Frage an René Röspel von Jana B.
wie stehen Sie zur Petition "Fracking gesetzlich verbieten"
Sehr geehrte Frau Böhnke,
vielen Dank für Ihre Frage über Abgeordnetenwatch zum Thema Petition Fracking. Ihrer Frage behandelt, wie ich sie verstehe, zwei Aspekte, meine Position zu den „Petitionen“ von Abgeordnetenwatch und zu Fracking.
Lass Sie mich zuerst etwas zu den „Petitionen“ von Abgeordnetenwatch sagen. Das Petitionsrecht ist ein hohes grundgesetzlich verankertes Gut. Aus diesem Grund gibt es unter anderem im Deutschen Bundestag den Petitionsausschuss. Jede eingereichte Petition (egal ob von einer oder von 100 000 Personen unterschrieben) wird dort sehr ausführlich geprüft, zu vielen werden Stellungnahmen der Ministerien abgefragt. Knapp die Hälfte aller Eingaben haben Auswirkungen, entweder indem dem Petenten geholfen oder zum Beispiele eine Rechtslage geändert wird. Dieses System funktioniert, weil einerseits individuelle wie auch gesellschaftliche Probleme angesprochen werden können und direkt an die Zuständigen weitergegeben werden.
Die von Abgeordnetenwatch organisierten „Petition“ sind hingegen anders gelagert. Die Unterstützung für eine „Petition“ erfolgt mit einem Klick (und ist somit viel weniger durchdacht als die Formulierung eines Briefes oder einer wirklichen Petition mit einem persönlichen Anliegen) und wird dann an alle Abgeordneten zur Beantwortung geschickt. Auch andere Organisationen verfahren im Übrigen so. Für mich hat das aber nichts mehr mit einer Petition zu tun, sondern ist ein Kampagnen-Instrument zur Erreichung eines Ziels (was in einer Demokratie vollkommen legitim ist, aber eben nichts mehr mit dem im Grundgesetzt verankerten Petitionsrecht zu tun hat). Um aber all diesen Anfragen (täglichen gehen in meinen drei Büros allein ca. 300 Mails ein, hinzukommen Briefe, Faxe und Anrufe) überhaupt zeittechnisch Herr zu werden, existiert im Deutschen Bundestag einerseits das Wahlkreisprinzip und anderseits die Fachgebietsexpertise. Das eine bedeutet, dass ich allen Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis (wie Ihnen), egal zu welchem Thema, antworte und mich, wenn möglich, für ihre Belange einsetzen werde. Darüber hinaus hat jeder MdB sein Fachgebiet, in dem er für die ganze Fraktion sprachfähig ist. Bei mir ist dies die Forschungspolitik. Hierzu beantworte ich Anfragen aus der ganzen Republik und aus dem Ausland. Alleine diese Themenkonzentration reicht, meinen Arbeitstag komplett zu füllen. Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern aus anderen Wahlkreisen zu Nicht-Forschungsthemen werden ich deshalb immer an die zuständigen Abgeordneten und Abgeordnete weiter geben. Die allgemeine an alle MdBs verschickte „Fracking-Petitionen“ kommt weder aus meinem Wahlkreis noch fällt sie in mein Fachgebiet. Aus diesem Grund habe ich vorgezogen diese nicht zu beantworten und auf meine Fachkolleginnen und –kollegen im federführenden Ausschuss verwiesen. Dies habe ich den Mitarbeitern von Abgeordnetenwatch so mitgeteilt.
Da Sie hingegen aus meinem Wahlkreis kommen, nehme ich mir natürlich gern die Zeit, Ihnen meine Position zum Thema Fracking näher zu bringen. Die Förderung von unkonventionellen Erdgasvorkommen aus tiefen geologischen Schichten in Gesteinsporen unter Zuhilfenahme des ‚Fracking‘-Verfahrens ist in Deutschland bisher ein Novum. Zwar ist bereits in der Vergangenheit – im Rahmen der konventionellen Erdgasförderung – unter Zuhilfenahme von chemischen Additiven auf die sog. ‚Frac‘-Technik zurückgegriffen worden. Der Einsatz dieser Technik im Rahmen der unkonventionellen Erdgasförderung ist hiermit jedoch weder qualitativ noch quantitativ vergleichbar. Nach bisherigem Kenntnisstand lassen sich die möglichen negativen Umweltauswirkungen nur schwer einschätzen. Es zeigt sich jedoch, dass in Ländern, in denen dieses Verfahren bereits zum Einsatz kommt (z.B. USA), es teilweise zu erheblichen Belastungen der Umwelt und des Trinkwassers gekommen ist.
Ich kann folglich Ihre Besorgnis und die Skepsis vieler Bürger hinsichtlich dieser Technologie gut verstehen. Nicht nur Sie erwarten (zu recht!), dass die Politik tätig wird, um mögliche Umweltschäden im Rahmen der unkonventionellen Erdgasförderung durch ‚Fracking‘ abzuwenden. Unsere Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat sich unkonventionelles Fracking mit seinen Auswirkungen in Kanada angeschaut und ist seitdem erklärte Fracking-Gegnerin. Auch wir als SPD-Bundestagsabgeordnete aus NRW haben uns geschlossen gegen Fracking ausgesprochen und ein Moratorium bis 2021 gefordert (Das entsprechende Papier finden Sie unter folgendem Link: http://www.nrwspd-landesgruppe.de/2015/03/26/nrw-landesgruppe-fordert-wirkungsvolles-moratorium-von-fracking/ )
Ich persönlich vertrete die Position, wie auf meine Initiative hin auch die Hagener SPD, dass es – unabhängig von der Frage der Umweltverträglichkeit oder -schädlichkeit des Frackings – künftigen Generationen vorbehalten sein sollte, über die Nutzung dieser Vorkommen zu entscheiden und folglich aktuell kein Fracking zugelassen werden sollte. Das ist aber auch nicht durchgängige Meinung in Deutschland. So wird insbesondere im Rahmen der konventionellen Erdgasförderung in Niedersachsen seit den 1970er Jahren auf Frac-Technik zurückgegriffen, allerdings nur in für das Trinkwasser unbedenklichen Schichten unter 3000 Metern.
Nach geltendem Recht ist Fracking zur Erdgasgewinnung in Deutschland derzeit erlaubt. Mit dem jetzt von Umwelt- und Wirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwurf wird das geändert. Der aktuelle Gesetzentwurf zur künftigen Regelung des Fracking sieht ein grundsätzliches Verbot des Fracking über 3000 Metern vor. Ziel ist es, sowohl einen umfassenden Trinkwasserschutz zu gewährleisten und zugleich die konventionelle Erdgasförderung in Deutschland weiter zu ermöglichen. Allerdings unter strengeren Auflagen als bisher. Dies scheint der zurzeit mögliche Kompromiss zu sein, der die Gesundheit der Bürger schützt und eine irreversible Beeinträchtigung der Umwelt verhindert. Selbst unsere Umweltministerin Barbara Hendricks ist über einige Passagen des Entwurfes nicht glücklich, auf die vor allem die Wirtschaftspolitiker der CDU/CSU bestanden haben. Aus Erfahrung kann ich Ihn aber sagen, dass kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es eingebracht wird. Insofern werde ich mich dafür einsetzen, dass wir den einen oder anderen kritischen Punkt in dem aktuellen Entwurf noch werden ändern können, denn auch in der CDU/CSU regen sich mittlerweile kritische Geister bei dem Thema.
Kritisch sehe ich zudem den vom Koalitionspartner CDU/CSU eingebrachten Vorschlag, dass die Entscheidung für die Genehmigung eines explorativen Einsatzes von Frac-Technik an das Votum einer (unabhängigen) Expertenkommission geknüpft werden soll. Abgesehen von verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Lösung finde ich, dass eine solche weitreichende Entscheidung an die Parlamente in Bund und Land geknüpft sein sollte. Nur auf diese Weise sehe ich eine dauerhafte Legitimierung des Einsatzes bzw. des Nicht-Einsatzes dieser Technik gewährleistet.
Ich hoffe ich habe Ihre Fragen somit beantwortet. Weitere öffentliche Stellungnahmen von mir zu dem Thema finden Sie ansonsten auch auf meiner Homepage unter www.roespel.de
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel