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René Röspel
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Frage von Christoph G. •

Frage an René Röspel von Christoph G. bezüglich Bundestag

Sehr geehrter Herr Röspel,

sie sind Mitglied des größten Bundestages, den es je gab. Der Bundestag hat derzeit 709 Mitglieder, 111 mehr als das Bundeswahlgesetz normalerweise vorsieht. Nach der nächsten Wahl im Herbst 2021 drohen es sogar über 800 Abgeordnete zu werden.
Sind Sie nicht auch der Meinung, dass der nächste Bundestag kleiner werden sollte!?

Die Bundestagspräsidenten Lammert und Schäuble, sowie verschiedene Bundestagsfraktionen haben hierzu in der Vergangenheit bereits konkrete Vorschläge erarbeitet, die jedoch leider keine Mehrheiten fanden.
Wo hakt es bei der Verkleinerung, eigentlich Anpassung an den Normalfall aus dem Bundeswahlgesetz, des Bundestags?

Was planen Sie persönlich konkret zu unternehmen, um eine Verkleinerung des Bundestages bereits zur kommenden Legislatur zu ermöglichen?

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von René Röspel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Geist,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Meine Fraktion und ich stimmen zu, dass eine weitere Vergrößerung des Bundestages vermieden werden sollte.

Der Deutsche Bundestag ist als gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger das Herz unserer parlamentarischen Demokratie. Hier werden zentrale gesellschaftlichen Diskussionen als politische Debatte geführt, Gesetze beraten und beschlossen, der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin gewählt und die Regierung kontrolliert. Die SPD-Bundestagsfraktion will sicherstellen, dass der Bundestag diese Aufgaben auch in Zukunft optimal erfüllen kann.

Das Gesetz sieht für den Bundestag eine Regelgröße von 598 Mandaten vor. Bei der nächsten Wahl könnten es nach dem aktuell geltenden Bundestagswahlrecht wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten über 800 Mandate werden. Der Bundestag könnte dadurch eine nicht gewollte Größe erreichen.

Ich halte das „gemischte“ Wahlrecht in Deutschland für richtig, dass einerseits in den 299 Wahlkreisen die BürgerInnen einen Menschen direkt in den Bundestag wählen können, und die andere Hälfte entsprechend des Zweitstimmenanteils zusammengesetzt wird, um auch kleineren Parteien, die keine Chance auf Direktmandate haben, eine Vertretung zu ermöglichen. Die auch diskutierte Vergrößerung der Wahlkreise halte ich für falsch, da die Möglichkeit für BürgerInnenkontakte weiter reduziert würde. Ich bin sehr gerne engagiert im Wahlkreis unterwegs, finde es jetzt aber schon schwierig, den rund 290.000 EinwohnerInnen in den fünf Städten meines Wahlkreises über Vereinsbesuche, Sprechstunden physisch zur Verfügung stehen zu können. Probleme entstehen z.B. dadurch, dass die CSU in Bayern bei den Erststimmen einen Anteil von 44,2 % und bei den Zweitstimmen 38,8 % erreicht, aber 100 % Direktmandate gewinnt. Das muss anders als bisher ausgeglichen werden. Deshalb wollen wir das Wahlrecht reformieren.

Da in dieser Legislaturperiode die interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Wahlrechtsreform und Verkleinerung des Bundestages unter Leitung von Bundestagspräsident Schäuble leider ohne Erfolg geblieben ist (es kann nicht sein, dass über einen solchen Vorschlag nur eine Partei bevorzugt wird!), haben wir als SPD-Bundestagsfraktion nun einen neuen Kompromissvorschlag entwickelt: Mit einem zweistufigen Brückenmodell wollen wir auf praktikable Weise einer weiteren Vergrößerung des Bundestages entgegenwirken und den Weg für eine nachhaltige Wahlrechtsreform bereiten.
Wir wollen in einem ersten Schritt mit Wirkung bereits zur Wahl 2021 eine Übergangsregelung mit einer absoluten Mandatsobergrenze von 690 Abgeordneten einführen und dies mit der Einführung einer Paritätsregelung zur gleichmäßigen Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag verbinden. Überhang- und Ausgleichsmandate sollen bis zur Erreichung der Obergrenze unter Wahrung des Zweitstimmenproporzes zugeteilt werden, darüber hinausgehende Überhang- und Ausgleichsmandate nicht mehr. In einem zweiten Schritt schlagen wir vor, eine Reformkommission aus Abgeordneten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Bürgerinnen und Bürgern einzusetzen, die sich mit gegenwärtig diskutierten Reformalternativen für das personalisierte Verhältniswahlrecht auseinandersetzt und Empfehlungen für eine Wahlrechtsreform sowie zur Modernisierung der Parlaments- und Wahlkreisarbeit erarbeitet.

Weitere Einzelheiten und die konkrete mathematische Umsetzung unseres Vorschlags haben wir auf der Homepage der SPD-Bundestagsfraktion veröffentlicht:
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/beschluss-wahlrecht-spd-20200303.pdf
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/spd-brueckenmodell-zweibeispielrechnungen.pdf

Auf Basis dieses Vorschlages gehen nun die Verhandlungen mit allen Fraktionen weiter. Wir sind zuversichtlich, noch in dieser Legislaturperiode eine Wahlrechtsreform verabschieden zu können, die einen weiteren Aufwuchs der Bundestagsgröße verhindert und den Weg für eine langfristig tragbare Lösung bereitet.

Auch im Hinblick auf die derzeitigen staatlichen Mehrausgaben bedingt durch die Corona-Pandemie halte ich es für unverantwortlich ein noch größeres Parlament finanzieren zu müssen. Meines Erachtens erhöht dies den Druck, nun endlich zu einer Lösung zu kommen.

Mit freundlichen Grüßen
René Röspel