Frage an René Röspel von Adam Z. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Röspel,
was halten Sie von der Finanzlage der Stadt Hagen (knapp eine Milliarde Euro Schulden) und ihren Auswirkungen auf die Stadt? (u. a. Schließung von Grundschulen, Schwimmbädern und Bibliotheken, massive Einschnitte im Bildungs- und Kulturbereich, Stelleneinspraungen in der Verwaltung, etc.)
Denken Sie dass der Bund mit einem ähnlichen Hilfspaket (wie bei der derzeitigen Finanzmarktkrise) solchen verschuldeten Kommunen helfen sollte? Alleine wird die Stadt Hagen (überspitzt formuliert) in den nächsten 200 Jahren aus dieser Misere vermutlich nicht rauskommen und mit schlichten Sparmaßnahmen kann auch nicht mehr viel getan werden, wenn gleichzeitig die Einnahmen durch Bevölkerungsrückgang sinken und die Ausgaben (u. a. durch ständige Zinstilgung) steigen.
Halten Sie es für angebracht, dass solche Kommunen weiterhin Millionen in den Solidarpakt zahlen, wenn sie selbst finanziell am Abgrund stehen?
Was würden Sie von einem deutschlandweiten Solidarpakt für allgemein strukturschwache Kommunen halten?
Ich freue mich auf Ihre Antwort und danke schon mal im voraus!
Mit freundlichen Grüßen
Adam Zgorski
Sehr geehrter Herr Zgorski,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Finanzsituation von Hagen und anderen Kommunen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages nicht in die Details der Sparmaßnahmen (Schulschließungen, Stelleneinsparungen und andere) einmischen möchte. Das ist eine schwierige Aufgabe und Zuständigkeit des Rates. Das Grundsatzproblem der Verschuldung Hagens scheint mir darin zu bestehen, dass Hagen schon seit Jahren eine Infrastruktur (Kultur, Sport, Bildung) vorhält, die auch vom Umland genutzt wird, aber von den Hagenern nicht mehr allein finanziert werden kann.
Was ein von Ihnen vorgeschlagenes Hilfspaket des Bundes für verschuldete Kommunen angeht muss ich daran erinnern, dass die Kommunen staatsrechtlich gesehen Teil der Länder sind und direkte Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und einzelnen Kommunen nicht bestehen. Wir haben als Bund gegen den Widerstand der Unionsländer im Jahr 2003 4 Mrd. Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen bereitgestellt. Nach der Föderalismusreform wird selbst das nicht mehr möglich sein, weil die Länder keine "Einmischung" des Bundes wollen. Die Finanzausstattung der Städte und Gemeinden ist Sache des Landes, und der nordrhein-westfälischen Regierung von Herrn Rüttgers stehen Instrumente zur Verfügung, zwischen den reichen Kommunen des Landes und Städten wie Hagen zu vermitteln und unterschiedliche Belastungen zu kompensieren. Die Idee eines allgemeinen "Solidarpakts" für strukturschwache Städte in Ost- und Westdeutschland ist ja bereits von Minister Tiefensee angesprochen und auch von der NRW-SPD begrüßt worden. Daher unterstütze ich die Fachpolitiker aus den Bereichen Verkehrs-, Wirtschafts- und Strukturpolitik in ihren Bemühungen, für die Anliegen strukturschwacher Kommunen in Westdeutschland angemessene Aufmerksamkeit und konkrete Regelungen zu finden.
Wir haben noch in der letzten Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion beraten, ob man den Kommunen - trotz aller verfassungsrechtlicher Hindernisse - nicht höhere Beträge für die Sanierung von Schulen oder Sportstätten zur Verfügung stellen sollte. Es bleibt aber auch wahr: Auch innerhalb der "kommunalen Familie" herrscht keine Einigkeit. Auch wenn wir als Bund Programme ohne Eigenmittelanteil für finanzschwache Kommunen anböten (und so etwas braucht Hagen), würden viele Gemeinden das nicht mittragen und argumentieren "Wir haben gespart und die kriegen das Geld.".
Für Hagen wird es wohl nur eine Lösung geben, wenn das Land die besondere Situation der Stadt als Oberzentrum erkennt und Finanzhilfe gibt.
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel