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René Röspel
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Frage von Ewald K. •

Frage an René Röspel von Ewald K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Röspel,

Wie aus der Westfälischen Rundschau zu erfahren war, soll in Zukunft auch Fracking in unserer Region Erdgasfelder erschließen. Ist sich die Politik im Klaren, dass durch diese Methode das Grundwasser extrem verseucht werden kann? Das Hamburger Abendblatt berichtet, dass in Söhlingen seit Jahren mit dieser Methode Erdgas gefördert wird und krebserregende Stoffe ins Grundwasser gelangt sind, also diese Technologie keine Neuigkeit mehr ist. Warum versucht man uns Bürgern weiszumachen, dass diese Technologie in der BR noch der Genehmigung bedarf?
Ist diese Methode genau so ungefährlich wie die Entsorgung der Brennelemente im Salzstock zu Gorleben? Da wird von der Stadt Wedel durch Exxon Mobil verseuchtes Gelände für 1 € erworben und entkonterminiert, da ist doch wohl die Frage erlaubt, wer letztendlich die Kosten trägt,sollte das zu Lasten der Steuerzahler gehen? Bitte legen Sie ihr Veto ein und verhindern diese Umweltverunreinigung.

Mit freundlichen; aber nachdenklichen Grüßen
Ewald Kapanski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kapanski,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 26.04.2012, auf die ich leider erst jetzt antworten kann.
Die Förderung von unkonventionellen Erdgasvorkommen aus tiefen geologischen Schichten in Gesteinsporen unter Zuhilfenahme des ‚Fracking‘-Verfahrens ist in Deutschland bisher ein Novum. Zwar ist bereits in der Vergangenheit – im Rahmen der konventionellen Erdgasförderung – unter Zuhilfenahme von chemischen Additiven auf die sog. ‚Frac‘-Technik zurückgegriffen worden. Der Einsatz dieser Technik im Rahmen der unkonventionellen Erdgasförderung ist hiermit jedoch weder qualitativ noch quantitativ vergleichbar. Nach bisherigem Kenntnisstand lassen sich die möglichen negativen Umweltauswirkungen nur schwer einschätzen. Es zeigt sich jedoch, dass in Ländern, in denen dieses Verfahren bereits zum Einsatz kommt (z.B. USA), es teilweise zu erheblichen Belastungen der Umwelt und des Trinkwassers gekommen ist.
Ich kann folglich Ihre Besorgnis und den Skeptizismus vieler Bürger in hinsichtlich dieser Technologie gut verstehen. Nicht nur Sie erwarten (zu recht!), dass die Politik tätig wird, um mögliche Umweltschäden im Rahmen der unkonventionellen Erdgasförderung durch ‚Fracking‘ abzuwenden.
Ich persönlich vertrete gerne die Position auch der Hagener SPD, dass es – unabhängig von der Frage der Umweltverträglichkeit oder -schädlichkeit des Frackings – künftigen Generationen vorbehalten sein sollte, über die Nutzung dieser Vorkommen zu entscheiden und folglich keine Fracking zugelassen werden sollte. Das ist aber auch nicht durchgängige Meinung der SPD.
Die SPD- Bundestagsfraktion hat die Besorgnis vieler Bürger aufgegriffen und einen Antrag (BT-Drs.Nr.: 17/7612) in den Deutschen Bundestag eingebracht, indem sie die Bundesregierung auffordert, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und des Umweltschutz tätig zu werden.
Ich möchte Sie in diesem Kontext darauf hinweisen, dass in diesem Antrag (der für Sie unter folgender Andresse zum Download bereit steht: http://dip.bundestag.de/btd/17/076/1707612.pdf ) – neben einer Reihe weiterer Forderungen - gefordert wird, dass

• im Sinne des öffentlichen Interesses ein Moratorium für Anträge auf Frac - Projekte erlassen werden sollte, bis wissenschaftlich fundierte Ergebnisse vorliegen, um mögliche Risiken für Umwelt und Trinkwasser mit Sicherheit ausschließen zu können.

• eine Anpassung der genehmigungsrechtlichen Grundlagen zur Gewährleistung größtmöglicher Transparenz bei der Genehmigung - einhergehend mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens – vorgenommen werden muss (Änderung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau,) sowie des Bundesbergrecht(BBergG)).

Am 10.05.12 wurde dieser Antrag zur namentlichen Abstimmung ins Plenum des Deutschen Bundestag eingebracht. Leider fand der Antrag gegen die Stimmen von Union und FDP keine Mehrheit. Mit Bedauern mussten die Oppositionsfraktionen zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregierung in dieser Frage offenbar den Interessen der Gas- und Ölkonzernen näher steht, als den Sicherheits- und Umweltbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Dennoch versuchen wir auch weiterhin uns auf politischem Weg für mehr Transparenz und Umweltschutz in dieser Frage einzusetzen.
So hat etwa die rot-grüne Landesregierung in NRW ein Moratorium erlassen, wonach keine Genehmigungen für die Förderung von unkonventionellen Erdgasvorkommen erteilt werden, bis die Ergebnisse eines ausführlichen Gutachtens, das eine adäquate und für die Bürgerinnen und Bürger sowie der Politik nachvollziehbare Risikobewertung zulässt, vorliegen (Die Ergebnisse werden Ende 2012 erwartet).

Sollten Sie weiteren Informationsbedarf zu diesem Thema haben, so möchte ich Sie noch auf das Informationsangebot des Deutschen Bundestag aufmerksam machen. Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 21.11.11 hat sich der Ausschuss ausführlich mit diesem Thema befasst. Sie können sowohl die Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen als PDF herunterladen, als auch eine Aufzeichnung der Anhörung ansehen. Den entsprechenden Link finden Sie hier:
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a16/Oeffentliche_Anhoerungen/58_Sitzung/index.html
bzw. hier:
http://www.bundestag.de/Mediathek/index.jsp?action=search&contentArea=details&offsetStart=60&id=1425964&&instance=m187&categorie=Ausschusssitzungen&mask=search&&destination=search

Weiterhin möchte ich darauf hinweisen, dass vor dem Hintergrund der potentiellen Gefahren dieser Technologie grundsätzlich die Frage zu stellen ist, ob eine Förderung von unkonventionellen Erdgasvorkommen einen adäquaten Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leisten kann? Insbesondere die bereits angesprochenen Gefahren für Umwelt und Grundwasser führen mich zu dem Schluss, dass eine Anwendung dieses Verfahrens in Deutschland – wenn überhaupt – nur unter erheblichen Auflagen möglich sein wird. Nach meiner Auffassung ist es daher fraglich, ob eine derartige Förderung unter Einhaltung der erforderlichen Umweltauflagen eine wirtschaftliche Option darstellt (von den möglichen gesamtvolkswirtschaftlichen Wohlfahrtsverlusten ganz abgesehen!). Zudem ist mittelfristig zu erwarten, dass die Verfügbarkeit von (konventionell gefördertem) Erdgas auf dem Weltmarkt weiterhin gewährleistet ist und folglich auch der Weltmarktpreis nicht in dem Maße ansteigen wird, dass auf heimische (und schwer förderbare) Erdgasbestände zurückgegriffen werden muss. Vielmehr liegt nach meiner Auffassung der Schlüssel zu einer Rohstoffsicherheit in der Loslösung von fossilen Energieträgern hin zu mehr Energieeffizienz und erneuerbaren Energien.
Ich hoffe ich konnte Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
René Röspel