Frage an René Röspel von Sven R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag!
Wie ich sehe, haben Sie in der Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. Mich würde interessieren, wie Sie dies begründen.
Schutz vor Terroristen wird es wohl kaum sein, denn diese kennen genug Methoden, diese Protokollierungen zu umgehen (das Nutzen offener WLAN wäre z.B. eine solche Möglichkeit).
Was ich sehe ist, das alle Bürger unter Generalverdacht gestellt werden und deren Kontakt-Aktivitäten protokolliert werden - und der Staat diese nachverfolgen können will. Warum?
Auch das diese Daten anderen europäischen Staaten zur Verfügung gestellt werden halte ich für enorm bedenklich.
Ich frage mich auch, wie lange man den Rufen der Wirtschaft nachgeben wird können (so man das überhaupt will, wo ich mir nichtmal sicher bin), die auch Zugriff auf diese Datensammlung wünschen, um beispielsweise kleine Tauschbörsen-Nutzer leichter identifizieren zu können. Eltern haften für ihre Kinder, demnach dürfte dann auf viele Eltern, die nicht wissen, was ihre Kids so am Rechner treiben, eine ordentliche Menge Ärger zukommen. Hier sehe ich die Gefahr, dass man ein Werkzeug schafft, das rein wirtschaftlichen Interessen dient, ganz sicherlich aber nicht dem Bürger.
Welchen Grund können Sie mir, nach diesem Abstimmungsverhalten, noch nennen, Sie bzw die SPD bei der nächsten Wahl erneut zu wählen? Ich sehe derzeit keinen mehr - es sei denn, man ist daran interessiert, den Rechtsstaat zu begraben.
In der Hoffnung auf eine Antwort,
Sehr geehrter Herr Reisbach,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu meinem Abstimmungsverhalten beim Thema „Vorratsdatenspeicherung“.
Ich habe dem Gesetzentwurf am Freitag zugestimmt, nachdem ich das „Für und Wider“ des vorliegenden Entwurfs abgewogen habe. Fakt ist, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bis Herbst 2007 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Nun stellt sich die Frage, ob wir ein komplett neuen Gesetzentwurf auf den Weg hätten bringen sollen, oder aber das vorliegende Gesetz – mit allen Verbesserungen, welche etwa die Rechts- und Medienpolitikerinnen und –politiker unser Fraktion durchgesetzt haben – anzunehmen.
Um nicht regelmäßig ellenlange, ähnlich lautende Antworten zu produzieren, bitte ich um Verständnis, wenn ich Sie für andere Aspekte auf meine Antwort auf Herrn Strohdieks Frage verweisen darf und nur auf einige Ihrer Punkte eingehe.
So sehe ich es beispielsweise nicht (und würde es auch für verfassungswidrig halten), dass nun „alle Bürger unter Generalverdacht“ gestellt werden, auch wenn Daten für eine zeitlang gespeichert werden.
Ihre Befürchtung, dass „beispielsweise kleine Tauschbörsen-Nutzer leichter“ identifiziert werden können, ist haltlos, da die Vorratsdatenspeicherung der Strafverfolgung dient und Zugriffe nur in Einzelfällen mit richterlicher Erlaubnis möglich sein sollen.
Um es zusammenzufassen: ich habe Bedenken gegenüber dem am Freitag verabschiedeten Gesetz, sehe jedoch nicht das „Ende des Rechtsstaats“ aufziehen. Allein schon die richterliche Kontrolle widerspricht diesem Schreckensszenario.
Selbstverständlich werden wir dennoch in den nächsten Monaten und Jahren sehr genau zu prüfen haben, ob und wo ggf. die Vorratsdatenspeicherung zu Zwecken genutzt wird, die nicht dem Ziel des Gesetzgebers entsprechen. Dann müssen wir nachsteuern und das Gesetz den neuen Erkenntnissen anpassen.
Wenn Sie fragen, was für einen Grund es gibt, beim nächsten Mal (wieder?) SPD zu wählen, sei nur der dezente Hinweis auf die Vorhaben des Herrn Schäuble oder die praktizierte Politik der schwarz-gelben Koalition in NRW, die zur verfassungsrechtlichen Prüfung ansteht, erlaubt. Noch besser als wählen ist übrigens mitmachen. Wir haben in Schwelm und im EN-Kreis aktive „web-sozis“ mit sicher ähnlichen Interessen wie Sie.
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel