Frage an Rhavin Grobert von Brigitte J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Rhavin,
Wie würden sie das Thema Hanf angehen? Was denken sie dazu, wie müsste man damit umgehen?
lg, Brigitte
Hallo Brigitte,
(Rhavin ist der Vorname, insofern wirkt "Herr Rhavin" etwas ungewohnt
aber OK :D)
Zuerst einmal kommt es natürlich auf die Menge und die Qualität an, vermutlich würde ich es rauchen oder einige leckere Kekse daraus backen. Vor allem Qualität ist mir wichtig, denn der als ›Punker-Platte‹ gehandelte entölte Abfall wär nix für mich!
Nur ein legaler Handel ermöglicht Qualitätsstandards, die auch eingefordert werden können und beseitigt Schwarzmarkt- und Mafiastrukturen, in denen Gras mit z.B. Haarspray oder Bleisplittern versetzt wird, um es klebriger und schwerer zu machen. Und ein solcher Handel würde das Geld in die öffentlichen Kassen leiten anstatt in dubiose Mafiastrukturen, weshalb vermutlich auch einige etablierte Politiker so vehement dagegen sind. Natürlich wär es dann auch irgendwie uncooler, aber dieses Risiko sollten wir eingehen.
Wir halten nämlich an einer der Realität Hohn sprechenden Gesetzgebung fest, welche hier in Berlin von vielen Bürgern und Polizisten komplett ignoriert wird. Ich bin schon nach Demonstrationen, bei denen ich aus berechtigtem politischen Interesse zivilen gewaltfreien Ungehorsam geleistet habe, aus der Gefangenen-Sammelstelle gekommen und habe mein Gras zurückerhalten – von der Polizei, weil da jetzt niemand einen Fall draus machen wollte. Vielleicht hatten sie aber auch selber schon genug.
Und es ist nicht nur Deutschland, welches sich hier seit vielen Jahren gegenüber dem aufgeklärteren Teil seiner Einwohner komplett lächerlich macht, indem zwei gefährliche Drogen (Tabak, Alkohol) in gewissen Altersgrenzen legal gehandelt und verwendet werden dürfen, während andere Drogen verteufelt und ihre Konsumenten teilweise wie Aussätzige behandelt werden.
Das Problem bei massiven Drogensüchten ist nicht die freie Verfügbarkeit der Droge, sondern dass so viele tatenlos zusehen, wie Menschen immer weiter in schwere Abhängigkeiten gleiten. Weitere Drogen zu verbieten mit dem Argument: „Wir haben ja schon zwei legale Drogen” ist komplett realitätsfremd und kriminalisiert Konsumenten, Händler und Erzeuger.
Dies soll nicht bedeuten, dass ich Drogen generell für ungefährlich halte, aber strikte Verbote sind eben der falsche Weg und erzeugen nur noch mehr Probleme. Ich habe selbst mit vielen Veranstaltern, Bar- und Clubbesitzern geredet (häufig auch außerhalb des Ladens *bei* einem Joint…!), die sich verständlicherweise freuen würden, wenn die Leute ihr Dope bei einigen Bier gesellig in ihrer Kneipe rauchen würden anstatt zu Hause, was sie aber nicht dürfen, weil der Staat die Besitzer der Läden mit empfindlichen Geldbußen belegt.
Natürlich hat unser derzeitiges System auch einige Vorteile: Polizisten können Kiffern die Droge wegnehmen und im ›Einvernehmen‹ mit den Konsumenten ("wir wollen ja nicht, dass ihr totalen Stress bekommt…!") nur die halbe Menge protokollieren. Mit der Differenz ist die nächste Party auf der Wache zumindest gesichert.
California macht es vor: durch die Legalisierung ging nicht nur die Kriminalitätsrate zurück, sondern der Staat durfte auch mit einer Milliarde zusätzlicher Steuereinnahmen rechnen.
Drogen sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir nicht durch Verbote Herr werden können, sondern nur durch eine soziale Gemeinschaft, in der die Erfahreneren die Unerfahrenen schützen, darauf achten, wann Jemand genug hat, und in der möglichst wenig Menschen einen Grund sehen, vor einer Realität zu fliehen, in welcher sie nicht leben wollen (Armut, Einsamkeit, Perspektivlosigkeit etc.), und daher Drogen nicht mehr als ständige Ausflucht, sondern als gelegentliche Bereicherung einsetzen.
Sorry für eine etwas längere Antwort, aber ich halte das Thema für zu wichtig, um nur mal kurz drüber zu bügeln!
Viele Grüße,
Rhavin