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René Röspel
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Frage von Felix S. •

Frage an René Röspel von Felix S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Röspel,

angesichts der sich momentan abzeichnenden großen Koalition und des damit zustandekommenden Koalitionsvertrages würde ich gerne von ihnen wissen, wie sie persönlich zu den unmittelbaren Forderung der Linken nach der Konstituierung des Bundestages stehen und wie sie sich im Falle einer Abstimmung verhalten würden und warum.
Die konkreten Punkte wären:

1. Die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2014.

2. Die Abschaffung des Betreuungsgeldes, um die dafür im Haushalt eingestellten Mittel in den Ausbau der Kita-Infrastruktur umzuleiten.

3. Die vollständige rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe.

4. Die Abschaffung der Möglichkeit zu sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen.

5. Die Abschaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente.

Nachträglich würde mich noch ihre Meinung zur These 24 des Kanidaten-Checks ("Eingetragene Lebenspartner sollen Kinder adoptieren können.") interessieren. Sie antworten dort mit "neutral". Ich hätte gerne gewusst, wie sie das begründen.

Mit freundlichen Grüßen,
Felix Struckmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Struckmann,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage(n) vom 25.10.13, die ich hiermit gerne beantworte. Entschuldigen Sie bitte die Verspätung, aber die laufenden Koalitionsverhandlungen nehmen viel Zeit in Anspruch.

Grundsätzliche Vorbemerkung: Wir verhandeln gerade mit CDU und CSU darüber, ob es eine stabile Regierungsbildung geben kann. Das macht auch Sinn, ist aber noch nicht klar. Sollte es dazu kommen, geschieht das auf der Basis eines Koalitionsvertrages, in dem beide Seiten für ihre Erfolge mehr oder minder große/schwierige Kompromisse eingehen werden müssen. Auch wenn ich ihre Fragen inhaltlich gerne und grundsätzlich mit JA beantworten kann, werden sie in einem möglichen Koalitionsvertrag evtl. anders beantwortet. Dass ein ausgehandelter Vertrag gilt und beide Seiten sich daran zu halten haben, dürfte für die meisten Menschen selbstverständlich sein. Damit ist dann auch ausgeschlossen, dass man "zwischendurch" auch mal bei Anträgen der Opposition mitstimmt, auch wenn sie sympathisch sind (das ist wie bei einer Ehe, bei der man auch nicht mal zwischendurch auf verlockenden Angebote eingeht...jedenfalls finde ich das so). Das erwarte ich auch von der "anderen Seite".

Ich erlaube mir Ihren numerischen Fragenkatalog der Reihe nach wie folgt zu beantworten

1.) Ich bin grundsätzlich für die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns. Eine solche gesetzliche Regelung findet demnach meine Zustimmung. Auch wenn ich mir wünsche, dass diese Regelung so früh wie möglich in Kraft tritt, ist die Forderung, den Mindestlohn zum 01.01.2014 einzuführen, weder sinnvoll noch realistisch. Nach meinen Erfahrungen als Abgeordneter wird ein solches Gesetzgebungsverfahren - unter Berücksichtigung eines vernünftigen parlamentarischen Verfahrens einschließlich der Einhaltung von Minderheitsrechten (Anhörungen usw.) mehr als zwei Monate in Anspruch nehmen. Lieber ein rechtlich sauberes und nicht anfechtbares Gesetz zum 01.07.14 als einen populistischen Schnellschuss. Der gesetzliche Mindestlohn bleibt für uns zentrales Thema und wird in den Koalitionsverhandlungen hart diskutiert.

2.) Ich halte die Einführung des Betreuungsgeldes für einen politischen Fehler mit fataler Steuerungswirkung. Staatliche Investitionen in (Bildungs-) Infrastrukturen sind immer nachhaltiger als breit gestreute und kurzfristige Zuwendungen an einzelne Bürger. Die gesetzliche Grundlage für die Einführung des Betreuungsgeldes ist aber leider bereits in der letzten Wahlperiode durch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag beschlossen worden, und die ersten Bescheide sind erteilt. Den Antrag zur Abschaffung des Betreuungsgeldes habe ich seinerseits unterstützt bzw. den schwarz-gelben Gesetzesentwurf zur Einführung des selbigen abgelehnt. Sie können mein Abstimmungsverhalten in beiden Fällen auch auf diesem Portal hier nachvollziehen (vgl. Abstimmung vom 26.6.13 bzw. 09.11.2012): http://www.abgeordnetenwatch.de/rene_roespel-575-37899.html Momentan ist die Union leider nicht bereit, über eine Abschaffung zu reden. Das werden wir nutzen, Zugeständnisse bei anderen Themen zu verlangen.

3.) Ich trete schon sehr lange für die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ein. Allerdings ergeben sich auch Differenzierungen aus meiner Überzeugung heraus, dass es per se kein Recht auf ein Kind gibt. Ohne nun bei dem komplexen Thema der Reproduktionsmedizin in die Tiefe gehen zu können, halte ich z.B. das in Deutschland gültige Verbot der Eizellspende und Leihmutterschaft für richtig. Eine komplette Gleichstellung würde das aufheben müssen. Beim Adoptionsrecht geht es nach meinem Verständnis nicht darum, den Kinderwunsch Erwachsener zu erfüllen, sondern einem Kind eine möglichst stabile Beziehung zu einem Vater und einer Mutter zu ermöglichen (dafür gibt es eine im Vergleich zum "Angebot" an adoptionsfähigen Kindern immer noch eine größere Nachfrage). Aus diesem Verständnis heraus sehe ich schon das Adoptionsrecht für Alleinstehende kritisch (unstrittig für mich ist aber gleichzeitig auch z.B., dass auch Lebenspartner von leiblichen Elternteilen - unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung - das Adoptionsrecht erhalten sollen). Da das alles aber schon längst so gehandhabt wird, erübrigen sich weitere Überlegungen, so dass ich einem Gesetzentwurf zur völligen Gleichstellung zustimmen würde bzw. werde. Weil das Thema insgesamt aber sehr komplex ist, stehe ich Ihnen für ein persönliches Gespräch gerne zur Verfügung.

4.) Wie Sie dem aktuellen SPD-Regierungsprogramm entnehmen können, setzen wir uns als SPD für eine umfassende Reform des Arbeitsmarktes ein. Dies beinhaltet auch die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung bei Arbeitsverträgen.

5.) Niemand soll bestraft werden, wenn die Gesundheit nicht mehr mitspielt. Nach dem Willen der SPD soll es bei der Erwerbsminderungsrente keine Abschläge mehr geben. Menschen, denen durch Krankheit oder Unfall die Erwerbsfähigkeit genommen oder eingeschränkt wird, dürfen nicht zusätzlich benachteiligt werden. Die Interessen der Beschäftigten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum regulären Renteneintrittsalter arbeiten können, müssen von der neu zu bildenden Bundesregierung ebenfalls mit berücksichtigt werden.

Ich hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

René Röspel