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Frage von Egon H. •

Frage an René Röspel von Egon H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Röspel, am Beispiel Steinkohlesubventionen wird doch deutlich, daß der deutsche Staat über Jahrzehnte Milliarden verschwendet hat. So wurde eine veraltete und im Sterben liegende Industrie künstlich am Leben gehalten. Diese Subventionen sind doch letztendlich wettbewerbsverzerrend und behindern leistungsfähige mittelständische Unternehmen, etwa bei der Entwicklung innovativer Technologien. Wie beurteilen Sie persönlich die Sinnhaftigkeit solcher Subventionen ?

Der deutsche Staat war ein wesentlicher Mitakteur bei der Entwicklung der Finanzkrise. Untermauert wird dies dadurch, daß Landesbanken, wie z. B. die West LB oder die Bayerische Landesbank als erste nach Finanzhilfen des Staates gerufen haben. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang das Versagen der Politik ?

Mit freundlichen Grüßen

Egon Hammel

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hammel,

vielen Dank für Ihre Frage vom 27. Februar zur Rolle des Staats als Finanzakteur. Auch ich halte Ihren Vorschlag, staatliche Subventionen an Unternehmen oder ganze Industriezweige gänzlich abzuschaffen, grundsätzlich für überlegenswert. Allerdings sieht die Realität doch häufig komplizierter aus. Mit den Subventionen an die deutsche Steinkohleförderung wurden unmittelbar in den Revierstädten und mittelbar bei den (mittelständischen) Bergbauzulieferern Arbeitsplätze erhalten sowie die Energieversorgung gesichert, als die von Ihnen zitierten "innovativen Technologien" längst noch nicht in Ansätzen zur Verfügung standen. Zu berücksichtigen ist außerdem, ob wir angesichts einer wachsenden Unsicherheit auf den Weltenergiemärkten den Zugang zu den Kohle-Lagerstätten offen halten wollen. Das ist zurzeit nicht ohne staatliche Subventionen möglich. 2012 müssen wir entscheiden, ob der letztes Jahr beschlossene Ausstieg aus der deutschen Steinkohleförderung auch nach 2018 noch politisch gerechtfertigt ist oder nicht. Bei allen - auch klimapolitisch gut begründeten - Argumenten gegen die Kohle darf man aber nicht übersehen: Ohne Subventionszahlungen wäre im ganzen Ruhrgebiet der Strukturwandel wesentlich weniger sozialverträglich zu gestalten gewesen. Angesichts des Trends, dass sich der Staat aus immer mehr Wirtschaftsbereichen zurückzieht ("Privatisierung" bei Bahn, Telekom) sind Subventionen eines der letzten verbliebenen Mittel, die politische Lenkungswirkung im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben können und ein Gegengewicht bilden zum reinen unternehmerischen Kalkül. Als Forschungspolitiker halte ich Subventionen im Sinne von Innovationsförderung für ausgesprochen sinnvoll. Der Bund gibt erhebliche Fördermittel aus, um bestimmten Technologien zum Durchbruch am Markt zu helfen: Solche Mittel für Optik, Medizintechnik oder Nanotechnologie etc. kommen natürlich auch der forschenden und entwickelnden Industrie zugute, sichern Arbeitsplätze in Deutschland und gehen eben auch sehr häufig an die leistungsfähigen Mittelständler, die Sie ansprechen. In der Großen Koalition hat sich die SPD für Maßnahmen innerhalb der Konjunkturpakete durchgesetzt, die unmittelbar dem Mittelstand zugute kommen: - Wir haben die Möglichkeit der Sonderabschreibungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) um zwei Jahre erweitert. Diese Maßnahme hilft, die Liquidität und Eigenkapitalbildung von KMU zu unterstützen, - wir werden das Sonderprogramm für ältere und gering qualifizierte Arbeitnehmer (WeGebAU) ausbauen, um Entlassungen zu verhindern und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, - wir haben für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) zusätzliche Haushaltsmittel für 2009 und 2010 von jeweils 450 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, - und schließlich steht über das bereits bei der KfW-Bank laufende Sonderprogramm von 15 Mrd. Euro ein Bürgschaftsvolumen in Höhe von 100 Mrd. Euro bereit. Weiterhin weisen Sie in Ihrer Frage auf die Situation der Landesbanken hin. Es zeigt sich leider sehr deutlich, dass die sieben Landesbanken in Deutschland in ihrer derzeitigen Struktur nicht zukunftsfähig sind. Um weitere Milliardenverluste zu verhindern, müssen nun schnell Lösungen her. Die Konsolidierung darf allerdings nicht zulasten der Sparkassen gehen. In der aktuellen weltweiten Finanzmarktkrise haben die Sparkassen sich mit ihrem Geschäftsmodell als Hort der Stabilität erwiesen. Sie haben bereits vielfach finanzielle Verantwortung zur Stützung der Landesbanken übernommen. Auch haben die Sparkassen schon einen verantwortungsvollen und realistischen Vorschlag vorgelegt, die Landesbanken in drei Blöcke zusammenzufassen. Dieser Vorschlag bietet eine gute Chance, die Konsolidierung schnell voranzutreiben. Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der Union. Sicher ist: Es muss schnell gehandelt werden, um eine zukunftsgerechte Lösung für den Landesbankensektor zu finden. Sicher hat hier auch "die Politik" versagt, oder besser gesagt diejenigen, die als Vertreter der Politik in den entsprechenden Gremien sitzen bzw. saßen. Allerdings versagt Politik meines Erachtens viel stärker dort, wo sie Ungleichheiten größer werden und Finanzmärkte unkontrolliert lässt. Deshalb halte ich eine Regulierung der Finanzmärkte und eine gerechtere Vermögensverteilung ins unserem Land für dringend erforderlich. Ich bedanke mich für Ihr Interesse und hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften gedient zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

René Röspel