Frage an Rita Hagl-Kehl von Marvin Louis I. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Hagl-Kehl,
mein Frage ist wie Sie zu dem Thema Vorratsdatenspeicherung stehen. Falls Sie diese befürworten würde ich gerne Ihre Beweggründe wissen.
Mit freundlichen Grüßen
Marvin Ismair
Sehr geehrter Herr Ismair,
bei der sogenannten Vorratsdatenspeicherung handelt es sich um die Pflicht der Speicherung von Verkehrsdaten. Es geht hierbei um eine strikt begrenzte Pflicht für alle Telekom-Unternehmen zur Speicherung von wenigen, genau definierten Verkehrsdaten. E-Mails sind davon ausgenommen. Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefon-Kommunikation anfallen. Das sind: Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, sowie im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen. Um die Datenschutz-Rechte und den Schutz der Privatsphäre zu wahren, ist ein Abruf der Daten nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei sogenannten „Zufallsfunden“.
Mir war wichtig, dass Ermittlungsbehörden für ihre Arbeit auf diese Daten zugreifen können – dies gleichzeitig aber so transparent und so restriktiv wie möglich geregelt ist. Deswegen haben wir einen strengen Richtervorbehalt vorgesehen: Nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen die ermittelnden Behörden die Daten abrufen und es gibt dabei keine Ausnahmeregelung in Form einer Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten ist nur noch für schwerste Straftaten möglich. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden! Nach Ablauf der Speicherfrist von vier bzw. zehn Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.
Ich habe dem Gesetzentwurf auch deswegen guten Gewissens zustimmen können da die Leitlinien auch eine datenschutzrechtliche(!) Verbesserung zur geltenden Rechtslage enthalten. Dies wurde in der Diskussion von vielen übersehen: Das Gesetz wird die Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Abruf der genannten Daten abschließend regeln. Speichert ein Telekom-Anbieter die Daten über den verpflichtend vorgegebenen Zeitraum auf Basis einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. zu Zwecken der Vertragserfüllung, weiterhin, so ist der Abruf nach diesem Gesetz dennoch nach Ablauf der 10 Wochen untersagt.
Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.
Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, sind die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies eine Straftat nach dem neu geschaffenen Tatbestand der Datenhehlerei.
Die Abwägung zwischen den Grundrechtsgütern und einem hohen Datenschutzniveau einerseits und der politischen Verantwortung, den Ermittlungsbehörden Instrumente auf der Höhe der Zeit zur Verfügung zu stellen andererseits, ist meines Erachtens mit dem verabschiedeten Gesetz sehr gut gelöst.
Mit freundlichen Grüßen
Rita Hagl-Kehl