Frage an René Röspel von Alexander S. bezüglich Soziale Sicherung
Vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage nach Ihrer Haltung u.A. zu Sanktionen im SGB II.
Da ich keineswegs zufriedengestellt bin, erlauben Sie mir, Ihre Antwort zu hinterfragen:
Die SPD will nach Ihrer Aussage die besonders scharfen Sanktionen für unter-25-jährige abschaffen und somit eine verfassungswidrige Altersdiskriminierung beenden. Da diese aber von der SPD erst eingeführt wurde, stelle ich die Frage: Wollen Sie sich bei den bisherigen Opfern dieser U25-Sanktionspraxis entschuldigen? Ich stelle Ihnen gern eine Gruppe dieser Personen vor!
Sie halten Sanktionen für "durchaus sinnvoll". Wie verhält sich das zu der Tatsache, daß keine annähernd gleich schwere Strafe im Strafrecht der Bundsrepublik existiert? Sanktionen im SGB II kürzen das zur reinen Existenz zu gewährende MINIMUM. Denken Sie, hier existiere eine Reserve, welche nicht in die unverletzliche Menschenwürde eingreift oder wie rechtfertigen Sie dies? Erachten Sie die Menschenwürde einer "im kleinen einstelligen Prozentbereich" befindlichen Gruppe von Menschen für nicht beachtenswert?
Eine Sanktion, welche nicht greift, weil eine andere Möglichkeit zur Existenzsicherung verweigert wird, sondern lediglich mittels eines "Meldeversäumnis" konstruiert wird, trifft meiner Ansicht nach nich den Richtigen. Sehen Sie dies anders??
Ihr Antwort auf die Frage nach einem Grundeinkommen erscheint mir ignorant. Beruht Ihre Ansicht zu einem Bedingungslosen Grundeinkommen tatsächlich allein auf den ungünstigsten aller vorgelegten Modelle oder haben Sie sich die übrigen Versionen auch angesehen? Warum berücksichtigen Sie diese nicht bei Ihrer Meinungsbildung sondern folgen der einseitigen Argumentation der Gegner eines solchen Modells??
Da Ihre Antwort mich nicht vor der Wahl erreichen wird, gehe ich bei der Stimmabgabe von ihrer bisherigen Antwort aus. Das verstehen Sie sicher.
Sehr geehrter Herr Sell,
vielen Dank für Ihre Nachfragen.
Wie Sie am Beispiel der Forderung nach Abschaffung der U25-Sanktionen sehen, ist die SPD bereit eigene Fehler zu revidieren.
Zum Thema Sanktionen möchte ich noch folgendes anmerken. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen grundsätzlich staatliche Hilfeleistungen zu. Aus der bisherigen Verfassungsrechtsprechung wird jedoch deutlich: "Der Umfang des verfassungsrechtlichen Leistungsanspruchs kann im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden" (BVerfGE vom 09.02.2010). Die Sicherung eines Existenzminimums muss demnach gewährleistet sein – verfassungsrechtlich nicht vorgegeben wird jedoch die Art und Weise, wie dies zu erfolgen hat. Denn neben einer finanziellen Unterstützung kann der Staat auch durch die Bereitstellung von Sachleistungen das Existenzminimum des Individuums sichern. Die in § 31a SGB III kodifizierten Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen eines Leistungsempfängers eröffnen explizit die Möglichkeit, dem Betroffenen weiter Sachleistungen zukommen zu lassen. Auf diese Weise ist eine grundsätzliche Sicherung des Existenzminimums weiter gewahrt.
Ich denke, dass ich Ihre sehr allgemeine Frage zum Grundeinkommen in meiner Antwort vom 19.09. beantwortet habe. Denn die von mir dargelegten Probleme (teuer, ungerecht, allein monetär) sind meines Wissens auf alle Modelle anwendbar.
Unsere Kommunikation zeigt leider die Begrenztheit eines Formats wie abgeordnetenwatch (allgemeine Fragen und Antworten auf komplexe Themen). Aus diesem Grund ziehe ich ein persönliches Gespräch immer vor. Dies biete ich Ihnen hiermit gern an. Falls Sie daran Interesse haben, so melden Sie sich doch bitte in meinem Büro in Hagen oder Schwelm bzw. kommen in eine meiner nächsten Bürgersprechstunden, zum Beispiel am 10. Oktober von 15 bis 17 Uhr in Schwelm (um Anmeldung wird gebeten).
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel