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Robert Habeck
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Frage von Petra S. •

Warum wird Merit Order nicht abgeschafft, da dadurch inzwischen fossile Energien profitieren? Bei den Strompreisen klappt die Energiewende nicht.

Warum bekommen Windkraft Betreiber immer noch Geld, wenn sie ihre Anlagen wegen Netzüberlastung abschalten müssen. Da könnten Speicher aufgestellt werden oder Wasserstoff produziert werden. Energiewende muss zu Ende gedacht werden und nicht das Dach vor dem Fundament gebaut werden.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Es ist richtig, dass der Strommarkt in Deutschland reformiert werden muss. Tatsächlich wird hierzu vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bereits die Plattform klimaneutrales Stromsystem durchgeführt. Diese Plattform ist ein Prozess mit Stakeholdern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden, Gewerkschaften und Politik und dient der Formulierung der Grundsätze des zukünftigen Stromsystems in den Bereichen "Finanzierung erneuerbare Energien", "Steuerbare Kapazitäten", "Lokale Signale" und "Flexibilitätsoptionen". Da unser Stromsystem bislang primär von steuerbaren, fossilen Kraftwerken dominiert war, müssen einige Regeln geändert werden, um auch mit zunehmendem Anteil an erneuerbaren Energien ein sicheres und bezahlbares Energiesystem zu gewährleisten. Der Strommarkt als zentrales Instrument der Einsatzsteuerung soll dabei allerdings nicht grundlegend in seiner Funktionsweise geändert werden. Die sogenannte Merit Order ist dabei kein Gesetz oder eine Vorschrift. Vielmehr beschreibt sie, was nach dem gewöhnlichen Prinzip von Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt geschieht. Je höher der Preis ist, desto mehr Kraftwerksbetreiber sind bereit, Strom zu produzieren und zu verkaufen. Denn bei günstigen Preisen lohnt sich das für viele nicht. Bei sehr niedrigen Preisen sind nur die Erneuerbaren Energien in der Lage zu produzieren, allerdings würde die von ihnen erzeugte Strommenge (bisher) nicht ausreichen, um die Nachfrage zu decken. Das heißt, es müssten trotzdem noch fossile Kraftwerke angeworfen werden und die machen das nur bei ausreichend hohen Preisen. Die Aufteilung in zwei unabhängige Strommärkte würde zu einer ineffizienten Einsatzplanung führen. Wenn auf beiden gleichzeitig gekauft werden könnte, würden teilweise fossile Kraftwerke laufen, bevor die erneuerbare Produktion ausgeschöpft wäre. Oder ein staatlicher Akteur müsste den Einsatz permanent kontrollieren und anweisen, wobei er gar nicht wissen kann, welche Zahlungsbereitschaft bzw. Kosten sämtliche der unterschiedlichen Akteure haben, sodass es zwangsläufig zu Fehleinsätzen käme, was ineffizient und somit auch teuer wäre.

Nichtsdestotrotz stimmt es, dass der Strommarkt im vergangenen Jahr dysfunktional war. Dies lag an den extremen Preisen, die für Erdgas gezahlt werden mussten und es gleichzeitig nur eine verhältnismäßig geringe Möglichkeit zur Reduzierung der Nachfrage gab (= weniger Stromverbrauch). Das war eine Extremsituation, die sich nicht regelmäßig wiederholen sollte. Damit dies sicher so ist, setzt sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit aller Kraft für den schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien ein - dann wird auch ein Wegbrechen eines Gaslieferanten in Zukunft nicht mehr zu massiven Preisspitzen führen können. Zudem wird daran gearbeitet, wie man Erneuerbare Energien einerseits unterstützen und andererseits stärker als bisher von ihren günstigen Gestehungskosten profitieren kann. Bislang werden Erneuerbare Energie-Anlagen unterstützt, wenn der Preis unterhalb eines vereinbarten Betrags liegt. In Zukunft sollte es möglich werden, dass sie im Gegenzug an den Staat zurückzahlen, wenn der Preis deutlich oberhalb des vereinbarten Betrags liegt. Auch hierzu laufen die Diskussionen in der oben erwähnte Plattform klimaneutrales Stromsystem.

Mehr Informationen finden Sie unter https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/plattform-klimaneutrales-stromsystem.html

Mit freundlichen Grüßen

Team Robert Habeck

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