ebenfalls am 10.02.18 im DLF zu hören, flog Luftangriffe in Syrien. Als Oberst d.R. Sollten Sie über ausreichende Kenntnisse im Völkerrecht verfügen, so dass Sie sicher die Frage beantworten können, auf welcher völkerrechtlichen Grundlage diese Angriffe bzw. Truppenpräsenz legitimiert sind! Mir ist nämlich kein Passus aus dem Völkerrecht bzw. eine entsprechende Resolution der UN bekannt, die ein solches Vorgehen ohne die Zustimmung der syrischen Regierung erlaubt. Wenn es keine Legitimation gibt, brechen die USA, Israel und die Türkei hier also Völkerrecht?
Mit „Selbstverteidigung“ wurden die jüngsten US-Angriffe auf syrische Truppen begründet. Gegen wen verteidigen sich die USA in Syrien bzw., wie die Welt am 08.02.18 berichtete, wen schützen die US-Truppen dort? Im Interview mit N3 erklärten Sie seinerzeit, dass es „keine gemäßigten Rebellen“ in Syrien gibt. (https://youtu.be/A2k2_K8pTo4?list=LLh97vI0KU_iPe_1RuEjN1Ww) Das wirft natürlich auch die Frage auf, ob die USA dort Terroristen unterstützen und schützen? Ebenso stellt sich die Frage, warum Russland von der EU und den USA sanktioniert wird, wenn es keine völkerrechtliche Legitimation für das Vorgehen der USA oder Israels in Syrien gibt? Soll der Bürger daraus schließen, dass das Völkerrecht für die USA und Israel nicht gilt, für Russland aber schon? Sie brauchen hier jetzt nicht die Meldungen westlicher Medien wiederholen, dass Assad Fassbomben abwerfen lässt usw. usf.! Es geht um die Frage nach der völkerrechtlichen Legitimation der Handlungen der USA oder Israels in Syrien! Auf Ihrer Website steht, dass Sie „einfache“ Antworten geben wollen! Ich erwarte allerdings präzise Antworten!
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Die von Ihnen genannten Aktionen der Türkei und der USA sind mach meiner Einschätzung nicht eindeutig vom Völkerrecht gedeckt. Zumindest müsste der UN-Sicherheitsrat informiert und die konkrete Bedrohung dargelegt werden. Syrien ist nach einschlägigen Resolutionen der UN nicht in der Lage, das staatliche Gewaltmonopol im ganzen Land auszuüben. In Verbindung mit dem Selbstverteidigungsrecht der Staaten ist das die Grundlage um gegen Terrororganisationen vorzugehen, auch ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss oder Einladung der amtierenden Regierung.
Mit gemäßigten Rebellen ist m.E. gemeint, daß diese politische Ziele ohne Waffengewalt verfolgen. Das ist offensichtlich nicht der Fall, jedoch ist es legitim bestimmte Gruppen zu unterstützen, welche die Bereitschaft zum Verhandeln besitzen und nicht Mitglied einer durch die UN definierten Terrororganisation sind. Die Kurden in Nordsyrien kontrollieren de facto durch staatliche Institutionen und Duldung der syrischen Regierung einen Großteil Syriens im Norden. Jetzt löst sich dieses Duldungsverhältnis allmählich auf, weil Russland die Kurden dort zugunsten einer Spaltung der NATO fallen lässt. Bzgl. Ihrer Frage nach der Geltung des Völkerrechts liegt hier ein anderer Fall vor. Im Falle Russlands und der Krim wurden gemeinsam vereinbarte Verträge und Abkommen gebrochen (Pariser Abkommen, Nato-Russland-Grundakte, Budapester Abkommen), die vital für die europäische Sicherheitsordnung sind. Darauf haben wir mit Sanktionen reagiert und den Völkerrechtsbruch angeprangert. Das ist konsequent. Im Falle Syriens kann ich mich nicht erinnern, daß wir Sanktionen gegen Russland aufgrund der illegitimen Bombardierung von Krankenhäusern erlassen hätten. Ich hoffe, das war präzise genug.
Herzliche Grüße
Roderich Kiesewetter