Frage an René Röspel von Thomas P.
Herr Röspel,
warum haben Sie den Antrag der Grünen auf Ablehnung der Schiedsgerichte bei TTIP abgelehnt. Amerikanische Konzerne können uns doch dadurch ohne Ende verklagen und deutsche Gesetzte aushebeln? Welchen Vorteil soll uns das bringen?
Sehr geehrter Herr Pieper,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu meinem Abstimmungsverhalten zum Antrag der Grünen „Für fairen Handel ohne Klageprivilegien für Konzerne“ (Drs. 18/1458).
Es ist richtig, dass der Antrag von mir und dem Großteil der SPD-Bundestagsfraktion (es gab zwei Enthaltungen) abgelehnt wurde. Das liegt allerdings nicht darin begründet, dass wir uns für die Aufnahme von Schiedsgerichtsmechanismen in Freihandelsabkommen aussprechen. Das Gegenteil ist der Fall, wie Sie im kürzlich auf dem SPD-Parteikonvent vom 20. September verabschiedeten Beschluss unter Punkt 8 nachlesen können:
„Prinzipiell ist auszuschließen, dass das demokratische Recht, Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, gefährdet, ausgehebelt oder umgangen wird oder dass ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht, einklagbar wird. Die Fähigkeit von Parlamenten und Regierungen, Gesetze und Regeln zum Schutz und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu erlassen, darf auch nicht durch die Schaffung eines „Regulierungsrates“ im Kontext regulatorischer Kooperation oder durch weitgehende Investitionsschutzvorschriften erschwert werden.
Investitionsschutzvorschriften sind in einem Abkommen zwischen den USA und der EU grundsätzlich nicht erforderlich und sollten nicht mit TTIP eingeführt werden. In jedem Fall sind Investor-Staat-Schiedsverfahren und unklare Definitionen von Rechtsbegriffen, wie „Faire und Gerechte Behandlung“ oder „Indirekte Enteignung“ abzulehnen.
Die Europäische Kommission hat ein Verhandlungsmoratorium zum Investitionsschutz beschlossen und eine dreimonatige Öffentliche Konsultation zu dieser Frage ab März 2014 eingeleitet. Das Verhandlungsmoratorium ist zu begrüßen, zumal es eine grundsätzliche öffentliche Debatte über Investitionsschutz erlaubt. Probleme – wie die Einschränkung staatlicher Regulierungsfähigkeit und die Gefahr hoher Entschädigungs- und Prozesskosten für Staaten, wegen privater Klagen gegen legitime Gesetze – existieren schließlich auch schon aufgrund existierender Investitionsschutzabkommen.“
Dass wir Schiedsgerichte weder nötig noch sinnvoll finden, ist auch in unserer Begründung zur Ablehnung des Antrags nachzuvollziehen, in der ausdrücklich gesagt wird, dass „Regelungen zu Schiedsgerichtverfahren und Investorenschutz aus TTIP und CETA herausgenommen werden müssten. Der Antrag sei aber abzulehnen, da er zum falschen Zeitpunkt komme. Diskutiert werden müssten die fertigen Abkommen, wenn diese im Bundestag zur Debatte stünden.“ (Drs. 18/2646) Wenn Sie meine grundsätzliche Positionierung zum TTIP kennen möchten, verweise ich auf meine Antwort an Frau Auerswald vom 16.05.2014, die Sie auch hier auf abgeordnetenwatch.de finden.
Gerne möchte ich aber etwas grundsätzliches zu den Abstimmungsprinzipien im Bundestag sagen. Dass Anträge der Opposition (die ja auch nur eine Minderheit der Wählerstimmen auf sich vereinen), die von einem Koalitionspartner nicht unterstützt werden, abgelehnt werden, ist übliche Koalitionspraxis – unabhängig des Parteiencouleurs. Ansonsten wäre eine einheitliche Regierungslinie auch nur schwer durch zu ziehen. Koalitionsintern haben aber Union und SPD keineswegs eine einheitliche Meinung zu dem Thema und es gibt auch noch viel internen Diskussions- und einigen Änderungsbedarf, damit eine Zustimmung zu einem Freihandelsabkommen für mich und meine Fraktion denkbar wird. Aber klar ist auch, dass eine Koalition immer Kompromisse bedeutet und wir eine sichere Mehrheit brauchen, um unsere politischen Forderungen wirklich umzusetzen. Wechselnde parlamentarische Mehrheiten würde das Regieren hingegen ziemlich erschweren. Das heißt im Klartext, dass die Ablehnung eines Oppositionsantrags nicht automatisch bedeutet, dass man seinem Inhalt entgegensteht.
Abschließend komme ich noch einmal kurz auf das eigentliche Thema der Frage zurück und weise darauf hin, dass am Samstag in Hagen ein TTIP-Aktionstag stattfindet, bei dem auch die SPD mit einem Stand in der Fußgängerzone vertreten ist. Kommen Sie doch vorbei.
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel