Frage an René Röspel von Sven R. bezüglich Kultur
In Ihrer Antwort zum Thema "Computerspiele" vom 27.11.2008 betonen Sie die Wichtigkeit von Jugendschutz. Diese Auffassung teile ich. Es ist wichtig, dass Jugendlichen keine Medien, die nicht für ihr Alter freigegeben sind, zugänglich gemacht werden.
Wir haben den schärfsten Jugendschutz weltweit; Computer- und Videospiele erscheinen heutzutage in Deutschland sehr häufig nur geschnitten oder garnicht. Selbst Spiele ohne Jugendfreigabe werden von Kürzungen nicht ausgenommen. Bleibt nur der Weg über Importe. Dennoch werden als Reaktion auf "Amokläufe" (das amerikanische "School-Shooting" ist eigentlich treffender) immer wieder Verbotsforderungen laut.
Ähnliches bei der angedachten Verschärfung des Waffenrechtes. Ich bin kein großer Freund von Waffen, aber eine solche Verschärfung als Reaktion auf den "Amoklauf" von Winnenden ist sinnlos. Jugendliche, die eine solche Tat begehen, haben oftmals große Probleme, die sie auf diesem Weg kanalisieren. Die Waffe ist dabei nur das Mittel, was genutzt wird - genauso könnten sie sich Brand- oder Sprengsätze bauen, oder mit Brot-Messern in der Schule ein Massaker anrichten. Statt also zu schauen, was Jugendliche zur Waffe greifen lässt, wird wieder der einfachste Weg gewählt: Verbot, Kontrolle. Dass die Probleme der Jugendlichen auf der Strecke bleiben wird wissentlich ignoriert.
Gleiches bei Internet-Sperren. Auch hier werden Bürger-Proteste vollkommen ignoriert - obwohl diese Einwände durchaus berechtigt sind, da auch diese Sperren sinnlos sind und am Problem nichts ändern, dafür aber staatliche Überwachung und Zensur fördern.
Um daraus nun Fragen zu formulieren:
Wie stehen Sie zu solchen Verboten? Und wenn Sie sie befürworten: Sollte man Ihrer Meinung nach als Konsequenz auf das Attentat auf Königin Beatrix in den Niederlanden nicht sämtliche Fahrzeuge verbieten? Und wenn Sie gegen Verbote sein sollten: Was tun Sie, was tut die SPD, dagegen?
Sehr geehrter Herr Reisbach,
vielen Dank für Ihre Frage vom 13. Mai 2009.
In Ihrer Frage sprechen Sie mehrere Themenfelder an. Gerne möchte ich auf jeden der aufgeworfenen Punkte eingehen.
Zunächst zur Reform des Waffenrechts: ich unterstütze die aktuellen Pläne zur Reform des Waffenrechts. Selbstverständlich muss man jeden Reformpunkt differenziert bewerten, aber in der Summe ist die Reform richtig. Dass meine Kolleginnen und Kollegen, die sich als Fachpolitiker mit diesem Thema auseinandersetzen, hier nicht populistisch agieren, kann man daran erkennen, dass man nach der öffentlichen Debatte der vergangenen Tage auf ein Verbot von Paintball verzichtet und stattdessen über schärfere Auflagen (Altersfreigabe, Spielregeln, usw.) nachdenken möchte.
Mag sein, dass der Täter von Winnenden auch ohne den Zugang zu zahlreichen Waffen und Munition in seinem Elternhaus Menschen getötet hätte. (Allerdings sind fast alle Amokläufe mit legalen Waffen ausgeführt worden, in deren Besitz die Täter offenbar ohne größeren Aufwand gelangen konnten.) Dennoch muss sich die Politik die Frage stellen, ob nach solch einem Verbrechen Gesetze angepasst werden müssen. Würde die Politik sich diese Frage nicht stellen, würde sie ihrer Verantwortung nicht gerecht werden (ob man sich dann am Ende gegen gesetzliche Neuregelungen entscheidet, ist hiervon unabhängig zu betrachten).
Grundsätzlich gilt für mich: je weniger Waffen in der Bevölkerung vorhanden sind, desto unwahrscheinlicher wird ihre missbräuchliche Verwendung. Warum etwa Sportschützen großkalibrige Waffen zur Ausübung ihres Sports benötigen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich unterstütze daher den Bund Deutscher Kriminalbeamter in seiner Forderung nach einem strikten Verbot dieser Waffen für Sportschützen.
Zu Internet-Sperren: ich bin kein (Technik-)Experte für Fragen des Internet, so dass ich nicht sagen kann, ob oder inwieweit diese Sperren "sinnlos" sind. Allerdings mehren sich die eher kritischen Stimmen. Daher ist es gut und richtig, dass es am 27. Mai 2009 eine öffentliche Expertenanhörung im Bundestag zu diesem Thema geben wird. Ich hoffe, dass im Anschluss an diese Anhörung klar werden wird, wie der Gesetzentwurf von Frau von der Leyen (technisch) zu bewerten ist. Diese Anhörung findet übrigens auf Drängen der SPD und gegen Widerstände der CDU/CSU statt.
Sie fragen außerdem, was die SPD in diesem Bereich plant. In unserem Entwurf für ein Regierungsprogramm fordern wir unter anderem eine Absenkung der Zahl der Schüler, die ohne Abschluss eine Schule verlassen sowie mindestens eine/n Schul-Sozialarbeiter/in für jede Schule mit besonderem Bedarf. Die Schulpolitik liegt selbstverständlich in erster Linie in der Kompetenz der Bundesländer; für mich gehört zu einer guten Bildungspolitik das Bemühen, die gesamte Lernsituation integrativ auszugestalten. Hierzu gehört auch eine vernünftige Personalausstattung (von Lehrern über Sozialarbeiter bis hin zum Hausmeister).
Ich stimme Ihnen übrigens auch zu, wenn sie schreiben, dass der Begriff "Amokläufer" nicht wirklich passt. Meist morden und verletzen hier vom Schul- und Bildungssystem (und vom Elternhaus) vernachlässigte, zurückgelassene oder frustrierte Menschen, die geplant handeln und nicht ziellos "Amok laufen". Dieses ist noch viel erschreckender als ein (scheinbar) spontaner Amoklauf. Vor dem Hintergrund des Anschlags auf Königin Beatrix allerdings die Forderung nach dem Verbot von Autos aufzustellen, halte ich für absurd und dem Thema nicht angemessen.
Mit freundlichen Grüßen
René Röspel