Frage an René Röspel von Jürgen P. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Röspel,
zur Zeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, ein Gesetz zur Regelung von Abscheidung, Transport und dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid (CCS-Gesetz) durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.
Wie Sie sicherlich wissen, läuft die geplante CO2-Pipeline von Norddeutschland kommend durch Ihren Wahlkreis nach Hürth, wo RWE ein CCS-Kraftwerk plant..
Insbesondere in Ihrer Funktion als Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung interessiert mich, wie Sie zum Thema CO2-Einlagerung und -transport stehen und wie Sie die Chancen sehen, dass das CSS-Gesetz noch in dieser Legislaturperiode Bundestag und Bundesrat passiert.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Paßlack
Sehr geehrter Herr Paßlack,
vielen Dank für Ihre Frage zum Gesetzentwurf zur Trennung und Speicherung von Kohlendioxid. Grundsätzlich sehe ich die CCS-Technologie skeptisch, weil sie das Grundproblem nicht löst (sondern noch über reduzierte Wirkungsgrade vergrößert) und die Gefahr beinhaltet, als Ablenkung von den eigentlichen Notwendigkeiten instrumentalisiert zu werden. CCS mag eventuell für China einen zusätzlichen Weg darstellen und somit auch für deutsche Technologieunternehmen wirtschafts- und technologiepolitisch interessant sein (hier gibt es ein großes Potenzial für deutsches know-how). Vor diesem Hintergrund habe ich als Forschungs- und Umweltpolitiker CCS bisher als technologie- und wirtschaftspolitische Option gesehen, nicht aber als energie-, klimaschutz- oder umweltpolitische. Ich bin daher der Auffassung, dass sich der Staat über die Förderung der Forschung hinaus nicht an CCS beteiligen sollte. Die besondere Situation ist allerdings dadurch gegeben, dass wir nun eine Richtlinie der EU umsetzen müssen.
CCS ist noch weit entfernt davon, eine ausgereifte Technologie zu sein - sie muss erprobt und bewertet werden. Die EU hat daher entschieden, 12 CCS-Demonstrationsanlagen finanziell zu fördern, um diese Technik in Europa zu entwickeln. Zwei bis drei dieser Demonstrationsprojekte sollen in Deutschland gebaut werden. Der Bau dieser Anlagen setzt voraus, dass wir einen Rechtsrahmen verabschieden, der die Bedingungen festlegt, unter denen CO2-Abscheidung, - Transport und Speicherung in Deutschland zulässig sein sollen. Für eine Gesamtbewertung, ob die CCS-Technologie mit dem Leitbild einer "Nachhaltigen Energieversorgung" vereinbar ist, steht allerdings die Frage der Treibhausgasreduktion nicht allein im Mittelpunkt. Vielmehr sind hierfür weitere Kriterien heranzuziehen, vor allem der schonende Umgang mit Ressourcen, die ökonomische Effizienz, sowie Aspekte wie z. B. der Umgang mit Langzeitrisiken und die gesellschaftliche Akzeptanz.
Mit einem CCS-Gesetz sollte daher nach meiner Auffassung zunächst eine Regelung geschaffen werden, unter der diese neue Technologie geordnet erforscht und bewertet werden kann. Die Anhörung im Bundestag hat gezeigt, dass noch zahlreiche Fragen zur Risikobewertung, zu Deckungs- sowie Haftungsfragen offen sind. Außerdem ist noch völlig unklar, ob die CCS-Technologie in einigen Jahren kommerziell zur Verfügung stehen wird. Es liegt in der Verantwortung der Wirtschaft, diesen Nachweis der Wirtschaftlichkeit zu erbringen. Neben der Frage, wie sich die Energiepreise und die CO2-Zertifikatspreise in der Zukunft entwickeln, wird auch der Erfolg der Demonstrationsanlagen über die Wirtschaftlichkeit der CCS-Anlagen entscheiden.
Der Gesetzentwurf sieht in § 43 daher auch einen Evaluierungsbericht an den Deutschen Bundestag vor, in dem die Bundesregierung beauftragt wird, über die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Errichtung und dem Betrieb der Forschungs- und Demonstrationsvorhaben bis zum 31.12.2015 zu berichten. Der im Gesetzentwurf vorgesehene Sicherheitsstandard stellt darüber hinaus sicher, dass Genehmigungen für den kommerziellen Einsatz der CCS-Technologie erteilt werden dürfen, wenn sich aus den Erfahrungen mit den Demonstrationsvorhaben Zweifel an der Sicherheit von CCS ergeben.
Es gibt also viele Fragen und Details, die wir klären müssen. Die Vehemenz, mit der einige Lobbyisten und Politiker den CCS-Gesetzentwurf (und Projekte wie die RWE-Pipeline) vorantreiben wollen, scheint mir vor diesem Hintergrund nicht angemessen zu sein; ich zweifle daher auch, ob es nach der gerade erfolgten ersten Behandlung im Bundesrat noch vor der Bundestagswahl zu einer Verabschiedung des Gesetzes kommt. Mir ist wichtig, dass die Risiken und damit verbundenen Kosten der Erprobung von den Unternehmen getragen und nicht beim Steuerzahler abgeladen werden. Für die SPD-Bundestagsfraktion haben Energieeffizienz und der Ausbau der Erneuerbaren Energien Vorrang. Ob die CCS-Technologie als Brückentechnologie aber einen zusätzlichen Beitrag zur CO2-Vermeidung leisten kann, scheint mir fraglich zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel