Wie stehen Sie und wie positioniert sich Ihre Partei zum Ausbau der A66 im Frankfurter Riederwald?
Lieber Herr Erkan, als studierter Biologe ist mir die Natur ein Herzensthema und ich begrüße was Ihre Partei diesbezüglich in den letzten Jahren erreicht hat. Allerdings bin ich selbst Nutzer der Autobahn und sehe täglich den Stau auf der Hanauer Landstraße der durch das abrupte Ende der A66 entsteht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Stop and Go weniger Umweltbelastung erzeugt als eine durchgängige Autobahn. Wie schätzen Sie das ein? Soll nur die Schiene und das Fahrrad gefördert werden? Finden Sie dass der Schutz des Waldes und der Arten hier Vorrang hat und weitere Verzögerungen beim Bau in Kauf genommen werden müssen?
Lieber Fabian G.,
danke für Ihre vier Fragen, die ich zusammenhängend beantworte:
Ja, es geht mir ähnlich, wenn ich mal mit dem Auto fahre, also wenn Bahn und Rad nicht komfortabel geht, erlebe ich zuweilen ähnliches. Es ist oft das Ergebnis einer einseitigen Verkehrspolitik, die noch aus dem letzten Jahrhundert herrührt, wo Mobilität vorrangig auf das Auto gesetzt wurde und leider kein Wille für eine Mobilitätswende gab, auch im Sinne des Klimaschutzes, voran zu bringen.
Für den Bau des Riederwaldtunnels und den im Kontext des Lückenschlusses zwischen der A66 und der Ortsumgehung Frankfurt (A661) erfolgenden Ausbau der A 661 besteht heute gültiges Baurecht. Darüber hinaus sind relevante Teile der Planungen bereits gebaut oder befinden sich in Umsetzung.
Das ist zu akzeptzieren.
Was weh tut, dass dafür Bäume gefällt werden, die Kosten, Lärmbelästigung und Umweltschäden so eklatant waren, dass Kritiker die Planungen immer wieder verzögerten, zu Recht.
Es zeigt dabei die Schwierigkeiten Neubau von Straßen/Autobahnen und deren bisweilen jahrzehntelange Umsetzungszeiten und den verpassten Chancen auf andere verkehrspolitische Akzente als Strassen/Autobahnneubau zu setzen. Wie oben erwähnt haben wir mit den Folgen heute noch leider zu leben.
Sanierungen sind dennoch zwingend und Engpässe durchaus mit Augenmaß zu machen, so meine Haltung. Eine Erweiterung und Ausbau sehe nicht. In dieser Abwägung hat das Land Hessen 7 von 30 Projekten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) abgelehnt, mit denen Engpässe auf Autobahnen per Gesetz besonders rasch beseitigt und Staus verhindert werden sollen. Den 23 anderen Sanierungs- und Ausbauprojekten stimmt Hessen zu, drei davon allerdings nur unter Vorbehalt.
Zu den abgelehnten Autobahn-Ausbauten zählt der zehnspurige Ausbau der A5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und dem Nordwestkreuz. Das sind Grenzen und das falsche Signal, wofür wir Grüne und ich klar eintreten.
Fakt ist, dass die entscheidenden Stellschrauben für ein Umdenken in Bezug auf die teilweise jahrzehntelangen Autobahnplanungen beim Bund liegen. Diese Planungen wurden demokratisch von der Mehrheit des Deutschen Bundestags beschlossen. Experten halten die Realisierung der vorgesehenen Ausbauten für eine Frage auch von Jahrzehnten und nicht Jahren, zumal auch mit Beschleunigungsgesetz weiterhin Klagen gegen Baumaßnahmen möglich sind.
Als ersten wichtigen Schritt konnte im Koalitionsvertrag auf Bundesebene verankert werden, dass die Prioritäten im Bundesverkehrswegeplan in einem Dialogprozess u.a. mit Verkehrs- und Umweltverbänden überprüft werden sollen. Für diesen Prozess werden wir uns auch von Hessen aus stark machen.
Mit dem straßenbaupolitischen Grundsatz in Hessen „Erhalt vor Neubau“, der Neustrukturierung von Hessen Mobil, der Schaffung einer eigenen Radverkehrsabteilung dort, und der Einbringung eines eigenen Nahmobilitätsgesetzes ins Parlament sind viele Schritte meiner grünen Kolleginnen und Kollegen im hessischen Landtag in Richtung Verkehrswende gegangen. Die Förderkulisse für Rad- und Fußverkehr ist so breit wie nie zuvor. Konkret: Sie haben dafür gesorgt, dass die Sanierungsquote im Straßenbau in Hessen bei 90% liegt. Das heißt, 90% der Mittel im Straßenbau fließen in die Beseitigung des Sanierungsstaus! Wir haben gesetzlich verankert, dass zusätzlich 10% des Landesstraßenbauetats in den Radwegebau fließen. Wir haben dafür gesorgt, dass die einseitige Ausrichtung von Hessen Mobil auf Straßenbau nach einer Umstrukturierung geändert wurde: Jetzt gibt es eine eigene Abteilung für den Bau von Fahrradwegen an Landesstraßen, die auch die Kommunen unterstützt.
Ich hoffe es wurde deutlich, dass verkehrspolitisches Umdenken mit konkreten schnellen Umsetzungen einhergeht, das Mobilitätsumstieg und deren Verkehrsmix der Schlüssel ist, wofür ich stehe und wir werben. Auch am Ende für weniger Staus.
Herzliche Grüsse
Robert Erkan