Frage an Rhavin Grobert von Pat S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Was genau muss sich in der Politik oder bei den Politikern ändern, damit der Politikverdruß abnimmt und die Leute wieder aktiv an der demokratie mitarbeiten?
Hallo P. S. J.,
das ist eine sehr gute und vorallem wichtige Frage!
Was mir bei meinen Bürgergesprächen oft begegnete ist die Einstellung "die machen ja eh, wat se wollen!". Gemessen daran, wie Lobbyvertreter mit ausgearbeiteten Reden und Gesetzesinitiativen im Bundestag ein- und ausgehen und sich mit Einladungen zum Essen und High-Society-Events bei Politikern einkratzen ist es für den normalen Bürger schwer, politisches Gehör zu finden.
Auf der anderen Seite wird von Politikern verlangt, umfassende Ansichten zu so ziemlich allem zu haben, was ihnen über den Schreibtisch flattert. Unser Europa-Abgeordneter Martin Sonneborn erhält täglich mehr Drucksachen für die parlamentarischen Abstimmungen, als er überhaupt lesen, geschweige denn erfassen kann! Politiker sind zu bloßen Abnickern im Fraktionszwang verkommen.
Und davon müssen wir dringend weg. Daher ist mein Vorschlag eine neue politische Kultur, in der Qualität und Expertise vor Parteibüchern und Seilschaften geht. Wenn Politiker der Meinung sind, alles zu wissen und besser zu können, machen sie ihren Job falsch; wir brauchen wieder Politiker, die mutig zu Entscheidungen stehen können, ihre Fehler korrigieren ohne sie zu verschleiern, und welche die Sacharbeit denen überlassen, die es können.
Langfristig möchte ich dafür das Wahlrecht reformieren zu einem demokratischen System, in welchem der Bürger 10 Punkte nach eigenem Ermessen vergeben kann. Sei es als 10 Punkte für eine Partei oder 2 auf diese, 3 auf jene und 5 auf eine weitere. Nur dadurch befreien wir die Menschen von der Politikerverdrossenheit und geben Spartengruppierungen, die nur eine bestimmte Sache durchsetzen wollen und dafür genau darin Expertise haben, die Chance, vernünftig im demokratischen System mitzuwirken, ohne sich ein Vollprogramm ausdenken zu müssen in Bereichen, welche sie nicht interessieren oder in welchen bei ihren Mitgliedern gegenseitige Meinungen vorherrschen.
Nur dann hören die Leute auf, taktisch zu wählen ("Wo ist meine Stimme wenigstens nicht verloren?") und fangen an, das zu wählen, was sie unterstützen.
Ich hoffe, das hat die Frage beantwortet.
Viele Grüße,
Rhavin